Knochenpfade
zur Abreise zu bewegen, aber der Strand war immer noch voller Touristen. Bis auf diese Wellen gab es keine Anzeichen für einen Sturm. Der Himmel war noch immer wolkenlos blau, die Sonne brannte auf den weißen Sand. Es waren die letzten Augusttage, bevor die Sommerferien für dieses Jahr zu Ende gingen. Warum sollte irgendjemand glauben, man müsste dieses Paradies verlassen und vorzeitig nach Hause fahren?
Die anderen aus Liz’ Team befanden sich anderthalb Kilometer den Strand hinunter am Hubschrauberlandeplatz. Sie kletterten auf ihrem Helikopter herum, führten ihre eigenen technischen Checks vor dem Flug doppelt und dreifach aus. Normalerweise genoss sie diese Zeit für sich. Heute machte es sie nur noch rastloser. Sie waren angewiesen worden, sich nicht von der Stelle zu rühren und zu warten. Man hatte ihnen lediglich erklärt, dass der stellvertretende Chef des Heimatschutzministeriums mit einer FBI-Agentin unterwegs hierher sei. Es klang so, als würden sie den Fall übernehmen. Liz fand, dass es reine Zeitverschwendung war, wenn man sie erneut löcherte. Was hofften sie denn noch zu erfahren? Welche neuen Informationen hätte die Rettungsmannschaft denn weiterzugeben?
Sie erinnerte sich daran, was ihr Dad über die Körperteile erzählt hatte, und ihr wurde ein bisschen flau im Magen. Wie dumm war Tommy Ellis eigentlich? Oder besser, wie dumm hatten sie alle vier denn nur sein können? Sicher, Wilson hatte sie gedrängt, den Kühler zu öffnen. Aber Kesnick hätte dem sofort Einhalt gebieten sollen, als ihnen klar wurde, was sie da gefunden hatten. Kesnick war es, der jedes einzelne Teil herausgezogen hatte. Bis auf das große Stück, das Ding, das alle für einen Torso ohne Arme und Beine hielten. Alles war fest mit Plastikfolie umwickelt, aber man konnte genug erkennen. Die Gliedmaßen waren sauber abgetrennt. Da hatte keiner dran gerissen oder gezerrt. Wer immer das auch getan hatte, verstand sein Handwerk. Er wusste genau, wo man schneiden musste, und er hatte offensichtlich das richtige Werkzeug dafür gehabt.
Jetzt fragte Liz sich, ob Kesnick der Polizei gestanden hatte, wie viel er mit den eingepackten Stücken herumhantiert hatte. Liz jedenfalls hatte kein Wort davon erwähnt. Sie hatte nicht gelogen. Aber bei all der Fragerei war niemand auf die Idee gekommen, sich danach zu erkundigen: “Haben Sie den Inhalt angefasst? Wissen Sie, was Sie da gefunden haben?”
Stattdessen waren die Beamten mehr daran interessiert gewesen, wo genau sie die Kühlbox entdeckt und ob sie mit jemandem in der Basis darüber gesprochen hatten. Ob jemand, der nicht zur Rettungsmannschaft gehörte, davon wusste. Auch später, als sie dann losgezogen waren, um sich ein paar Drinks zu genehmigen und Hotdogs zu essen, hatten sie das Thema gemieden. Zumindest hatte Liz das geglaubt. Warum war Tommy Ellis das ihrem Vater gegenüber herausgerutscht? Hatte Ellis noch mit anderen Leuten darüber gesprochen?
Sie fürchtete, dass der Vizechef des Heimatschutzministeriums und die FBI-Agentin womöglich ein paar gezieltere Fragen stellten. Fragen, denen sie nicht so einfach ausweichen könnten, ohne zu lügen. Würden sie es wagen, das ganze Team zu suspendieren, jetzt, wo der Hurrikan unterwegs war?
Liz beobachtete, wie ein schnittiger schwarzer SUV um den Parkplatz gefahren kam. Ein Escalade mit Kennzeichen aus Louisiana. Er parkte jedoch nicht, obwohl es noch genug freie Plätze vor dem Gebäude gab. Stattdessen fuhr er weiter zum Pensacola Beach Boulevard. Sie sah dem Wagen hinterher, bis er in der Einfahrt zum Hilton Hotel verschwand.
Sie waren da.
Liz wurde plötzlich nervös. Sie wünschte, sie hätte nicht noch das zweite Red Bull getrunken.
14. KAPITEL
Pensacola
Scott Larsen hatte sich keine Zeit zum Umziehen genommen. Er trug noch immer den Anzug von seinem Besuch beim Sonntagmorgengottesdienst in der First United Christ. Trish war es gewohnt, dass er sie anschließend zu Hause absetzte und noch weiter zum Bestattungsinstitut fuhr. Aber heute Morgen war sie wegen des Hurrikans extrem nervös gewesen.
“Wir müssen jetzt endlich anfangen, Vorbereitungen zu treffen”, hatte sie ihn den ganzen Weg über genervt. “Wahrscheinlich brauchen wir ein paar Sperrholzplatten, um die Terrassentüren zu verbarrikadieren.”
“Das Ding ist doch noch nicht mal im Golf”, hatte Scott entgegnet.
Dieses ganze Gejammere wegen etwas, das vielleicht noch nicht mal passierte, ging ihm auf die Nerven. Außerdem gefiel es ihm
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