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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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roch ihre Haut, ein Duft wie von Maiglöckchen war es, vermischt mit Gänsebraten. Landauer fand diese Komposition umwerfend und ungemein erregend. »Malen Sie nur Blumen?«
    »Ich male alles, was schön ist.«
    »Auch Menschen?«
    »Vor allem Menschen. Ich habe auch schon Bismarck gemalt.«
    »Jesus, so berühmt sind Sie?« rief Ferdinand Jüht. »Den Bismarck!«
    »Nach einer Fotografie. Er weiß nichts davon.«
    »Ick würd' ihm det Bild mal hinschicken. Der Alte hängt's an de Wand, wenn's jut ist. Det trau ick ihm zu!«
    »Sie … Sie arbeiten in der Küche?« fragte Landauer. Er war beinahe traurig, daß Sophie sich wieder aufrichtete und nicht mehr über seine Schulter blickte.
    »Ja. Ich bin Mamsell.«
    »Heute gibt es Gänsebraten, nicht wahr?«
    »Ja! Riecht man das?« Sie schüttelte ihr weites blaues Kleid, als könne sie auf diese Weise den Küchengeruch herausschleudern. »Wenn wir Kohl kochen, ist es besonders schlimm.«
    »Ick muß weiter!« Ferdinand Jüht tippte an den Rand seiner Mütze. »Wenn der Oberjärtner kommt, weeß der sofort, det ick jequasselt un' nich' jearbeitet habe. Jutes Jelingen, Herr Maler …«
    »Danke, Herr Feldwebel.«
    »Det war mal, det kommt nich' wieder. Is bei Sedan jeblieben … Aber 'nen Kaiser ham wir jekriegt. Da hab ick mitjeholfen …«
    Landauer wartete, bis Jüht weit genug weg war, und legte dann seine Palette vor sich ins Gras.
    »Sie müssen auch zurück in die Küche, Mamsell?« fragte er.
    »Wanda hat mir eine halbe Stunde freigegeben. Ich bin seit vier Uhr heute morgen in der Küche. Habe schon gebacken …«
    »Wanda ist der massive Küchendrachen, nicht wahr?«
    »Sie kennen Wanda?«
    »Ich habe sie erlebt, wie sie mit Leo Kochlowsky zusammengestoßen ist. Die Erde bebte.«
    »Sie kennen auch den Herrn Verwalter?«
    Das war ein grober Fehler, dachte Landauer. Das ist mir so herausgerutscht, aber ich hätte das nie sagen dürfen. Wie ihre Augen glänzen! Atmet sie nicht schneller? Oh, du verdammter Leo!
    »Ja«, sagte Landauer knapp. »Glücklich ist der, der ihn nicht kennt!«
    »Hat er Sie auch angebrüllt?«
    »Natürlich. Er kann ja nicht anders.«
    »Warum hat er Sie angebrüllt?«
    »Er hat gesagt … Nein, das kann man nicht wiederholen! Ich hatte ihm eines meiner schönsten Bilder gezeigt …«
    »Und was sagte Leo Kochlowsky?«
    Landauer holte tief Atem und ballte die Fäuste: »›So, wie Sie malen – rotze ich besser …‹« Mit Wohlwollen registrierte er Sophies entsetzten Blick und nickte mehrmals. »Ja, es war gemein. Es hat mich tief in der Seele getroffen. Und zu meinem Freund, dem Dichter, hat er gesagt: ›Wenn mein Zuchteber pinkelt, klingt das melodischer als deine Verse!‹ – Er ist ein völlig amusischer Mensch, dieser Leo Kochlowsky! Ein Greuel!«
    Sophie Rinne schien zu überlegen. Sie kam um Landauer herum, stellte sich hinter die Staffelei und legte das Kinn auf den oberen Keilrahmen des Rosenbildes. Es war ein Anblick, vor dem Landauer hätte auf die Knie sinken mögen. Bleib so, dachte er ergriffen, bleib so eine Minute nur. Ich brenne es in mein Herz ein, ich will es nie mehr vergessen.
    »Könnten Sie mich auch malen?« fragte Sophie.
    Landauer faltete die Hände. »Ich würde mein Leben hergeben, für dieses Bild ein Leonardo zu sein. Aber ich bin nur ein Louis Landauer aus Nikolai …«
    »Und ich habe kein Geld dafür …«, sagte Sophie leise.
    »Ein solches Bild malt man nicht für Geld. Wer kann Seele und Herzblut bezahlen?« Landauer war es zumute, als sei er nicht mehr von dieser Welt. Mit Frauen hatte er nicht viele Erfahrungen gesammelt, seine wenigen Liebschaften endeten immer tragisch, mit Tränen und Selbstmorddrohungen, weil es jedesmal die große Liebe gewesen war, die von einer anderen großen Liebe abgelöst wurde. Der augenblickliche Zustand war ihm völlig fremd. Er wußte nur, daß von dem Moment an, wo Sophie wieder in die Küche zurückmußte, die Welt leer sein würde und daß ihn kalte Einsamkeit umgab ohne ihren Anblick. »Sie würden mir wirklich Modell sitzen?« stotterte er.
    »Ja.«
    »Wanda wird Feuer spucken!«
    »Sie wird dabeisitzen und aufpassen. Oder der Leibkutscher Reichert. Oder der Leibjäger Wuttke. Einer wird immer dabeisein und auf mich aufpassen.« Sophie lächelte madonnenhaft, aber ihre Augen blitzten. »Sie wollen alle für mich Vater und Mutter sein. Dabei bin ich alt genug. Schon sechzehn …«
    »Schon sechzehn …« Man muß diesen Kochlowsky wirklich erschlagen, dachte

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