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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinterhältiger Bibeljubler! Und wenn du jetzt denkst, ich ziehe betroffen von dannen – Irrtum, mein Sprücheklopfer!
    Kochlowsky kam zurück, nahm sich aus der Ebenholzkiste eine neue Zigarre, steckte sie in seine obere Rocktasche und nickte Maltitz provozierend zu. »Danke, Herr Pfarrer! Sie sind ein guter Hirte, Sie kennen die Wünsche Ihrer Schafe!«
    Durch das Fenster blickten Maltitz und Johanna Klaffen dem Einspänner auf dem Nachhauseweg nach. Es hatte leicht zu schneien begonnen, ein lautloses Rieseln dicker Flocken. Kochlowsky spannte trotzdem nicht das Klappverdeck auf, in seinem pelzverbrämten dicken Mantel saß er wie eine Statue auf dem Bock.
    »Ein schrecklicher Mensch!« sagte Johanna Klaffen leise und lehnte sich an Maltitz.
    »Mag sein, aber auch er hat eine Seele.«
    »Wo?«
    »Das zu entdecken wird Gott uns helfen …«
    Zunächst aber sah es nicht danach aus. Kochlowsky machte einen kleinen Umweg durch die Stadt, hielt bei dem Krämer Martin Lobsam und stürmte in den Laden, bevor dieser ins Hinterzimmer entweichen konnte. Außerdem waren sechs Kunden im Geschäft, die bedient werden wollten.
    »Hier!« dröhnte Kochlowsky und warf des Pfarrers Dresdener Zigarre über die Theke dem vor Wut und Beschämung erbleichenden Lobsam ins Gesicht. »Die können Sie sich in den Hintern stecken … damit rauchen Sie ja Ihre Zigarren!«
    Am Abend hatte das in ganz Wurzen die Runde gemacht. Johanna Klaffen brachte es aufgeregt ins Pfarrhaus und rang die Hände.
    »Er hat's getan!« jammerte sie. »Dieser Teufel! Deine Zigarre hat er dem Lobsam ins Gesicht geworfen und – nein, man kann es nicht aussprechen, Frau Lobsam hat einen Weinkrampf erlitten …«
    »Er ist jetzt fünf Monate in Wurzen«, sagte Maltitz, doch etwas betroffen von Kochlowskys Unbeherrschtheit. »Ich glaube nicht, daß daraus noch einmal fünf Monate werden. Ein Jammer um die kleine Frau Sophie …«

V
    Die Taufe war ein Ereignis für Wurzen.
    Nicht der Sonntagsgottesdienst mit anschließender Taufe, sondern die Feier im besten Haus von Wurzen, dem Hotel ›Stadt Leipzig‹. Dort hatte Kochlowsky den kleinen Saal gemietet, nachdem Louis Landauer festgestellt hatte, daß er eine kleine Bühne enthielt, auf der ein Theaterverein Weihnachtsmärchen, vaterländische Stücke und sogar Schillers ›Räuber‹ spielte.
    Die Verwandten und Freunde aus Pleß trafen als geschlossene Gruppe in Wurzen ein. Sie belegten drei Zugabteile, stopften die Gepäcknetze mit Koffern, Taschen, Kartons und Säcken voll, und es war selbstverständlich, daß auch lebendes Vieh mitreiste. Wanda und Jakob Reichert hatten in einer durchlöcherten Holzkiste ein Ferkelchen dabei, und der Leibjäger Ewald Wuttke transportierte in einem Spankorb einen jungen Truthahn nach Wurzen. Das war ein Quieken, Schreien und Gurren, aber man hatte ja drei Abteile für sich. Nur einmal gab es Streit, als das Ferkelchen aus dem Gepäcknetz und durch die Löcher in der Kiste auf Eugen Kochlowskys Schulter pinkelte und man den Rock auf der Toilette auswaschen mußte. Eugen zog hierauf in ein anderes Abteil.
    Am Bahnhof von Wurzen wurden sie von zwei Kremsern abgeholt, das sind große, überdachte Gesellschaftswagen, in denen sich die Fahrgäste auf Bänken gegenübersitzen. Die Kremser waren mit bunten Papiergirlanden geschmückt, die aber jetzt traurig und schlaff herunterhingen, denn es schneite wieder.
    Die Begrüßung war herzlich, man umarmte und küßte sich, und Leo sagte zu seinem Bruder Eugen:
    »Mein Gott, du bist ja noch fetter geworden.«
    Das war wie immer, wenn Kochlowsky etwas sagte, die brutale Wahrheit. Eugen Kochlowsky schwamm auf einer Erfolgswoge. Nach seinem ersten Roman im Oberschlesischen Tagblatt hatte er ein zweites Buch geschrieben, das seit drei Monaten gedruckt und gebunden in den Buchhandlungen lag und sich rasend verkaufte. Das Thema war auch ganz nach dem Herzen der vor allem weiblichen Leser: Eine Gräfin liebt einen Bauernburschen und wird von ihm geschwängert. Der Graf kommt dahinter, erschießt den Bauernburschen auf einer Pirsch, und die Gräfin springt darauf mit ihrem ungeborenen Kind von der Brücke in den Fluß. – Eine Tragödie, die Tränenfluten auslöste. Und Tränen verkaufen sich immer gut.
    Eugen Kochlowsky, über dreißig Jahre am Hungertuch nagend, fraß nach Einsetzen der Honorare in sich hinein, was gut und teuer war. Als pumpe man ihn auf, wurde er in kürzester Zeit so dick, daß er nur noch breitbeinig gehen konnte, und da er

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