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Kobra

Kobra

Titel: Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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die sterben wollen.“ 
    Claude betrachtet mich aufmerksam und kommt zu dem Schluss, dass ich ein sonderlicher Kauz sein muss. Aber ich lasse nicht locker.
    „Ihr Zimmernachbar zum Beispiel. Er hat sich letzte Nacht mit Morphin umgebracht.“ 
    „Was?“ 
    Claude ist ehrlich erstaunt.
    „Also gestorben? Und ich dachte, sie hätten ihn durchgebracht. So habe ich Sie zumindest verstanden. Gestern war es doch so.“ 
    „Da haben wir uns falsch verstanden.“ 
    Er schweigt eine Weile, dann macht er eine unbestimmte Handbewegung. „Deshalb also ... deshalb haben Sie das Gespräch auf Morphin gebracht?“ 
    „Oh nein. Das Gespräch haben Sie darauf gebracht.“ 
    „Schon möglich. Aber mit Morphin habe ich nichts zu schaffen.“ 
    „Das habe ich nicht gesagt.“ 
    Claude schweigt wieder, plötzlich fängt er an zu lachen. „Man weiß wirklich nicht, was man mit Ihnen reden soll. Sie lassen mich rufen, und dann aus heiterem Himmel: Morphin! Warum eigentlich?“ 
    „Eine Kleinigkeit. Ich möchte wissen, ob Sie das Gefühl haben, dass gestern Nachmittag jemand in Ihr Zimmer eingedrungen ist. Denken Sie nach.“ 
    Claude hebt die Brauen. „Jemand eingedrungen? Ich weiß nicht. Sein könnte es.“ 
    „Haben Sie nicht darauf geachtet?“ 
    „Nein, weshalb sollte ich? Geld lasse ich keins im Koffer.“ 
    „Vielleicht nicht wegen Geld.“ 
    „Nun, dann wüsste ich überhaupt nicht, weshalb.“ Er denkt nach, dann sagt er: „Scheint eine verworrene Geschichte zu sein. Wenn Sie sich sogar mit mir befassen.“ 
    „So verworren ist sie gar nicht. Wir brauchen nur ein paar Fakten.“ 
    „Fragen Sie.“ 
    „Sehen Sie, Claude“, beginne ich, „können Sie sich erinnern, wo Sie gestern Nachmittag zwischen halb vier und halb sechs waren? Das ist wichtig.“ 
    „Um halb vier?“ Claude überlegt. „Gegen halb vier, habe ich da nicht mit Ihnen gesprochen?“ 
    „So war es. Und dann?“ 
    „Dann bin ich in die Stadt gegangen. Ich hatte eine Verabredung wegen der Lieferungen. Ich war mit einem Freund verabredet, er ist aber nicht gekommen.“ 
    Ich sage nichts, denn ich weiß inzwischen, was für Lieferungen das sind. Die fallen nicht in mein Ressort. Claude scheint meine Gedanken zu lesen, denn er schmunzelt und fügt hinzu: „Alles nach Gesetz, Dr. Bouché. Nichts Unrechtes.“ 
    „Na schön“, sage ich. „Bis wann waren Sie dort am Treffpunkt. Annähernd.“ 
    „Bis gegen halb fünf. Ich will Ihnen nichts Falsches sagen, aber so spät war es sicherlich.“ 
    „Nun ja“, beruhige ich ihn, „auf zehn Minuten früher oder später kommt es nicht an. Danach?“ 
    „Danach bin ich hierher zurückgekommen. Ich wollte mich umziehen, weil ich zu Valentine gehen musste. Ich hatte sie angerufen – dass Sie mit mir sprechen wollten. Außerdem wollte ich das Kind abholen und mit ihm weggehen.“ 
    „Sie sind also hier vorbeigekommen, haben sich umgezogen ...“ 
    „Ja. Ich war mit Valentine für halb sechs verabredet.“ 
    „Ist Ihnen nichts aufgefallen, solange Sie im Zimmer waren? Oder später, als Sie weggingen?“ 
    „Nein. Was schon, ein Hotel wie jedes andere. Ich war auch ein bisschen wütend.“ 
    „Weshalb?“ 
    „Weil ich Ihnen von Valentine erzählt hatte. Sie hat nichts damit zu tun, und ich hätte wenigstens sie nicht damit reinziehen sollen.“ 
    „Einerlei – wir hätten es doch erfahren.“ 
    „Ja, freilich. Das habe ich mir auch gesagt: Einerlei, Sie erfahren’s ja doch. Gegen halb sechs war ich also schon dort und habe das Kind abgeholt. Interessiert Sie, was weiter war?“ 
    „Nein, vielen Dank, und entschuldigen Sie, dass ich Sie aus dem Schlaf gerissen habe.“ 
    Claude merkt, dass das Gespräch beendet ist. Er steht auf.
    „Übrigens, bis wann sind Sie auf Dienstreise?“ 
    „Bis Montag.“ 
    „Und sollte es erforderlich sein, ein, zwei Tage länger zu bleiben, hätten Sie doch nichts dagegen, nicht wahr?“ 
    „Wenn’s nur ums Bleiben ginge. Bloß, Sie wissen ja, jetzt ist die Lage angespannt. Wenn ich meine Angelegenheiten nicht regle ... kann ich hinterher warten.“ 
    „Was das Regeln betrifft“, sage ich bescheiden, „möchte ich Ihnen einen Rat geben. Mit Ihrem Freund, sehen Sie zu, dass da wirklich nichts Unrechtes ist. Denn ich weiß nicht, ob Sie schon mit der Wirtschaftspolizei zu tun hatten ... es ist nicht leicht.“ 
    Claude lächelt, setzt eine gelassene Miene auf und geht. Wer weiß, was er über mich, über sich und über

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