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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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bis in den Abend hinein mit Max unterwegs zu sein, damit sich Rita Rita zuwenden konnte. Daher nickte Hilde, als Max Wald sagte. Max hob Luise auf und trug sie mit beiden Händen. Hilde fragte sich, wie sie in den Wald gelangen sollten. Sie war zwar ein Leben lang eine Reisende gewesen, aber sie hatte weder ein Auto noch einen Führerschein. Max ging schnurstracks drauflos. Damit war auch diese Frage verflogen. Und Hilde trottete dem kleinen Mann hinterher.
    Er ging mit ausgestreckten Armen Richtung Einkaufsstraße, sah sich um und zog Hilde am Mantel. Als die Ampel Rot zeigte, ging er zu dem Auto, in dem ein älterer Herr saß, deutete diesem, das Fenster runterzukurbeln, und fragte ihn, ob er in den Wald fahre. Der Mann runzelte die Stirn, sah, dass der Junge in Begleitung war, wandte sich mit seinem Stirnrunzeln an Hilde, die ihre Achseln zuckte und damit bekundete, dass es ihnen ernst sei. Der alte Mann war schon länger im Kreis gefahren. Nicht, weil er nach einem Parkplatz suchte, sondern weil er das jedes Wochenende tat. Seine Frau war vor einigen Monaten gestorben, und er behielt ihre gemeinsame Tradition bei, am Samstag ein wenig herumzufahren. Vorzugsweise waren sie die großen Einkaufsstraßen abgefahren. Nur selten waren sie ausgestiegen. Sie liebten das Im-Kreis-Fahren. Und er vermisste die Kommentare seiner Frau, wenn sie etwas entdeckt oder etwas auszusetzen hatte. Mit der Zeit hatte er sich angewöhnt, trotzdem mit ihr zu sprechen. Es machte kaum einen Unterschied. Wenn man jemanden drei Viertel seines Lebens an seiner Seite wusste, dann hatte man ihn vermutlich so weit verinnerlicht, dass seine Anwesenheit gar nicht mehr vonnöten war. Trotzdem tat es gut, wieder einmal jemanden körperlich neben sich zu spüren, also winkte er den Jungen und die Frau auf die Rückbank. Er hatte keine Angst vor Fremden, dachte, was solle einem Alten wie ihm schon zustoßen, und selbst wenn sich die beiden als Gefahr herausstellten, was hätte er zu verlieren außer dem Leben, dessen er ohnehin überdrüssig geworden war. Lieber in unangenehmer Gesellschaft zu sterben, als ewig im Kreis zu fahren und mit seiner Frau zu streiten, ob man jetzt besser rechts oder links abbiege, ob man im Auto esse oder dafür stehenbleibe oder ob man im Radio Musik oder Nachrichten höre.
    Hilde schob Max eilig auf die Rückbank, denn die Ampel sprang auf Grün, und der alte Mann, der sich als Georg vorstellte, fuhr los, ohne nach einem Ziel zu fragen. Schließlich umschloss doch der Wald die ganze Stadt, und keine Richtung war von vornherein falsch. Max saß hinter dem Fahrersitz und balancierte den toten Hund in seinen Armen. Hilde positionierte sich aufrecht in der Mitte und bedankte sich bei Georg für die Großzügigkeit, die keineswegs selbstverständlich sei, und dass sie das zu schätzen wüssten, obwohl sie ihr Anliegen noch gar nicht formuliert hätten, aber es liege an Max, und der würde ihnen den Weg zeigen, auch wenn das für Georg jetzt befremdlich klinge, aber das sei das Ansinnen, ob er damit leben könne. Und Georg sagte, dass er mit so gut wie allem leben könne und dass er sich keineswegs befremdet fühle, oder besser, dass er ganz froh sei, wenn er sich befremdet fühle, und daher keinerlei Einwände habe, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt, und dass er jetzt einfach losfahre, und Max solle sich in Ruhe überlegen, wohin die Reise gehe.
    Hilde nickte zufrieden, und Georg lächelte weich. Keiner hatte das Bedürfnis, die Situation zu entzaubern, daher sprach niemand, mindestens drei Ampeln lang, bis Max, der bis dahin zum Fenster hinausgestarrt hatte, geradeaus deutete und damit dem Reden jeden Anlass nahm. Georg folgte seinen Anweisungen, und Hilde versuchte, den Weg zu lesen, kam aber auf keine subkontinentale Kartografie. Sie fuhren die belebten Straßen hinaus an den Stadtrand. Hilde fragte sich, woher Max den Weg in den Wald kannte, und Georg suchte immer öfter den Blickkontakt mit Max, der noch immer die reglose Luise auf seinen Armen balancierte und beim Fenster hinausstarrte. Georg fixierte Max so lange, bis er sich den Hund in dessen Armen von sich aus ausmalen konnte. Er hatte sich nicht gefragt, was sich da in Max’ Armen befand, es hatte sich während der Fahrt verdeutlicht, und erst als der tote Hund vor seinen Augen Gestalt angenommen hatte, fragte er Max, woran denn das arme Tier gestorben sei. Hilde goutierte das mit einem anerkennenden Nicken, ohne Georg gleich subkontinentale Fähigkeiten

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