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Knochenpfade

Knochenpfade

Titel: Knochenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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vor einem Hurrikan etwas desinfizieren? Aber niemand stellte diese Anordnung infrage, was seine Überzeugungskraft wieder einmal bestätigte. Er war verdammt gut. Selbst während einer Krise mit all dem Stress konnte er den Leuten wer weiß was erzählen.
    Vor höchstens zwanzig Minuten hatte er Joe allein gelassen. Sobald sich die Möglichkeit ergab, schlich Scott sich nach hinten. Er verließ das Gebäude und vermied es, den Verbindungsgang zu benutzen. Joe war im Anbau gerade dabei, den begehbaren Kühlschrank zu schließen und abzuriegeln.
    “Hey, Scott”, sagte er. “Also wirklich, ich wünschte, du hättest dich hören können. ‘Der Typ hat sich bewegt!’” Er lachte und schlug Scott auf den Rücken.
    “Ja, wahrscheinlich hatte ich ein paar Scotch zu viel.”
    “Oder nicht genug.” Joe zog seine Brieftasche heraus, klappte sie auf und begann ein paar Hundertdollarscheine abzuzählen. “Ich muss noch mehr Präparate einlagern, bevor der Sturm kommt, wenn das okay ist”, sagte er und legte die Scheine auf den Eckschreibtisch.
    Scott konnte nicht gleichzeitig zählen und zuhören.
    “Ich komme heute Abend wieder. Dann versuche ich möglichst viel zu verarbeiten und abzupacken. So nimmt es weniger Platz weg.”
    “Sicher, kein Problem”, entgegnete Scott, während er sich bemühte, nicht ständig auf den Stapel Hundertdollarscheine zu schielen.
    “Ich würde dich ja heute Abend gern wieder zum Essen einladen, aber ich fürchte, du brauchst wohl eher ein bisschen Erholung.” Er sagte das mit einem Grinsen. Die Art Grinsen, die zu der Anrede “Alter” passte.
    “Dann bis später.”
    Scott lächelte und nickte. Er fühlte sich schon besser. Schließlich handelte es sich hier um ein gutes Geschäftsarrangement, und er mochte Joe Black wirklich. Er seufzte. Doch als er Joe hinterhersah, bemerkte er einen komischen Fleck an der Seite seiner Kakishorts. Er wollte ihn schon darauf aufmerksam machen, hielt sich dann aber zurück. Es sah aus wie Blut. Leuchtend rot, nicht rosa verdünnt. Ein Spritzer leuchtend rotes Blut. Das Blut von Leichen spritzte nicht.

38. KAPITEL
    Pensacola Bay
    Normalerweise hätte Liz Bailey heute frei gehabt. Wenn da nicht Isaac gewesen wäre, der direkten Kurs auf den Florida Panhandle nahm. Nach den letzten Berechnungen sollte der Sturm das Festland noch früher erreichen als ursprünglich vorausgesagt. Nach Wind und Wellengang zu urteilen schienen diese Berechnungen zu stimmen.
    Liz war es gewohnt, bei einer solchen Windstärke draußen zu sein. Sie fragte sich nur, inwieweit Lt. Commander Wilson damit Erfahrung hatte. Verkrampft umklammerte er das Steuer und kämpfte gegen jeden Windstoß. Es fühlte sich an wie in einem Auto, dessen Fahrer ständig an den Gängen herumriss, beschleunigte und abbremste, wieder beschleunigte und abbremste. Und das alles ab und zu gekrönt von einem freien Fall wie in der Achterbahn.
    Kesnick warf ihr einen Blick zu. Sicher mit dem Rücken zu Wilson und Ellis sitzend, verdrehte er die Augen. Sie musste sich ein Grinsen verkneifen.
    Unter sich sahen sie, wie die Schiffe nach dem Aufruf der Wetterstation die offene See Richtung Küste verließen. In den Sporthäfen drängten sich Reihen von Wasserfahrzeugen, die festgemacht werden mussten. Aber nichts davon bot hundertprozentige Sicherheit. Da musste man sein Boot schon an Land und so weit wie möglich Richtung Norden bringen. Viele fuhren ihre Schiffe mit Motorantrieb die Flüsse hoch und bezahlten für die Lagerung auf Trockendocks, die außerhalb der Sturmroute lagen.
    Sie konnten bereits die ersten Ausläufer beobachten. Wellen schlugen gegen die Dämme, krachten auf den Strand und erreichten bereits die Dünen. Surfer tummelten sich in den Wellen, leuchtend bunte Punkte, die auf- und abtauchten, verschwanden und dann wieder sichtbar wurden.
    Oben im Hubschrauber nahm sich Liz vor, sich den Anblick genau einzuprägen. Sie wollte nicht vergessen, wie alles vor Isaacs Einschlag aussah. Hurrikan Ivan hatte bereits 2004 das Gelände gelichtet, alles in seiner Reichweite auseinandergerissen oder verschlungen. Am Florida Panhandle grenzten Fichten und Kiefern an Palmen, und die nationalen Wälder, die Hunderte von Quadratkilometer umfassten, waren zerhäckselt geworden, viele Bäume einfach abgebrochen. Vierspurige Autobahnen sahen aus, als hätte ein Monster große Brocken aus dem Asphalt gerissen und die Reste wieder ausgespuckt. Die massiven Eichen, Hunderte von Jahren alt, die den Santa Rosa

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