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Kochwut

Titel: Kochwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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»Wir haben dich im Fernsehen gesehen!«
    »Mich?«, fragte Georg verblüfft.
    »Ja!«, ertönte ein mehrstimmiger Chor, und alle Mädchen bestätigten mit einem eifrigen Nicken.
    »Wo denn?«
    »In den Nachrichten auf TVX Kabel. Du warst bei Lebouton, und wir dachten, wir sehen dich auch gleich in der Show.«
    »Die Sendung ist nicht live, die wird immer Wochen vorher aufgezeichnet«, sagte Georg Angermüller zerstreut und fragte sich, wer ihn wann auf Güldenbrook gefilmt haben könnte. TVX Kabel war der Sender, auf dem auch die Lebouton-Show lief.
    »Nö Papa! Das ist bestimmt eine Live-Sendung. Das sagen die doch auch immer«, widersprachen die Mädels voller Überzeugung. Ihr Vater war nicht in der Stimmung, mit ihnen darüber zu diskutieren. Auf dem Tisch vor dem Sofa fand sich eine bunte Ansammlung leerer Behältnisse aus dem China-Imbiss, bunter Verpackungen von Süßem und Knabberkram, sowie zwei riesige Colaflaschen, fast leer.
    »Sagt mal, ich hatte doch ausdrücklich gesagt, ihr sollt euch keine Cola zum Essen bestellen? Und was sehe ich hier?«
    »Wir haben überhaupt keine Getränke zum Essen bestellt, weil wir ja genug Apfelsaft und Mineralwasser hier haben«, sagte Julia gehorsam. »Die Cola haben Louise und Maike mitgebracht.«
    Georg wusste, dass Astrid da bestimmt anderer Meinung war, aber er sah keinen Sinn darin, jetzt über die Gefahren des Konsums der braunen Brühe zu dozieren.
    »Okay Kinder, es ist gleich 23 Uhr. Ich glaube, das reicht für heute mit dem Fernsehen. Jetzt beseitigt bitte noch euren Müll und dann ab nach oben!«
    Die Mädchen, offensichtlich erleichtert, ohne größeres Donnerwetter davonzukommen, machten sich eifrig ans Aufräumen, schielten nur ab und zu noch im Vorübergehen bedauernd auf den Bildschirm und hatten bald alle Spuren ihrer Pyjamaparty beseitigt. Georg gestand sich ein, dass auch er erleichtert war. Erleichtert darüber, dass er vor Astrid nach Hause gekommen war. Denn natürlich hätte sie ihn und seine Unzuverlässigkeit für die im Grunde ja harmlosen Sünden der Kinder verantwortlich gemacht. Auch wenn er berechtigterweise eingewendet hätte, dass er diesmal wirklich nichts dafür konnte, da er durch die Arbeit an einem aktuellen Fall verhindert gewesen war, hätte das wohl nichts genutzt. Im Gegenteil. Die Tatsache, dass es sein Beruf war, der oftmals bei ihren familiären Absprachen dazwischenfunkte, schien sie nur noch mehr zu verärgern, da es dagegen kein stichhaltiges Argument gab.
    »Wie gut, dass es immer berufliche Termine gibt, die du vorschieben kannst«, hätte sie wahrscheinlich geantwortet.
    Die Kinder waren nach oben verschwunden, und nur noch ab und zu ertönte das alberne Kichern und laute Lachen. Georg Angermüller saß erschöpft auf dem Sofa und sah zu, wie Anatol Nudelteig knetete, ihn dünn ausrollte und für Köche und Kandidaten in Portionen teilte. Der eine nahm ein großes Stück davon und füllte es mit koriandergewürztem Spitzkohl und Schweinehack, während sein Mitbewerber eine mit Zitronengras aromatisierte Krebsfüllung in Cannelloni bastelte. Lebouton und Kollegen werkelten ihrerseits an der Küchenzeile an unterschiedlichen Pastagerichten. Dazwischen immer wieder Alix Blomberg, die von einem zum anderen eilte und über enthäutete Tomaten, zerstoßene Koriandersamen und die Elastizität von reifer Haut und Nudelteig plauderte, offensichtlich bemüht, witzig, ja geistreich zu sein.
    Wieder fragte sich Georg Angermüller, was die Leute daran wohl so faszinierend fanden, anderen beim Kochen zuzusehen, noch dazu, wenn das meiste bereits gewaschen, vorgeschnitten, mariniert war und vor der Kamera nur noch zusammengemischt und gegart wurde.
    Er für sein Teil kochte lieber selbst und am liebsten allein. Kochend in einer Fernsehsendung aufzutreten, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Wenn er zwischen Töpfen und Pfannen, Tellern und Tiegeln in seiner Küche neue Rezepte ausprobierte, fremden Geschmackskompositionen nachspürte und das Ergebnis tatsächlich seinen Erwartungen entsprach, das war für ihn eine Form von Glück, ein stilles Glück, das er am liebsten allein genoss. Erst wenn er das gelungene Werk dann auf den Tisch brachte, freute er sich über Publikum und Kritik. Und dieses Publikum bestand meist aus Freunden, denen er etwas Gutes tun wollte. Die anderen verwöhnen, ihnen einen besonderen Abend bereiten – das war für ihn das Wichtigste, so verstand Georg seine Rolle als Koch und Gastgeber.
    Plötzlich

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