Kobra
Morphin.“
„Das ist mit Sicherheit festgestellt, ja?“
„Ja. Es liegt ein Protokoll über die Analyse im Labor vor.“
Herr Panaridis lässt sich gar nicht auf Einzelheiten ein – offenbar findet er das nicht nötig. Er legt die Mappe neben sich auf den Sessel.
„Es müssen mehrere Formalitäten erledigt werden“, sagt er, „und ich hoffe auf Ihre Hilfe, Dr. Bouché.“
„Wir stehen zu Ihrer Verfügung. Unmittelbar wird Ihnen Frau Bellier behilflich sein.“
Er bedankt sich. Zeigt keine Unzufriedenheit, hat aber offenbar kräftigere Unterstützung erwartet, zumindest dem Äußeren nach.
„Ich kann Ihnen versichern“, füge ich hinzu, „dass sich Frau Bellier ausgezeichnet in den Formalitäten auskennt. Und außerdem hat sie bemerkenswert gute Nerven.“
Maria übersetzt und lächelt. Das von den Nerven ist nicht ganz exakt. Außer den Formalitäten beherrscht sie auch Karate. Eines Nachts hat sie zwei kräftige Männer, die sich an ihr vergreifen wollten, aufs Pflaster gelegt, so dass sie bewusstlos liegen blieben. Aber das ist eine andere Geschichte.
„Wie hat Herr Antonio Delacroix entschieden: Soll die Beerdigung hier sein?“ Es wird höchste Zeit, dass ich diese Frage stelle.
„Ja, wenn es möglich ist, hier, in Paris.“
„Zivil oder kirchlich?“
Ranaridis überlegt einen Augenblick. „Ich weiß nicht ... Zivil ist vielleicht besser.“
Verstehe. Die Kirche verweigert Selbstmördern ein kirchliches Begräbnis.
„Frau Bellier wird Sie zu den entsprechenden Behörden begleiten. Wenn Sie es wünschen, zeigt sie Ihnen die Sachen des Verstorbenen. Es sind nicht viele und sie werden nach Verzeichnis aufbewahrt.“
Panaridis bedankt sich abermals und erhebt sich. Er möchte mich nicht länger aufhalten, ihm stehe ohnedies genug Arbeit bevor. Er geht mit Maria hinaus, und ich beuge mich nach kurzem Nachdenken erneut über die widerborstige Patience. Ich bin sehr neugierig, ob sich der Herr Panaridis für Raphael Delacroix’s Sachen interessieren wird. Der Container steckt in dem Köfferchen. Auch der Kaffee ist drin. Wir haben nichts weiter gemacht. Bloß die Drogen gegen ein anderes Pulver vertauscht, das ihm ähnlich sieht und das natürlich nicht zu den teuren gehört. Die Paragrafen erlauben uns keine großen Sprünge.
Kurz darauf erscheint Dupont, danach ruft die forensische Toxikologie wegen der Glassplitterchen an, die gestern auf dem Teppich gefunden wurden. Auf ihnen seien Spuren eines unbekannten Alkaloids. Sie hätten Versuche mit Mäusen angesetzt, und wir müssten das Ergebnis abwarten. Ich werde warten – ohnehin garantiert mir niemand, dass diese Splitter etwas mit dem Tod Raphael Delacroix’s zu tun haben, dass sie nicht vielleicht schon eine Woche auf dem Teppich gelegen haben und vom vorigen Gast stammen.
Mir scheint, es ist an der Zeit, dem Hotel einen Besuch abzustatten. Was will man machen, ich werde mich wieder umziehen müssen. Habe keine Lust, in Krawatte durch die Etagen zu spazieren.
Als ich ins Hotel komme, ist es fast sechzehn Uhr. Nichts hat sich verändert, nichts ist geschehen. Maria und Panaridis waren nicht da, nach Raphael Delacroix hat niemand gefragt. Ich verliere schon die Hoffnung, dass noch jemand nach ihm fragen wird.
Meine Bekannten aus der „kleinen Etage“ sind fast alle ausgeflogen. Ich bekomme übrigens recht genaue Informationen über sie und bemühe mich, im Ringen um die Terminerfüllung nicht zurückzubleiben, wie man so sagt.
Nur Claude Moliére ist hier, und er findet sich auf meine Aufforderung hin sofort in der Hotelhalle ein. Er sieht aus wie jemand, der bis eben geschlafen hat – er ist unrasiert und unterdrückt nur mit Mühe ein Gähnen, als wir uns die Hand geben.
„Entschuldigen Sie, habe ich Sie aus dem Schlaf gerissen?“
„Nicht weiter schlimm“, antwortet er leichthin. „Wenn ich mich erst mal hinlege, vergesse ich mich. Und nachts finde ich keine Ruhe. Dann rauche ich und gehe wie ein Gespenst um.“
„Das kommt von der Neuropathie“, erkläre ich ihm. „Haben Sie’s mal mit einem Schlafmittel versucht? Mit einem von den leichten Barbituraten zum Beispiel.“
„Nein, ich habe Angst, dass ich mich daran gewöhne. Dann kommt man davon nicht mehr los, heißt es.“
„Bei einem leichten Barbiturat nicht. Ja, bei Morphin oder andere Drogen, da ist es gefährlich!“
„Habe davon gehört. Aber das ist ja schon etwas für Kranke.“
„Und für Gesunde,
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