Koch zum Frühstück (German Edition)
gekleideten Kellner nimmt uns in Empfang und führt uns zu unserem Tisch. Er ist ziemlich attraktiv und ich bin mir nicht sicher, ob er schwul ist. Ist 'ne echte Scheiß-Idee gewesen, herzukommen.
Wir folgen ihm durchs halb besetzte Restaurant. Es ist noch ziemlich früh, sie haben seit nicht einmal zwanzig Minuten geöffnet. Unser Tisch ist ein Vierertisch ziemlich in der Mitte des lang gezogenen Gastraumes. Direkt links an der bodenlangen Glasfront, durch die man ins Hafenbecken sehen kann. Klassisch eingedeckt in Weiß. Weingläser, Wassergläser, poliertes Silberbesteck. Servietten, die akkurat gefaltet dastehen. Es ist elegant, es ist Understatement und es ist ein bisschen kühl… passt zu ihm.
»So… das wäre dann ihr Tisch.« Der Kellner wartet, bis meine Mutter ihren Platz gewählt hat, zieht dann formvollendet den Stuhl zurück und schenkt ihr ein Lächeln.
Der Kerl ist ziemlich attraktiv. Ich wette, David glotzt ihm dauernd auf den Arsch, wenn er ihn in die Küche schiebt. Und wenn er schwul ist, dann will ich gar nicht wissen, was er sonst noch mit ihm macht.
Verdammt! Als würde es nicht schon reichen, dass ich mir hier mit meinen Eltern ein Abendessen geben darf, das er kocht. Nicht, dass das eine Strafe wäre. Ich bin sicher, es wird großartig, aber trotzdem… Jetzt stelle ich mir schon vor, wie er mit einem seiner Kellner rumfickt. So langsam werd' ich echt paranoid.
Ich wäre nach allem, was passiert ist, wohl besser woanders hingegangen. Aber da ich ihn vor meinen Eltern in den höchsten Tönen gelobt hab', kam ich aus dieser Nummer nicht mehr wirklich raus. Ich hab' ihnen außerdem schon mal den Hochzeitstag versaut. Ich glaube, da war ich ungefähr zwölf. Missmutig setze ich mich an die Seite des Tisches. So, dass ich die Flügeltür im Blick habe. Dumm eigentlich, man kann nicht in die Küche sehen, wenn sie aufschwingt.
Wortlos reicht der Kellner uns die Karten. Erst meiner Mutter, dann meinem Vater und schließlich auch mir. Das Papier, das unter die Ecken geschoben ist und die Menü-Empfehlung enthält, ist genau so blütenweiß wie die Tischdecke. Die Schrift ist so schwarz wie der Einband aus Pappe. Und genau so schnörkellos.
Es gibt zwei Menüs. Ich hab' also die Wahl zwischen einer ‚Kartoffel-Wasabi-Suppe mit gebratener Garnele‘ und geröstetem ‚Parmesanciabatta mit Sommertomaten an verschiedenen Trüffelölen und einer Zucchini-Terrine‘ , was auch immer das sein mag.
‚Parmesanciabatta mit Sommertomaten‘ … Ich muss an dieses Brot denken, dass er uns gemacht hat, an diesem Abend, an dem wir miteinander im Bett gelandet sind. Damals hat er es einfach nur altes Brot genannt.
Ich schiebe den Gedanken an unsere erste gemeinsame Nacht beiseite. Ich war schon damals verknallt in ihn. Auch wenn ich's nicht wahrhaben wollte. Vielleicht, weil ich wusste, dass es nicht gut ist, Gefühle für einen Kerl zu entwickeln, der nicht an einer Beziehung interessiert ist. Und falls doch, hat er 'ne verdammt komische Art, das zu zeigen. Denn was zur Hölle soll das auf der Menükarte bitte?
Vielleicht ist es Wunschdenken, vielleicht irre ich mich, aber dieses blöde Menü auf der rechten Seite, das mit dem alten Brot und den Tomaten… die ganze Menüfolge… Natürlich kann es Zufall sein, aber irgendwie weiß ich, dass es keiner ist.
Es sind alles Sachen, die er mal für mich gekocht hat. Inklusive des Apple-Crumbles, der jetzt auf den wohlklingenden Namen ‚Haferflocken-Crumble auf warmem Apfelspiegel vom Bauern-Boskop an Buttermilcheis‘ hört. Und sogar meine Tomatensoße von gestern…
Dieser Arsch hat sie ‚Entzuckerte Tomatenmousse von der Würz-Pussy‘ genannt. Oh mein Gott, und aus dem ‚Cordon Bleu‘ hat er ‚Bidoche gefüllt mit Schinken und Käsevariationen, an der Panade vom Weizentoast frittiert in antiken Mischölen mit karamellisiertem Schwarzwurzel-Kartoffel-Gemüse und Stangenspargel‘ gemacht. Dieser Idiot… was zu Hölle soll das bitte? Und wie um alles in der Welt erkläre ich meiner Mutter jetzt, was eine Würz-Pussy ist?
»Sie haben gewählt?«
»Habt ihr?« Auffordernd sieht mein Vater erst mich, dann meine Ma an.
»Oh, das sind so viele tolle Sachen, da weiß man gar nicht, was man nehmen soll… was ist denn…« Wenn sie ihn jetzt fragt, was es mit der ‚Pussy‘ auf sich hat, geh' ich…
»Ich nehme die Menüempfehlung des Küchenchefs.« Unterbreche ich sie. »Sagen sie ihm, ist angekommen.« Ich muss mich echt
Weitere Kostenlose Bücher