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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Freiherrischen Rinderzucht festgestellt, daß die Felle von zwei totgeborenen Kälbern nicht abgeliefert worden waren, sondern einfach verschwunden blieben. Keiner wollte sie genommen haben. Das war ein schöner Anlaß für Hammerschlag, seine Machtvollkommenheit wieder einmal zu demonstrieren. Er strich allen Angestellten der Rinderzucht das Milchdeputat und das Recht, einmal im Monat zu buttern.
    »Lutscht die geklauten Häute aus!« hatte er geschrien. »Was heißt hier Abfall-Felle? Bei mir gibt es keinen Abfall – außer euch!«
    Mit Zähneknirschen, aber wehrlos nahmen die Arbeiter das hin. Aufbegehren hieß Arbeitslosigkeit, und wenn auch das Kaiserreich jetzt seine Blüte erlebte und nach 1871 einen Aufschwung ohne Beispiel nahm, in Herzogswalde drehten sich die Räder immer noch langsam, und sie drehten sich nur durch den Baron von Finck. Das hieß: Ohne Hammerschlag sah das tägliche Leben noch trostloser aus. Oder man müßte wegziehen in die neuen Industriegebiete und in den Kohlebergwerken, Erzschmieden, Maschinenfabriken und Hüttenwerken arbeiten. Die Heimat verlassen wegen Hammerschlag? Dann sich schon lieber ducken und die Lippen zusammenpressen.
    »Ah, Sie sind zu Besuch gekommen!« rief Hammerschlag, als er Kochlowsky in der Wohnstube sitzen sah. »Und Sie haben sich schon bedient, wie ich sehe. Recht so, Leo … Fühlen Sie sich wie zu Hause …«
    »Mögen Sie Schokolade, Willibald?« fragte Kochlowsky mit dunkler Stimme.
    »Ab und zu. Wenn mir danach zumute ist. Im Augenblick sehne ich mich nach einem guten Schnaps.«
    »Sie werden Schokolade essen …«
    »Heute nicht.«
    »In wenigen Augenblicken.«
    »Was ist denn mit Ihnen los, Leo?« Hammerschlag kam näher und sah erst jetzt die große Tafel Schokolade, zerbrochen und wieder zusammengesetzt, auf dem Tisch liegen. »Sie haben etwas mitgebracht? Gut, ich will Ihnen den Spaß nicht verderben.«
    »Es stimmt doch, daß Sie meiner Tochter Wanda eine Tafel mitgebracht haben …«
    »Ja! Eine süße Kleine. Für ihr Alter sehr aufgeweckt.«
    »Es stimmt auch, daß Sie die ganzen Taufnamen erfahren haben: Wanda Eugenie Emma.«
    »Was soll das, Leo?!« Hammerschlag hob die bulligen Schultern.
    »Ich bringe Ihnen die Schokolade zurück. Die doppelte Portion, gewissermaßen mit Zinsen. Ich brauche Ihre Schokolade nicht …«
    »Was reden Sie da für einen Unsinn, Leo?«
    »Wie heißt Ihre Mutter richtig?«
    Hammerschlag erkannte plötzlich, daß er sich in einer sehr gefährlichen Lage befand. Er stellte sich fest hin, mit gespreizten Beinen, ein Bild von Kraft und Widerstand.
    »Emma …«, sagte er laut.
    »Sie lügen!« Kochlowsky erhob sich von seinem Stuhl. Hammerschlag zog den Kopf tiefer in seine breiten Schultern. Seine Augen verengten sich.
    »Leo, machen Sie keinen Blödsinn«, sagte er gepreßt. »Und die Lüge nehmen Sie zurück …«
    »Ich denke nicht daran! Sie lügen … lügen!« Kochlowskys Stimme schwoll zu der dröhnenden Stärke an, gegen die es keine Gegenwehr mehr gab. »Wie hieß Ihre Mutter?«
    »Sie Idiot! Emma!« brüllte Hammerschlag zurück.
    Dann ging alles schneller, viel schneller, als es Hammerschlag erwartet hatte und er imstande gewesen wäre, sich dagegen zu wehren. Mit einem Griff in den Nacken, der Hammerschlag sofort die Blutzufuhr zum Gehirn abschnürte, zwang Kochlowsky seinen Gegner in die Knie. Japsend, mit weit aufgerissenem Mund, kniete er vor dem Tisch, und als er die Arme hochreißen wollte, verstärkte sich der unheimliche Druck auf seine Halsschlagadern.
    »Das ist ein Griff, mit dem man bei uns im Winter die Wölfe abwehrte, wenn man nichts anderes zur Hand hatte«, sagte Kochlowsky rauh. »Es hat in Herzogswalde jemand erzählt, ich könne aus der Hand fressen. Ich habe es noch nicht versucht, aber ich möchte sehen, ob das möglich ist.« Er griff in die Tafel Schokolade, nahm eine Handvoll der gebrochenen Stückchen und hielt sie Hammerschlag unter den Mund.
    »Friß …«
    Hammerschlags Augen quollen hervor. Er versuchte mit einem Ruck, sich aus dem schrecklichen Griff zu befreien, aber wie Eisenklammern lagen die Finger Kochlowskys an seinen Halsschlagadern.
    »Friß!« knurrte Kochlowsky noch einmal. »Heute ist mein Schokoladentag.« Er preßte die Hand mit der Schokolade gegen Hammerschlags Mund, und um nicht zu ersticken, riß dieser den Mund auf und schluckte die durch die Körperwärme aufgeweichten Stückchen. Kaum aber hatte er sie in der Mundhöhle, spuckte er sie auch schon wieder

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