Koch zum Frühstück (German Edition)
Jeans und etwas dazu… Eine Grundausstattung, sozusagen. Sie ist erst kürzlich zu mir gezogen und… die Sachen, die sie mitgebracht hat, sind ein wenig zu klein«, versuche ich erklärend. ‚Mir ein wenig zu assi‘ ist vielleicht nicht unbedingt eine Information, die dieser Laden hier braucht. Auch wenn es das wohl deutlich besser treffen würde. Aber ein paar der Sachen aus der Kiste sind ihr ja wirklich zu klein, ich muss mir also nicht schlecht vorkommen beim Lügen.
»Na dann schauen wir doch mal, was wir Schönes für die kleine Dame haben.« Der Ton wird jetzt, vermutlich aufgrund meiner ernsthaft klingenden Kaufabsicht, deutlich freundlicher. »Ich bin sofort bei Ihnen.«
Sie legt die restlichen Pullover zurück ins Regal, turnt von der Trittleiter und kommt auf uns zu. Stella beäugt sie misstrauisch und tritt einen halben Schritt hinter mich.
»Hey, komm Stella, wir kaufen dir was zum Anziehen«, versuche ich sie aufzumuntern und schiebe sie in der Hoffnung, dass die Verkäuferin sich schon kümmern wird, wieder zwischen mich und sie.
Ich hoffe, die haben hier auch Sachen, die sie sich weitgehend selbst anziehen kann, denn ich hab' keinen Bock drauf, dass sie hier rumzickt. ‚H&M‘ ist zwar diesbezüglich harmlos gewesen, hat mir aber schon mehr als gereicht.
»Welche Größe trägt sie denn?«, will die Verkäuferin wissen. Irgendwie hatte ich gehofft, das läuft andersrum.
»Oh, ich… weiß nicht«, gebe ich zu. »Ich… hab' nicht so viel Erfahrung damit. Sie ist fünf.« Vielleicht hilft das ja in irgendeiner Weise. In der Kapuzenjacke von ‚H&M‘ steht 6-8. Sie ist ihr ein bisschen zu groß, aber ich habe ja nicht vor, sie in einen Presswurst zu verwandeln, und irgendwie finde ich es niedlich, wenn die Ärmel ein bisschen zu lang sind. Außerdem wachsen Kinder ja, was man so hört…
»Hm… ich denke wohl 110, vielleicht auch 116«, flötet die Verkäuferin aufgesetzt gut gelaunt. »Und eine Jeans, sagten Sie?«
»Ja.« Ich nicke und speichere 110 und 11 6 im Kopf ab.
»Na dann kommen Sie mal mit rüber zu den Mädchensachen.« Sie wendet sich an Stella, als wir ein paar Schritte weiter vor einem Regal mit Kinderjeans stehen.
»Was gefällt dir denn?«
»Weiß nicht«, kommt es beinahe tonlos. »Hase Felix… und noch ‚Hello Kitty‘ .«
» ‚Hello Kitty‘ haben wir hier nicht. Was ist denn deine Lieblingsfarbe?«, lässt die Verkäuferin sich nicht beirren.
»Rosa«, sagt Stella.
Rosa… na super…
»Stella, wir müssen eine Hose kaufen«, erkläre ich, denn seitdem ich dieses fürchterliche Barbie-Shirt aus der Windelkiste gezogen habe und sie mir mit Inbrunst erklärt hat, dass ich das nicht wegschmeißen darf, weil es ihr ‚Lieblings‘ ist, bin ich farbtechnisch nachhaltig traumatisiert. Kann aber auch an dem Badeanzug liegen… oder dem beschissenen Handtuch…
»Wir hätten was in Rosa. In Cord«, klärt mich die Verkäuferin auf. »Das ist jetzt sehr angesagt bei den jungen Damen in diesem Alter. Ganz toll geeignet fürs Frühjahr, tolles Material und beinahe genau so strapazierfähig wie Jeans. Sie sind von ‚Pampolina‘ , das ist eine qualitativ sehr gute Marke. Wir haben hier nur hochwertige Sachen.« Missbilligend schaut sie auf meine ‚H&M‘ -Tüte.
»Hm«, mache ich unbestimmt. Cord klingt wenigstens nicht nach Glitzer.
»Ich zeig' dir die Hose einfach, komm mal mit, Schätzchen.« Sie streckt die Hand nach Stella aus und nach kurzem Zögern greift sie tatsächlich danach. Ich folge den beiden mit einem Schritt Abstand weg vom Jeansregal.
Ein paar Minuten später ist Stella in einer der als Ufo getarnten Umkleidekabinen verschwunden. Zusammen mit der grauenvollen rosa Cordhose, die man, wie ich jetzt weiß, auch mal super im Kindergarten, in den sie noch nicht einmal geht, tragen kann. Außerdem hat sie noch einen dazu passenden, gestrickten Pullover mit Leopardenmuster aus Glitzergarn dabei, dessen Bündchen farblich perfekt zur rosa Hose passen und den ich, genau wie die winzigen Sneakers aus Leopardenfell für 249 Euro, ganz sicher niemals, niemals kaufen werde. Auch wenn sie, auf die Frage, ob sie ihn leiden mag, völlig ergriffen genickt hat. Aber das kann sie definitiv vergessen. Eher werfe ich sie mir brüllend über die Schulter und verlasse fluchtartig den Laden. Ich wusste gar nicht, dass es so was Grauenvolles für Kinder überhaupt gibt. Leopardenmuster ist was für Gogo-Tänzer, gewisse Stunden zu zweit, wenn mindestens einer echt
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