Koch zum Frühstück (German Edition)
er friert.
»Lass dir Zeit«, sage ich und versuche ein Lächeln. Aber es misslingt. Irgendwie ist mir zum Heulen zumute.
»Wird nicht lange dauern«, verspricht er. »Die Sache mit dem Kritiker ist vermutlich sowieso durch.«
***
»Du, Flori?« Sie kuschelt sich an mich. Mit der Hand des gesunden Arms spielt sie am Hasenohr.
Ich hab' uns was zu essen gemacht und ihr erlaubt, dass wir noch ein bisschen fernsehen. ‚Arielle die Meerjungfrau‘. Aber nicht die Szene mit dem Koch.
»Hm?«
»Wo ist denn eigentlich Paris?«
»Das ist die Hauptstadt von Frankreich.«
»Es heißt Scheiß-Hauptstadt, das ist Französisch.«
»Oh, na dann…«
»Ist das weit nach Paris?«
»Na ja, ein bisschen.«
»Kommst du uns dann gar nicht mehr besuchen?«, will sie wissen.
»Erstmal wohl nicht«, sage ich wehmütig. Ich werd' sie echt ganz schön vermissen.
»Warum nicht?«
»Weil man mit dem Flugzeug fliegen muss.«
»Fliegen Elmo und Herr Hase dann auch mit dem Flugzeug?«
»Nein, sie werden nicht mitkommen. Sie wohnen so lange bei meiner Schwester Anne. Dort wohnen auch zwei von ihren Kindern. Dann sind sie eine große Kaninchenfamilie«, versuche ich zu erklären.
»Ach so.«
Meine Eltern kommen morgen und nehmen die beiden und ein paar meiner Sachen mit. Ich werd' bei Lukas bleiben, bis Montag mein Flieger geht. Meine Mutter hat vorgeschlagen, dass wir zum Abschied essen gehen und weil sie nächste Woche 30 Jahre verheiratet sind, hat mein Vater das ‚Reuter's‘ vorgeschlagen. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Vielleicht hätte ich nicht erwähnen sollen, wie gut es ist.
»Ist man auch eine Familie, wenn man sich lange nicht sieht?«, fragt sie grade. Keine Ahnung, wie sie drauf kommt, wahrscheinlich wegen der Kaninchen.
»Natürlich«, sage ich. »Eine Familie ist man für immer…«
»Das ist gut«, sagt sie. »Weil meine Mama hab' ich ja schon lange nicht mehr gesehen… und dich dann auch nicht…«
»Ich komm' dich besuchen, wenn ich wieder zurück aus Paris bin, okay?«, sag' ich und stehe vom Sofa auf. Schätze, ich muss mal ins Bad…
»Wo gehst du denn hin?«, fragt sie leise. »Gleich kommt doch noch das Lied.«
Würz-Pussy
David
»Flo?« Leise ziehe ich die Tür hinter mir zu. Es ist viertel vor zwölf. Natürlich ist es wieder später geworden, als ich eigentlich geplant hatte, obwohl ich eigentlich nicht wollte, dass er so lang mit ihr alleine ist. Es ist viel los gewesen für einen Donnerstag. Und auch für morgen sind wir komplett ausgebucht.
Was ich noch gesehen habe an Tellern, war ganz in Ordnung. Ich hatte Claas auch angedroht, dass ich ihn umbringe, wenn der Typ was Schlechtes über mich schreibt. Aber das wird er nicht.
Natürlich sind ein paar Sachen schief gelaufen. Die Soße zum Rinderfilet war nicht besonders und wenn ich da gewesen wäre, wäre die niemals so raus gegangen. Außerdem ist die zweite Hechtfarce nicht so gut gewesen wie die erste. Aber damit kann ich leben. Vor allen Dingen an einem Tag wie heute. Ich bin echt kaputt. Ich muss ins Bett.
Der Wohnraum ist leer und nur ins matte Licht der Küche getaucht. Seine Kapuzenjacke liegt auf dem Sofa und eine der kleinen Kupferkasserollen steht auf dem Herd. Ich gehe rüber und hebe den Deckel. Sieht mit viel Fantasie nach schlechter Tomatensoße aus. Offensichtlich hat er ihr was zu essen gemacht. Etwas mit ziemlich eigenartiger Konsistenz.
Ich ziehe die Schublade auf, nehme einen kleinen Löffel, tauche ihn ein und schiebe ihn in den Mund. Er macht keinen Zucker rein und wie erwartet, hat er auch sonst keinerlei Talent. Und er ist echt ein Mädchen beim Würzen…
Das Nachtlicht brennt und taucht Stellas Zimmer in rosa Licht. Er sitzt auf dem Boden in ihrem Zimmer, lehnt sich gegen das Bett und hat die Beine ausgestreckt. Sein Kopf ist auf seine Brust gesunken und die Haare fallen ihm in die Stirn. Neben ihm auf dem Boden liegt ihr Lieblingsbuch mit dem Klugscheißer-Hasen. Vermutlich ist er eingenickt.
Einen Augenblick lang sehe ich ihn an. Bin versucht, ihn zu berühren. Noch mal sein Haar anzufassen und es durch meine Finger zu ziehen… Aber dann lasse ich es.
»Hey!«, murmelt er verschlafen. »Bist du schon wieder da?«
Und ein bisschen erinnert's mich schmerzhaft an früher. An dieses Ding da zwischen uns.
Ich kann nicht glauben, dass es nur ein paar Wochen her ist. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.
»Hab' doch gesagt, es wird nicht lange dauern«, sage ich
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