Koch zum Frühstück (German Edition)
Arm hinter mir her. Sie folgt mir kommentarlos und zieht ihre Schuhsohlen dabei über das Pflaster.
»Könntest du vielleicht gehen wie ein normaler Mensch?«, frage ich sie. Ungefähr zehn Schritte lang klappt das auch. Dann schlurft sie wieder… Auch egal. Da vorne ist schon der Laden.
Zwei der fünf Schaufensterpuppen haben in etwa Stellas Größe. Und eigentlich auch ganz nette Sachen an. Eine trägt einen kurzen Jeansrock, den sie mit einer grünen Military-Jacke kombiniert haben, einen bunten Schal und ein Paar ebenso bunte Gummistiefel. Die nächste Jeans, eine Spitzenbluse unter einem grob gestrickten, kurzärmligen Pullover, dazu eine Fellweste, eine Umhängetasche und Chucks.
Die dritte, die ein bisschen kleiner ist als Stella, trägt ein Latzkleid aus Cord, ‚Ugg‘- Stiefel, Ringelstrumpfhosen und eine Jeansjacke. Ohne ‚Hello-Kitty‘ zwar und eher für 149,95 Euro, aber das ist doch mal was. Und das Kleid links unter dem Mantel ist zwar ein bisschen zu groß, aber dunkelblau. Vielleicht gibt es das auch in ihrer Größe für die Beerdigung. Allerdings weiß ich immer noch nicht, ob ich hingehe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Pamela auf meiner nicht erschienen wäre. Höchstwahrscheinlich hätte sie es nicht einmal mitbekommen, wenn ich es gewesen wäre, der den Unfall gehabt hätte Wobei, vermutlich hätte sie auch einen Anruf von irgendeinem Amt bekommen und sich, anders als ich, darüber gefreut. Immerhin wäre sie dann die blöde Schwuchtel los gewesen und hätte nebenbei noch meine Wohnung, das Auto und was ich sonst so habe, geerbt. Ich dagegen darf nur die Beerdigung bezahlen und hab' zu allem Überfluss ihr Kind an meinem schwulen Arsch kleben. Und darauf hätte ich echt verzichten können… obwohl sie ja schon ganz süß ist, irgendwie… Jedenfalls, wenn sie normal läuft und nicht wie ein Spast übers Pflaster schlurft.
Ich denk' noch mal nach über die Sache mit der Beerdigung. Schließlich weiß ich nicht mal, ob Stella diese Sache, dass da ihre Mutter in der Kiste liegt, überhaupt versteht. Aber womöglich nimmt sie es mir irgendwann übel, wenn ich nicht mit ihr hingehe. Ich sollte Nina fragen, ob sie uns vielleicht begleitet. Und ich glaube, einer von Nicos Freunden studiert Psychologie. Vielleicht kann er mir mal seine Nummer geben und ich könnte ihn fragen, was er davon hält.
Oder ich könnte bei der Kinderpsychologin nachfragen, bei der sie sowieso nächste Woche einen Termin hat. Aber am Ende verpetzt die Olle, die mir sowieso nicht grade sympathisch war, mich beim Jugendamt und dann denken sie am Ende noch, ich sei mit einem Kind überfordert und schicken sie doch ins Heim. Und jetzt, wo Mike mit seinen beschissenen Kisten bei seinem noch viel beschisseneren Stevie ist, kann sie auch erstmal bei mir bleiben.
Ich hab' genug Platz und das mit dem Restaurant krieg' ich irgendwie schon hin. Ich hab' Lena, die heute, wenn ich zurück bin, auf sie aufpasst, Nina und dann ist da noch Flo… auch wenn der echt eine schlechte Alternative ist , weil ich ziemlich auf ihn stehe und überhaupt nicht auf diese schüchternen Abschiedsküsschen, die er verteilt. Denn beim nächsten Mal, wenn er das macht, nehm' ich ganz sicher keine Rücksicht auf seine feste Beziehung und den ganzen Scheiß. Von daher ist es wohl besser wenn ich ihm aus dem Weg gehe. Auch wenn Stella ihn wohl wirklich gern hat…
***
Eine Glocke klingelt, als wir den Laden betreten. Hinten in der Ecke ist die Kasse. Die streng aussehende Verkäuferin dahinter, ganz in Schwarz, fühlt sich vom Türsignal offenbar eher nicht angesprochen. Eine etwas jüngere Verkäuferin steht links auf einer Trittleiter und räumt Pullover in einem Schneckentempo, das mich, obwohl es nicht mein Laden ist, echt aggressiv macht, von einem ins andere Regalfach. Beschäftigungstherapie vermutlich. Aber es ist ja auch noch früh. Die meisten Eltern, die sich diese Klamotten hier leisten können, haben vermutlich andere Arbeitszeiten als ich.
»Guten Tag«, sage ich bemüht höflich und klinge dabei ein bisschen wie auf meinen verhassten, abendlichen Runden durchs Restaurant.
»Guten Tag«, kommt es desinteressiert von der Leiter.
»Wir suchen Kinderkleidung.« Wie dämlich, ist schließlich ein Kinderladen.
»Etwas Bestimmtes?« Immer noch sortiert sie Pullover um. Und der Tussi an der Kasse gehe ich wohl komplett am Arsch vorbei. Muss man sich leisten können.
»Na ja, wir dachten so an… vielleicht ein paar
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