Knuddelmuddel
zusammen zu sein. (Und über Nacht zu bleiben, denn Madrid hin und zurück an einem Tag plus die Oper ist dann ja doch nicht zu schaffen, selbst wenn man schnell fährt und alles glatt geht).
Ich weiß sofort, nein, es ist kein Wissen, ich fühle, ich spüre, ich ahne es, dass wir unsere Leben gegenseitig bereichern werden. Wir sind wie zwei Puzzleteile, an einer Seite passen wir perfekt ineinander, und die anderen Seiten lassen Raum für Entdeckungen und Neues.
Das Gefühl: Das kann so schön werden. So wunderbar.
Er erzählt von Rom, und ich kann die Stadt vor mir sehen. Die Hitze spüren. Den Verkehr hören. Sitze auf einer Piazza. Sehe es vor mir. Sehe uns zusammen in einem Café in Rom sitzen. Ich kann den Kellner hören und den Kaffee schmecken. Ich sehe in Bildern, was er erzählt, so sehr sind wir miteinander verbunden. Oder wie immer man das nennen will.
Die Bilder im Kopf laufen weiter.
Ricky, der für mich den Walzer der Amélie spielt und mir dabei zublinzelt.
Claudio, wenn er lächelt. Er hat ein ganz wunderbares Lächeln. Etwas schüchtern, ein bisschen verschmitzt.
Was für ein Abend.
Mein Herzschlag rast, wie die Affen durch den Wald rasen, und ich bin glücklich. Ich sehe mein Gesicht im Badezimmerspiegel, sehe mein Grinsen im Spiegel: glücklich. Schlicht und einfach glücklich. Glücklich, glücklich, glücklich.
Jetzt weiß ich, was mir bei Tom gefehlt hat. Und im Grunde sogar auch bei João, wenn ich ehrlich bin. Das Zusammensein mit Tom war nett. Nett und problemlos. Das Leben mit João war angenehm und ich habe den João schon geliebt. Ich fand ihn attraktiv und ich war gerne mit ihm zusammen. Aber diese Magie, die ich gestern Abend mit Claudio erlebt habe, die hat gefehlt. Nur wird mir das erst jetzt klar. Ich habe sie nicht vermisst, weil ich garnicht wusste, dass sie existiert. Wenn man nicht weiß, dass etwas existiert, kann man es auch nicht vermissen. So einfach ist das. Aber jetzt – jetzt weiß ich, dass es existiert und jetzt möchte ich es haben. Und zwar sofort. Und für immer. Ich seufze.
„Und was ist mit Rute?“, fragte Evelina, als ich ins Wohnzimmer komme. Das blöde Dona und Menina lassen wir seit gestern weg, wir duzen uns jetzt endlich.
„Die Ehe besteht nur noch auf dem Papier“, sage ich. „Und es war von Anfang an eine arrangierte Ehe.“
„Von wem arrangiert?“, fragt Evelina.
„Von den beiden“, sage ich.
„Dann“, sagt Evelina, „ist es keine arrangierte Ehe.“
„Doch, ist es“, sage ich. „Die beiden haben aus Vernunftgründen geheiratet. Sie kannten sich über Freunde von Freunden, trafen sich auf Hochzeiten von Freunden, immer wieder, wie in diesem Film mit Hugh Grant und Andie McDowell, Vier Hochzeiten und ein Todesfall , und sie wollten beide auch heiraten und eine Familie gründen und die große Liebe kam irgendwie nicht und die Zeit lief ihnen weg, weil sie ja Kinder wollten, und da haben sie beschlossen zu heiraten“.
„Und das glaubst du ihm auch noch?“, fragt Evelina.
„Manno Evelina“, sage ich. „Es war so ein schöner Abend“.
„Schöner Abend hin, schöner Abend her“, sagt Evelina. „Er ist verheiratet. Alles andere ist egal, die Männer können älter sein, oder jünger, sie können in Lissabon wohnen oder in Guiné-Bissau, aber verheiratet – verheiratet sollten sie nicht sein.“
„Es ist eine arrangierte Ehe“, sage ich. „Da ist es was Anderes. Das zählt nicht wirklich als verheiratet“.
„Wirst du ihn wiedersehen?“, fragt Evelina.
„Wir wollen in Madrid in die Oper gehen“, sage ich. „Wir sehen La Bohème. Im Teatro Real.“
„Wann?“, fragt Evelina.
„In den nächsten Tagen“, sage ich. „Er will mich anrufen.“
Evelina nickt.
„Er wird mich anrufen“, sage ich.
Evelina nickt wieder.
Dann räumt sie das Frühstücksgeschirr in die Küche, kruscht ein bisschen rum, ich höre das Geschirr klappern und Wasser laufen, und nach einer Weile ist sie wieder da und stellt mir meinen Ingwertee hin. Mit Honig und Zitrone. Ich liege auf dem Sofa und bin glücklich. Einfach nur glücklich. Im Kopf laufen die Bilder meines digitalen Erinnerungswechselrahmens.
Im chinesischen Restaurant haben sie mir einen Fächer geschenkt, den halte ich in der Hand und fächel mir Luft zu, obwohl es noch nicht heiß ist. Aber wenn nachher die Lissabonner Augusthitze einsetzt, dann habe ich einen Fächer. Es ist ein schwarzer Fächer aus Holz und zwischen den Hölzern Seide. Es ist ein ganz edler
Weitere Kostenlose Bücher