Knochenzeichen
allein.«
Ihr langer, ungerührter Blick veranlasste ihn zu einer Erklärung. »Dort herrscht ein rauer Umgangston. Mehrmals in der Woche gibt es Schlägereien, und einige Typen, die dort verkehren, gehen genau aus diesem Grund hin. Ich würde jedem Neuling in der Stadt empfehlen, sich von dem Lokal fernzuhalten, und Ihnen ganz besonders.«
Cait spürte, wie eine gefährliche Art der Ruhe sie überkam, obwohl leiser Groll ihren Puls schneller gehen ließ. »Mir ganz besonders?«
»Werden Sie jetzt nicht sauer; Sie wissen genau, was ich meine. Es läuft keine Frau frei herum, die so aussieht wie Sie und ihre Wirkung auf Männer nicht kennt.«
Seltsam, sinnierte sie finster, dass er es schaffte, seine Worte weniger wie ein Kompliment und mehr wie einen Vorwurf klingen zu lassen.
»Um diese Uhrzeit sind die meisten dort drinnen sturzbetrunken, und ihr Verhalten spiegelt das wider. Jede fremde Frau, die dort reingeht, wird unerwünschte Annäherungsversuche abwehren müssen. Dem Barkeeper fällt zum Beenden von Auseinandersetzungen nichts Besseres ein, als sich mit einem Baseballschläger unter die Streithähne zu mischen. Glauben Sie mir, das wäre ein übler Abschluss für Ihren Abend.«
Nur teilweise besänftigt, musterte sie ihn. »Okay, dann warte ich bis morgen Abend, um mich dort umzusehen.«
Der altbekannte verdrossene Ausdruck lag wieder auf seinem Gesicht. Sie musste erkennen, dass ihr dieser fast lieber war als das entwaffnende Lächeln, das er vorher zur Schau getragen hatte. Mit Verdrießlichkeit konnte sie umgehen. Aber dieser Sog von Anziehungskraft, der gelegentlich zwischen ihnen aufflackerte, war weitaus beunruhigender.
»Sie haben mir keine verdammte Sekunde zugehört, was?«
»Im Gegenteil.« Sie hatte ihr Sandwich aufgegessen. Dank seiner Mithilfe waren auch die Pommes so gut wie weg. Cait suchte nach ihrem Geldbeutel, um die Rechnung zu bezahlen. »Sie haben mich davon überzeugt, dass es keine gute Idee ist, jetzt dorthin zu gehen, also warte ich und sehe mir das Lokal morgen am früheren Abend an. Ich will diesen Tony Gibbs selbst kennenlernen.«
»Dann rufen Sie Andrews an und arrangieren Sie etwas«, sagte er tonlos und sah sie weiter mit seinem eindringlichen Raubvogelblick an. »Ist doch Unfug, den Ärger noch extra heraufzubeschwören.«
Da es keinen Zweck hatte, mit ihm zu streiten, zählte sie einfach genug Geld für ihre Zeche ab und legte die Scheine auf den Tresen. »Ich werd’s mir überlegen.«
»Mann, was ist eigentlich los mit Ihnen?«
Da dies eine rhetorische Frage zu sein schien, gab sie ihm keine Antwort, sondern rutschte von ihrem Barhocker. Dann schlang sie sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter und ging davon. Mehr als nur ein bisschen erstaunt, stellte sie fest, dass er ihr folgte. Und regelrecht perplex war sie, als sie seine Hand an ihrem Ellbogen spürte und er sie zu sich umzudrehen versuchte.
Sie warf einen langen Blick auf seine Hand, ehe sie ihn ansah. »Finger weg, Sharper.«
»Sind Sie außerstande, sich von überhaupt jemandem etwas sagen zu lassen, oder habe ich irgendetwas Spezielles an mir, was Sie ärgert?«
»Sie sind allerdings reichlich ärgerlich«, bestätigte sie. In ihrem Rücken wurde es heiß, was sie eilig ihrer Wut anlastete. »Ich habe doch gesagt, dass ich noch warte. Was haben Sie eigentlich für ein Problem?«
»Mein Problem ist, dass Sie überhaupt nicht dorthin gehen sollen. Egal wann. Damit beschwören Sie nur Ärger herauf, und das muss nicht sein.«
Sie musterte ihn genauer, wobei ihr Groll sich etwas legte. »Haben Sie einen speziellen Grund dafür, verhindern zu wollen, dass ich mit Deputy Gibbs spreche?«
»Es ist mir scheißegal, ob Sie mit ihm sprechen oder nicht. Ich sage nur …«
»Wir fangen wieder an, Sharper. Spielst du mit, oder dauert euer Liebesgeflüster die ganze Nacht?« Das derbe Grölen kam von einem der Männer am Billardtisch. Cait blickte an Zach vorbei und sah, dass aller Augen auf sie gerichtet waren. Und zum ersten Mal war sie sich dessen bewusst, wie nah sie beieinanderstanden.
Er ließ seine Hand fallen, als hätte er sich verbrannt. »Bin gleich da«, rief er in Richtung Billardtisch. Als er sich wieder Cait zuwandte, war das Feuer in seinen Augen erloschen. »Machen Sie, was Sie wollen. Wir sehen uns dann morgen früh.«
Sie ließ ihn ein paar Schritte gehen, ehe sie doch noch einen Kommentar abgeben musste: »Wenn Sie wegen dieser Kneipe so besorgt sind, können Sie ja morgen Abend
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