Koch zum Frühstück (German Edition)
rumgefummelt hat, war nichts, was ich heute Morgen gebraucht hätte. Echt lächerlich. Und wieso Mike irgendwie auf amerikanisierte Namen steht, werd' ich wohl nie verstehen. Ich jedenfalls steh' überhaupt nicht drauf. Aber vielleicht hat's damit zu tun, dass man mich, da, wo ich herkommen, ‚Däivid‘ nennt. Ich hab' eine Weile gebraucht, meinen Bekanntenkreis auszutauschen und es endgültig los zu werden.
Wenigstens hatte es, aufgrund seiner körperlichen Konstitution ein gewisses Amüsement, wie Stevie-Steffen versucht hat, zusammen mit Michael die Umzugskisten aus der Wohnung zu schleppen. Sehr süß, wirklich. Ein bisschen Fitness-Studio vorher hätte vielleicht geholfen. Stevie-Hasi fielen die streichholzdürren Ärmchen schon bei einem Schuhkarton mit ein bisschen Papierkram fast ab.
Irgendwie nicht mein Tag. Und es ist ja auch nicht so, dass Nico meine erste Anlaufstelle ist. Ich hab' im Internet gesucht. Nach ‚Konfektionsgrößen Kinder‘ . Bin dann auf die Seite eines Versandhauses gestoßen, auf der ein Mädchen in Unterwäsche abgebildet war und bin mir dabei wie ein Pädophiler vorgekommen.
Ich hab' mich dann spontan dazu entschieden, das zu lassen und jemanden anzurufen, denn ehrlich gesagt, hab' ich noch vom Schwimmbad genug. Und ich war heilfroh, dass das Anziehen nach meiner Duschaktion dann Flo übernommen hat.
Irgendwie muss ich mich an die Sache, sie nackt zu sehen, noch ein bisschen gewöhnen. Ich komme mir komisch vor dabei. Zum Glück muss sie, nachdem wir vorgestern im Schwimmbad gewesen sind, nicht so schnell wieder baden. Und ihre Fuß- und Fingernägel sind auch sauber. Und diese Sache, dass sie sich beim Anziehen bei den Dingen, die sie nicht kann, helfen lässt, klappt mittlerweile zum Glück ganz gut.
Allerdings braucht sie dringend neue Klamotten, denn alles, was sie hat, ist nicht wirklich diskutabel. Jedenfalls nicht für ein Kind, mit dem mich vielleicht mal irgendwer sieht, der mich kennt. Die beiden Jeans aus der Kiste sind durch an den Knien, und damit meine ich nicht so, wie's im Moment für Erwachsene modern ist. Die Pullover sind fleckig und die fünf Shirts, die ich finden konnte, sind auch nicht grade aus dieser Saison. Wenn ich ihr keine Sachen kaufe, waren meine jahrelangen Bemühungen, diesen unsäglichen Anglizismus loszuwerden, für'n Arsch, dann sieht nämlich jeder, wo ich herkomme.
Außerdem braucht sie mehr Unterwäsche. Und Schuhe. Ich hab' neben denen, mit denen sie bei mir abgeliefert worden ist, in Pamelas Wohnung nur Sandalen gefunden und ein weiteres Paar abgewetzte Winterstiefel. Ich glaube, die passen ihr gar nicht mehr. Sehen jedenfalls klein aus. Aber vielleicht sind ihr die Sandalen auch zu groß. Ich fürchte, für so was fehlt mir der Blick.
»Sorry, dass ich dir da nicht helfen kann.«, sagt Nico grade.
»Kein Problem, ich dachte nur…«
»Seit wann interessierst du dich für Kinderklamotten? Ist Nina schwanger?«
»Unbefleckte Empfängnis oder was?«
»Keine Ahnung. Hätte ja sein können…«
»Meine Nichte lebt vorübergehend bei mir«, brumme ich undeutlich und sehe zu ihr rüber. Aber zum Glück hört sie offenbar nicht zu, sondern sitzt wie gebannt vor der Flimmerkiste und schaut ‚Spongebob‘ . Was, nebenbei bemerkt, echt scheiße ist, obwohl der ja angeblich schwul sein soll. Aber was der so von sich gibt, also da ist der klugscheißerische Hase aus dem Buch echt harmlos gegen.
»Du hast eine Nichte?« Nico scheint einigermaßen verwundert.
»Ja, wieso?« Am besten, ich tue so, als sei es das Normalste auf der Welt.
»Ich wusste nicht mal, dass du überhaupt eine Familie hast.«
»Denkst du, ich bin vom Himmel gefallen, oder was?«
»Klar, Gott hatte ein Einsehen, damit die Hamburger Schickeria nicht verhungern muss, und hat das Sperma von Bocuse für medizinische Experimente gespendet.«
»Hahaha…«, mache ich.
»Nein, ernsthaft, du hast's nie erwähnt.«
»Hat sich nie angeboten«, weiche ich aus.
»Und jetzt verbringt sie ihre Ferien bei dir?«
»Nein, sie… vermutlich bleibt sie länger. Ihre Mutter hatte einen Unfall und… na ja, es gab niemanden sonst, bei dem sie bleiben kann.«
»Oh, die Ärmste…«
Ich bin nicht ganz sicher, ob er das jetzt auf die Sache mit ihrer Mutter bezieht, oder darauf, dass sie bei mir geparkt wurde.
»Jedenfalls braucht sie ein paar Klamotten«, sage ich, ohne mir weiter den Kopf darüber zu zerbrechen, wen er jetzt wirklich bedauert. »Und ich dachte, du könntest
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