Knochenpfade
Sound gesäumt hatten, waren umgeworfen worden. Ihre Wurzeln ragten in die Luft, so hoch wie ein einstöckiges Haus.
Pensacola Beach war ungefähr dreizehn Kilometer lang und an der breitesten Stelle nicht einmal fünfzig Meter breit. Das Gebiet bildete eine Landzunge mit dem Santa Rosa Sound auf der einen und dem Golf von Mexiko auf der anderen Seite. Während Ivans Wüten hatten die beiden Gewässer ausgesehen wie eines.
Liz wusste noch, dass es Jahre gedauert hatte, die Trümmer aus dem weißen Sand zu sieben. Riesige Maschinen hatten die Küste beherrscht. Kräne gehörten eine ganze Weile zur Skyline. In allen Vierteln waren mit blauen Planen bedeckte Dächer ein normaler Anblick. Hurrikans kannten keine sozialen Unterschiede.
Es hatte drei Jahre gedauert, die fast fünf Kilometer lange Brücke der Interstate 10 zwischen Escambia County und Santa Rosa County wieder instandzusetzen. Für eine Region, die durch Brücken verbunden war, war die Zerstörung von vier dieser Hauptverkehrswege durch den Hurrikan niederschmetternd.
Liz hatte den Hurrikan Ivan nicht hier mitbekommen. Nachdem sie gerade ihre Ausbildung in Elizabeth City absolviert hatte, war sie lediglich mit den Nachwirkungen konfrontiert worden. Aus irgendeinem Grund hatte sie es immer bedauert, den Sturm selbst nicht miterlebt zu haben. Wie dumm. Es war ja nicht so, dass sie etwas hätte ändern können. Das war sicher so etwas wie das schlechte Gewissen der Überlebenden. Vielleicht konnte sie ja diesmal etwas ausrichten.
39. KAPITEL
Pensacola Beach
Walter Bailey würde jetzt wirklich schließen. Es gefiel ihm gar nicht, wie der Imbisswagen im Sturm hin und her wankte – da mochten noch so viele Kunden kommen. Er hatte das Gefährt vor drei Jahren von der Marine-Verpflegungsstelle gekauft. Nicht, weil er nach einer Verdienstmöglichkeit suchte, sondern weil er etwas zu tun brauchte. Seine Frau Emilie und er hatten sich auf seine vorzeitige Pensionierung als Navy-Commander gefreut. Nach all den Jahren der sechsmonatigen Seereisen und des langen Getrenntseins voneinander hatte sich bei ihnen beiden eine lange Liste von Plänen angesammelt. Dinge, die sie zwischen Walters Einsätzen nie geschafft hatten. Emilie war gestorben, bevor sie auch nur eines der Vorhaben in Angriff nehmen konnten.
Im ersten Jahr nach ihrem Tod wurde Walter klar, dass seine neuen Hobbys nichts weiter als verzweifelte, aber sinnlose Geschäftigkeit waren. Man konnte seine Betätigungen fast schon als Suchtverhalten bezeichnen. Er musste sich eingestehen, dass nichts davon seinen Schmerz betäubte. Es gab einfach Verluste, die man nicht überwinden konnte. Manchmal war die Leere, die jemand hinterließ, durch nichts mehr zu füllen.
In diesen Tagen wollte er einfach etwas zu tun haben. Und da kam der Coney Island Imbiss ins Spiel. Der Edelstahlimbisswagen war ziemlich heruntergekommen gewesen, als Walter ihn kaufte. Verbeult und rostig, aber ansonsten noch funktionsfähig. Innen schrubbte und polierte er die Stahlwände, außen strich er sie in Rot, Weiß und Blau, hängte Gardinen mit dem Stars-and-Stripes-Muster der Flagge der USA ins Fenster und taufte den Imbiss nach dem Lieblingsort seiner Kindheit. Nie hatte er im Sinn gehabt, damit Geld zu verdienen. Stattdessen war es ein Zeitvertreib für ihn, und er war in Gesellschaft. Auf diese Weise musste er nicht so oft an seinen Verlust und die Leere in seinem Herzen denken.
“Du packst schon zusammen, Walter?”
Er steckte den Kopf zur Seitentür hinaus und erblickte Charlotte Mills in ihrem charakteristischen Schlapphut und mit der Katzenaugensonnenbrille. Der Hut war viel zu groß und die Brille zu auffällig für so eine sanfte zierliche Dame. Sie hatte die Hosenbeine hochgekrempelt und trug ein langes weißes Baumwollhemd über einem engen Tanktop. Gelbe Flipflops unterstrichen ihre leuchtend rot lackierten Zehennägel. Ihre Taschen quollen über von den Muscheln, die sie gesammelt hatte. Bevor er sie kennengelernt hatte, war sie für ihn immer die Strandgut-Witwe gewesen. Aber natürlich nur in seinen Gedanken.
“Ich habe noch zwei warme Hotdogs da, falls du Interesse haben solltest.”
“Nur wenn du auch Zeit hast. Heute scheint jeder in Eile zu sein.”
“Packst du denn nicht zusammen?”
“Ach.” Sie wedelte lässig mit ihrer knochigen Hand. “Ich hab schon Schlimmeres durchgemacht als das, was uns bevorsteht. Das letzte Mal, als ich weggegangen bin, da wollten sie uns wochenlang nicht mehr an den
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