Koch zum Frühstück (German Edition)
Schluck getrunken und sich mit dem Handrücken einen Tropfen vom Mundwinkel gewischt hat.
»So in etwa.« Ich nicke. Dass ich sie hauptsächlich zu mir genommen habe, um ihr das Heim zu ersparen behalte ich dann doch lieber für mich. Denn auch wenn es seltsam ist, dass es mir nichts ausmacht, mit ihm über ein paar Dinge zu reden, mit denen ich ansonsten ganz sicher nicht hausieren gehe, kenne ich ihn doch kaum. Zu wenig jedenfalls, um ihm rührselige Geschichten aus meiner Kindheit zu erzählen. Ich brauche kein Mitleid. Ich bin drüber weg…
»Krass«, bemerkt er.
»Hätte auch nicht gedacht, dass es so läuft.« Ist gelogen. War keine neue Erkenntnis, dass man einfach so mit einem Karton voller Kram durch irgendeinen Türrahmen geschoben wird. Hatte ich nur vergessen…
»Ist alles noch ein bisschen chaotisch im Moment. Ich war ziemlich unvorbereitet und ich hab' nicht grade Arbeitszeiten, die sich gut mit einem Kind verbinden lassen.«
»Lebst du alleine?«, will er wissen.
»Nein. Ich bin… mit jemandem zusammen, aber es ist ein bisschen schwierig… Kinder waren irgendwie nie so der Plan…« Für einen winzigen Moment denke ich drüber nach, ihm zu sagen, dass dieser Jemand ein Mann ist. Aber das wäre wohl mit der Tür ins Haus fallen und wenn er dann entgegen meiner Vermutung doch 'ne Hete ist, macht er sich morgen womöglich den ganzen Tag Sorgen um seinen Arsch, weil er in seiner Wohnung ein Bier mit mir getrunken und sein Oberschenkel meinen ein paar Mal berührt hat.
»Verstehe. Sind sie bei uns eigentlich auch nicht, aber ich bin ganz gerne der schwule Onkel.«
»Du bist schwul?« Klingt vermutlich nicht sehr verwundert. Im Grunde war ich mir schon vor seinem Geständnis beinahe sicher.
»Ja. Aber keine Sorge, ich fall' jetzt bestimmt nicht über dich her. …So was mache ich nur auf Aufforderung…«
Ist wohl witzig gemeint, aber er sollte vorsichtig sein, sonst könnte ich auf dieses Angebot am Ende zurückkommen. Denn ich kann mir nicht helfen, ich mag diesen Kerl. Und ich find' ihn verdammt sexy. Selbst dann, wenn ich nur hier im Halbdunkel neben ihm auf dem Sofa sitze und rede und nicht daran denke, was er mir da neulich so leicht bekleidet präsentiert hat. Ich mochte seine Arme und auf Piercings fahr' ich sowieso ziemlich ab.
»So meinte ich das nicht«, sage ich und zwinge mich, aufzuhören, an seinen Arsch zu denken. Irgendwie gefällt mir der Gedanke, dass er schwul ist und über mich herfällt, ausgesprochen gut. »Du kamst mir nur so bekannt vor. Schon neulich, bei Nina. Ich war nur nicht sicher, woher…«
»Oh…«
»Na ja, vielleicht aus der ‚Wunderbar‘ oder so.«
»Da gehe ich eigentlich nie hin«, sagt er.
»Ich schon. Also, manchmal jedenfalls«, gebe ich zu. Was einen Outing gleichkommt, sozusagen.
»Ich glaube, du kennst mich vermutlich von neulich…«
»Neulich?« Keine Ahnung, was er meint. Ich kann ihn immer noch nicht einsortieren. Die ‚Wunderbar‘ war nur ein Versuch. Ich wollte nicht gleich die Karten auf den Tisch legen, dass ich ab und an ins ‚Sixtynine‘ gehe. ‚Wunderbar‘ ist unverfänglicher und vor allem hat sie keinen Darkroom.
»Eigentlich wollte ich es ja für mich behalten.« Er grinst. »Aber was soll's… Wir waren zum Essen da, war unser Vierjähriges. Ich hatte andere Klamotten an und vielleicht erinnerst du dich auch eher an meinen Freund…«
An seinen Freund? Wohl kaum… Es sei denn, der ist noch attraktiver als er. Die Möglichkeit, dass er ein Gast gewesen sein könnte, hatte ich gar nicht in Erwägung gezogen.
»An deinen Freund? Kenne ich ihn?« Besser, ich frage nach. Kann ja sein, dass er irgendwie ein Ex oder so was ist.
»Nicht, dass ich wüsste. Aber er hat sich bei dir über dein Lamm beschwert…«
»Mein Lamm? Dein Freund ist der Arsch von Tisch zwölf?« Ich erinnere mich dunkel, wobei… ganz so dunkel ist es gar nicht. Im Gegenteil… ich erinnere mich noch ziemlich lebhaft an diesen Schnösel, der mit dem ‚Feinschmecker‘ -Artikel daher kam… Und ich weiß auch noch, dass er mit seinem Freund da gewesen ist. Aber ich hätte Flo niemals in diese Kiste gesteckt…
»Eigentlich ist er ganz in Ordnung. Aber an deiner Stelle fände ich wohl auch, dass er ein ziemlicher Arsch ist«, sagt er ein bisschen zerknirscht. Anscheinend ist ihm die Sache ziemlich peinlich. »Aber ich weiß nicht mehr, an welchem Tisch wir saßen…«
»Tisch zwölf. Und du bist der Kerl, der das Kaninchen gegen das Rind getauscht
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