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Knochenzeichen

Knochenzeichen

Titel: Knochenzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Brant
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erwartet hätte, war, dass sie ihren Rucksack absetzte, ihn aufmachte und Kletterhandschuhe herausholte. »Wenn Sie keinen Helm mitgebracht haben, kriegen Sie noch viel schlimmere Kopfschmerzen, als Sie heute Morgen schon hatten.«
    »Ich werde aufpassen.« Nach wie vor in gebückter Haltung kroch sie hinein.
    In Gedanken zuckte er die Achseln und blieb, wo er war. Er war als Kind in den Höhlen herumgeklettert, aber um heute hineinzugelangen, hätte er sich praktisch in der Mitte falten müssen, und dazu hatte er weiß Gott keine Lust. Also machte er es sich stattdessen auf einem Felsen gemütlich und betrachtete Caits knackigen Hintern, während sie sich hineinwand. Versonnen sagte er sich, dass es erheblich unangenehmere Arten gab, einen Morgen zu verbringen.
    »Da ist Eis auf dem Boden!« Ihre aufgeregte Stimme wehte zu ihm herüber.
    »Ich glaube, das hatte ich erwähnt. Es gibt auch kleine Stalaktiten an der Decke, also achten Sie auf Ihren …« Er vernahm einen gemurmelten Fluch und sparte sich den Rest der Warnung. Glücklicherweise war sie die dickköpfigste Frau, die er je kennengelernt hatte. Sie würde es brauchen.
    Nach wenigen Minuten kam sie wieder herausgekrochen. »Sie haben gesagt, es gibt noch eine größere?«
    Schweigend stand er auf, führte sie zu der größten Höhle und stieg vor ihr her bis zu deren Eingang hinunter. »Die Taschenlampe brauchen Sie erst, wenn Sie weiter drin sind.«
    Neugierig folgte sie ihm. »Warum ist es so hell … ah.« Als sie nach oben schaute, sah sie das natürliche Oberlicht im Waldboden über ihnen. »Da muss man aber aufpassen, wohin man tritt, wenn man da oben wandert.« Er hielt sich am Eingang der Höhle, während sie die hinteren Ecken erkundete. Diesmal blieb sie länger verschwunden, als er erwartet hätte. Als sie schließlich herauskam, sah sie nachdenklich drein.
    »Die hier wären kein guter Platz zum Verstecken der Knochen gewesen.«
    Ihr rascher Seitenblick sagte ihm deutlicher als Worte, dass er ihre Gedanken richtig erraten hatte. Und wann zum Teufel hatte er sich diese Kunstfertigkeit angeeignet? Verdrossen machte er sich wieder in südlicher Richtung zu dem Gelände auf, das sie zuvor ergründet hatten.
    Sie ging neben ihm her. »Warum sagen Sie das?«, fragte sie. Sie zog die Handschuhe aus und stopfte sie in den Rucksack. Die Steri-Strips, so registrierte er, waren nach wie vor an Ort und Stelle.
    Dass er auch dieses Detail wahrgenommen hatte, machte ihn regelrecht fuchsig. »Die Höhlen hier sind zu bekannt. Das hätte die Chancen erhöht, dass irgendjemand schon früher auf sie gestoßen wäre. Es gibt massenweise größere, geräumigere Höhlen im östlichen Oregon.«
    »Wie in der Nähe von Bend.«
    »Die wären eine noch schlechtere Wahl gewesen, und zwar aus den gleichen Gründen. Manche dieser Höhlen wurden von einer Privatfirma gepachtet, die tägliche Touren veranstaltet. Andere sind für Touristen gesperrt, wegen Erosion oder weil sie Fledermaus-Biotope sind oder weiß der Henker was.« Er zuckte mit einer Schulter. Oregon war wirklich wahnsinnig umweltbewusst. »Ihr Täter hätte riskiert aufzufliegen, wenn er ein allseits beliebtes Touristenziel als seinen Ablageplatz benutzt hätte. Viele der Höhlen werden auch regelmäßig vom Forest Service instand gehalten.«
    Sie schwieg lange, während sie weitergingen, und diesmal hatte er wirklich keine Ahnung, was sie dachte.
    Doch ein Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Mit Ausnahme seiner Jahre bei der Army hatte er sein ganzes Leben hier in der Gegend verbracht. Es war klar, dass derjenige, der die Leichen in der Höhle am Castle Rock deponiert hatte, mit dem Gelände vertraut war. Was bedeutete, dass es jemand sein könnte, den er kannte.
    Afghanistan hatte ihm sämtliche Illusionen geraubt, die er vielleicht einmal gehabt hatte. Er wusste, dass Menschen zu unaussprechlichen Grausamkeiten imstande waren.
    Trotzdem fiel es ihm schwer zu glauben, dass jemand hier in der Umgebung lebte, der zu so etwas fähig war.
    Es dauerte zwei Stunden und ungezählte Meilen, ehe sie auf einen provisorischen Unterschlupf stießen, der nicht verlassen wirkte. Cait umrundete den kleinen Lagerplatz, musterte den modrigen Baumstamm an dem Ring aus Steinen, der als Feuerstelle diente. Der Stamm war wohl als Sitzgelegenheit gedacht, wenn man nicht allzu anspruchsvoll war. Und der gegenwärtige Bewohner dieses Lagers, der momentan allerdings abwesend war, schien keinen gesteigerten Wert auf Komfort zu

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