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Kobra

Kobra

Titel: Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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Jeder ist seinen Verpflichtungen nachgegangen und nichts weiter. Und die Kosten für die Beerdigung sind, soviel ich weiß, schon geregelt.“ 
    Ein Blick. Herr Panaridis bestätigt es im Tone leichter Unterwürfigkeit. 
    Ich fahre fort: „Das sind im Grunde einfache Fragen. Für uns bleiben indes die Beweggründe unklar, die Ihren Onkel veranlasst haben ... dies mit sich zu tun. Können Sie mir dazu etwas sagen?“ 
    Delacroix überlegt. „Die sind mir auch nicht klar. Doch mein Onkel hatte in gewissen Augenblicken ... er verfiel in Zustände. Mit einem Wort, er litt unter Angstvorstellungen ...“ 
    „Was für Angstzustände?“ 
    „Er litt unter Verfolgungswahn. Überall sah er versteckte Leute, die ihm ans Leben wollten. Aber das war nicht immer so, für gewöhnlich machte er den Eindruck eines seriösen, gesetzten Mannes. Und nur wenige wussten von seiner Manie.“ 
    Wie es aussieht, war es keine bloße Manie, sondern eine tatsächliche Verfolgungsangst. Ich warte auf die Fortsetzung.  
    „Das verstärkte sich, als er mit dem Morphinmissbrauch begann. Ich habe gehört, dass er es auch früher genommen hat, aber in letzter Zeit ... Sie wissen, Morphinisten leiden oft an Manien. Und bei einem Anfall und einer größeren Dosis ... ja, durchaus möglich.“ 
    Ich verweigere meine Vermutungen, die anders sind als seine und vor allem begründeter.
    „Wir haben hier einen Brief von Ihnen gefunden“, sage ich. „Der hat uns auf einige Gedanken gebracht.“ 
    „Was für einen Brief von mir?“ 
    Auf diesen Augenblick warte ich schon lange. Ich hole den mit einem Netz durchsichtiger dünner Klebestreifen überzogenen Brief aus meiner Brieftasche und gebe ihn ihm. Delacroix sieht ihn an und nickt.
    „Ja, er ist von mir, ich hatte ihn vergessen.“ 
    „Sie können ihn behalten“, sage ich. „Er gehört zu den Sachen Ihres Onkels, wie alles von ihm, was hier ist. Das ist die Liste.“ 
    Delacroix geruht nicht einmal, sie anzusehen, sondern reicht sie nur an Panaridis weiter. 
    Dann sagt er etwas zu Maria.
    „Herr Delacroix kann jetzt nicht alles mitnehmen“, übersetzt Maria. „Er fragt, wie er verfahren soll.“ 
    „Natürlich kann er das nicht.“ 
    Ich ziehe den Zimmerschlüssel aus der Tasche und gebe ihn ihm.
    „Sie können über das Zimmer verfügen. Wenn Sie die Sachen abtransportiert haben, dann ... machen Sie sich deshalb keine Umstände. Den Schlüssel geben Sie der Hotelverwaltung zurück. Dort wird man Ihnen, nehme ich an, beim Abtransport behilflich sein können.“ 
    Delacroix dankt.
    „Noch eine kleine Formalität“, sage ich. „Sie müssen mir dennoch bestätigen, dass Sie sämtliche Sachen Ihres verstorbenen Onkels nach obiger Liste erhalten haben und keine Ansprüche an die französischen Behörden stellen.“ 
    „Dagegen habe ich keine Einwände.“ Delacroix holt einen dicken Stift aus der Tasche und schreibt etwas unter das Protokoll, das ich ihm hinhalte. Ich nehme an, was er da schreibt, heißt, dass er keine Ansprüche an die französischen Behörden hat. Dann setzt er seine Unterschrift darunter. 
    „Das eine Exemplar ist für Sie“, sage ich und gebe es ihm. 
    Dann stehe ich auf, Maria ebenfalls. „Frau Bellier und ich müssen Sie jetzt verlassen. Wir sehen uns am Nachmittag bei der Beerdigung, Herr Delacroix.“ 
    „Sie werden da sein? Sehr liebenswürdig, aber ich habe ein schlechtes Gewissen, das ich Ihnen so viel Zeit stehle.“ 
    „Dienstliche Verpflichtungen.“ 
    „Ja, ja.“ Er verstummt für einen Moment. „Dennoch schade, dass es kein kirchliches Begräbnis ist. Mein Onkel war trotz mancher Schwächen ein religiöser Mensch.“ Delacroix erhebt sich, um sich zu verabschieden. 
    „Bedaure“, sage ich, „aber Sie verstehen doch, die Kirche gewährt kein kirchliches Begräbnis, wenn ... wenn jemand selbst seinem Leben ein Ende setzt. In dieser Beziehung gibt es gewisse Normen, und ich kann da einfach nicht helfen.“ 
    Er wiegt den Kopf. „Wenn es nicht möglich ist ...“ 
    Wir geben uns die Hand, und ich breche mit Maria auf. Wir haben etwas Unaufschiebbares zu tun. Ich müsste schon in der Dienststelle sein, wo Claude Seguin auf mich wartet, der Freund der Fenner. Und Maria muss auf der Stelle das Protokoll über Raphael Delacroix’s Sachen in unser Institut bringen. Mich interessiert nicht das Protokoll, sondern das, was der junge Delacroix geschrieben hat. Und auch nicht so sehr der Text selbst, sondern der Vergleich zwischen

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