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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer Fuhre Weizen.«
    »Das muß ich Hammerschlag sagen. Genau so!«
    »Er wird Sie blöd anstarren, Herr Baron.« Kochlowsky lachte dunkel auf. »Und ja keinen Ton, daß Sie das alles von mir erfahren haben. Eher sät Hammerschlag Steine auf die Felder, als einen Rat von mir anzunehmen!«
    So war das nun in Herzogswalde im Jahre 1896. Wanda, Kochlowskys Älteste, war sieben und besuchte die Schule, ein schmales Kind mit dem zarten Körperbau der Mutter und den dunklen Haaren und den fast schwarzen Augen des Vaters. Sie war in vielem nach ihm geraten, zum Beispiel, wenn sie vor Zorn weinen konnte oder ihre Freundinnen dumme und lahme Enten nannte. Sie spielte auch viel lieber mit Jungen, kletterte mit ihnen auf die Bäume, lauerte Hasen auf, planschte in den Teichen und fing in den Bächen Forellen mit der Hand.
    Kochlowsky war stolz auf seine Tochter Wanda. Allen Protesten von Sophie zum Trotz nannte er sie ›Mein Junge‹, und als das zweite Kind ebenfalls ein Mädchen wurde, nämlich Jenny, verstärkte sich das noch. Er nahm Wanda zum Frühschoppen mit nach Herzogswalde, wo sie neben dem Oberlehrer, dem Pastor, dem Schmied, dem Apotheker und dem Malermeister auf einer Holzbank an der Wand hockte, ein Malzbier bekam und zuhörte, wie Papa stets anderer Meinung war als die versammelte Tischrunde. Und Papa hatte immer recht – so blieb es in ihrem kleinen Hirn haften. Was Papa sagt, das stimmt! Meist war auch Jacky, der Spitz, mit von der Partie, und wenn sie dann an einem sonnigen Sonntagmittag durch das herrliche Land nach Hause wanderten, der Hund vorneweg, Wanda in der Mitte, immer in Bewegung, und Kochlowsky würdevoll hinterdrein, dann war das ein Bild zutiefst zufriedenen Bürgertums.
    Wanda war auch die einzige, die bei Reckhardt im Sattel bleiben durfte. Zum erstenmal – sie war damals fünf Jahre alt gewesen – hatte das Pferd die Kleine beschnuppert, und als Kochlowsky sie in den Sattel gehoben hatte, stand der Gaul ganz steif da und ließ nur die Ohren spielen. Dann machte er an der Hand seines Herrn einige Runden vor dem Stall und schnaubte, als Wanda vor Freude quietschte. Es war, als erkenne das Pferd den Gleichklang von Vater und Tochter.
    Das änderte sich jedoch schlagartig, als im Jahr 1894 ein Junge zur Welt kam. Eine schwere Geburt war es gewesen, das kleine Frauchen hatte über 20 Stunden in den Wehen gelegen, und der alte Doktor aus Herzogswalde hatte immer wieder gesagt: »Ich verstehe das nicht. Ich verstehe das nicht. Bei einer Drittgeburt solche Schwierigkeiten. Was soll man da machen?!«
    »Nicht in die Hosen!« hatte Kochlowsky gebrüllt. »Mein Viehdoktor in Pleß war ein Gigant gegen Sie! Was haben Sie eigentlich studiert? Zäpfchen in den Hintern drücken – ist das alles, was Sie können?«
    In Herzogswalde regte so etwas niemanden mehr auf, auch nicht den alten Arzt. Man kannte Kochlowsky nun einige Jahre, und daß er Hammerschlag halbwegs zur Räson gebracht hatte, vergaß man ihm nie. Anders als in Wurzen hatten die Herzogswalder schnell begriffen: Jetzt brüllt er … aber in zehn Minuten kann man ihm erzählen, daß die Großmutter im Sterben liegt, und am nächsten Tag, wirklich, kommt er zu Besuch, und Großmutter erlebt noch einmal eine ehrenvolle Stunde.
    Als der Junge endlich auf der Welt war – er hieß Leo, darüber gab es gar keine Diskussion mehr –, sah es so aus, als solle Sophie ihnen genommen werden. Wachsbleich, wie blutleer, das schmale Köpfchen kaum noch erkennbar in den Kissen, einer Puppe gleich, lag sie noch Stunden später unbeweglich und flach atmend da, und Kochlowsky hockte auf der Bettkante, hielt ihre kleine, kalte Hand und weinte still vor sich hin.
    »Das Heulen hilft nun auch nichts!« sagte der Doktor, als die Hebamme Kochlowsky endlich aus dem Schlafzimmer verjagt hatte. Er saß in seinem geliebten Ohrensessel, trank ein Bier und stierte den Arzt an. »Schreiben Sie sich lieber ins Herz: Schluß jetzt! Das war das letzte Kind. Drei sind genug für eine zarte, zerbrechliche Frau. Hören Sie mich, Kochlowsky? Schluß! Bei der nächsten Schwangerschaft klage ich Sie des Mordes an. Jetzt haben Sie ihren Jungen.«
    »Wird … wird Sophie überleben?« stammelte Kochlowsky.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Natürlich. Wie konnte ich das fragen? Sie wissen ja gar nichts.«
    »Wenn sie überlebt, sollten Sie nach Dresden in die Klinik fahren.«
    »Warum das denn?«
    »Um sich kastrieren zu lassen.«
    Kochlowsky seufzte, nahm einen Schluck Bier und

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