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Knochenpfade

Knochenpfade

Titel: Knochenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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gar nicht, dass er Joe Black seinen Einbalsamierungsraum überlassen hatte. Der Typ hatte darauf bestanden, dass Scott ihm den Schlüssel und den Sicherheitscode gab, damit er schon mit der Arbeit beginnen konnte. Hier ging es nicht mehr nur um den Empfang von Lieferungen und die Überlassung von Kühlraum für ein paar Präparate, die Black dann auf seinem Weg zu den Ärztekongressen wieder abholte. Das hier war ihre erste richtige Zusammenarbeit.
    Monatelang hatte sich Scott Joe Blacks Ausführungen angehört – oder eigentlich mehr seine Schwärmereien – zu dem eindrucksvollen Netzwerk, den wichtigen Verbindungen zu Medizinern und Medikamentenherstellern und dem “ganz großen Geld”, das da auf sie wartete. Schließlich hatte Scott dann zugegriffen, als Black ihm anbot, bei den Großen mitzuspielen. Für den Stauraum hatte er Scott bereits eine ordentliche Summe bezahlt. Und es war Joe, der ihm den Rat gegeben hatte, sich bei der Bezirksverwaltung um die Bestattung von mittellosen Menschen zu bewerben und einen Vertrag mit der zuständigen Behörde abzuschließen. Dieser kleine Tipp würde fünfhundert Dollar auf einen Schlag bringen. Einfach nur, weil er die Leichen entgegennahm, um sich darum zu kümmern. Und dazu würde Joe Black ihm für jede davon weitere fünfhundert Dollar zahlen. Scott brauchte nicht einen Finger krumm zu machen.
    Bei dieser Sache gab es nur Gewinner. Es war kaum zu fassen, was für ein Glück er hatte. Und das kam gerade rechtzeitig. Trish hatte das Budget für das neue Haus, das sie gebaut hatten, schon vor Langem überzogen. Sie wusste nicht, dass er sich gegen die Versicherung gegen Sturmschäden entschieden hatte. Wie sollte er sich das leisten können, wenn sie immer noch die Hausratversicherung für ihre Wohnung plus die Versicherung für das Bestattungsinstitut zahlen mussten? Jetzt war es zu spät. Nach dem ersten Juni, wenn die Hurrikansaison begann, konnte man keine Versicherungen mehr abschließen. Dieser hier sollte also besser einen Bogen um ihr Haus machen. Dann beruhigte er sich wieder damit, dass der Sturm ja noch nicht mal im Golf angekommen war.
    Manchmal fühlte er sich hier in Florida wirklich wie ein Fremdkörper. Erst letzte Woche hatte ihn jemand bei einem seiner Gedenkgottesdienste einen “Yankee” genannt. Spaßend hatte er dann noch dazugefügt, dass er aber vielleicht kein “verdammter Yankee” werden würde.
    “Was ist denn ein ‘verdammter Yankee’?”, hatte Scott wissen wollen.
    “Einer, der bleibt.”
    An solchen Tagen fragte er sich, warum er nicht darauf bestanden hatte, dass sie in Michigan blieben. Er hatte sich von diesem smaragdgrünen Wasser und den weißen Sandstränden verführen lassen. Und vom Anblick Trishs im Bikini. Obwohl sie seit ihrer Hochzeit kaum noch einen anzog, auch wenn sie direkt an der Bucht wohnten.
    Scott lenkte den Wagen zum Hintereingang des eingeschossigen Bestattungsinstituts, das eher nach einem übergroßen Ranchhaus aussah. Jedes Mal, wenn er auf den Parkplatz fuhr, überkam ihn eine Welle von Stolz. Das gehörte alles ihm … ihm und der Bank: drei Aufbahrungsräume, eine Kapelle, Besucherlounge und Büro. Der Einbalsamierungsraum und die Kühlräume befanden sich in einem separaten Anbau, der mit dem hinteren Teil des Hauptgebäudes durch einen klimatisierten Flur verbunden war.
    Den fast acht Meter langen Gang hatte er hinzufügen lassen. Es war verrückt, wenn man selbst nach diesem kurzen Weg in Schlips und Kragen entweder von der Hitze nass geschwitzt oder von einem Regenschauer durchnässt ankam. Er legte großen Wert auf ein ordentliches und frisches Erscheinungsbild. Desgleichen sorgte er dafür, dass das ganze Institut peinlich sauber gehalten wurde.
    Die öffentlich zugänglichen Bereiche, Aufbahrungsräume und Lounge, wurden täglich gesaugt und mit frischen Blumen dekoriert. Die Einrichtungsgegenstände befanden sich immer an ihrem Platz und waren so angelegt, dass genug Raum für den Besucherverkehr, aber auch den Transport der Särge blieb. Selbst der hintere und für Außenstehende unsichtbare Teil des Gebäudes mit dem Einbalsamierungsraum und den Kühlfächern war immer makellos sauber. Die Edelstahltische und Regale blitzten. Die weißen Linoleumböden und die Keramikbecken waren auf Hochglanz poliert. Die Kontrolleure vom Gesundheitsamt lobten Scott jedes Mal bei ihrem Rundgang. Sie erzählten ihm immer, sie wünschten, alle Institute, die sie besichtigten, wären so vorbildlich.
    Während

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