Kochwut
gleich hinter Schwartau angefangen.«
Kurz vor der Ortseinfahrt von Eutin gerieten sie in einen kleinen Stau, und Jansen bog nach rechts ab, weil er glaubte, einen Schleichweg zu kennen. Doch dann verfransten sie sich völlig. Zehn Minuten später fuhren sie endlich auf den Parkplatz der Klinik, die nicht weit vom Kleinen Eutiner See entfernt lag.
Maja Graflinger war immer noch ziemlich blass und klagte über leichte Übelkeit, aber sonst fühle sie sich ganz gut, meinte sie, und wolle so schnell wie möglich das Krankenhaus verlassen.
»Dass Sie etwas Verdorbenes gegessen haben gestern, können Sie ausschließen?«, fragte Angermüller.
»Völlig. Ich hatte überhaupt keine Zeit und nur auf der Fahrt hierher ein Croissant gegessen. Und ich war auch nicht beim Japaner, wenn Sie das meinen. Die Ärztin hat mir das mit den Symptomen der Fugu-Vergiftung schon erzählt.«
»Haben Sie denn irgendeine Erklärung, was es dann gewesen sein könnte?«
»Na ja, schon«, nickte Maja Graflinger.
»Ach, und was wäre das?«, fragte Angermüller gespannt.
»Ich habe gestern Nachmittag wie gewohnt meinen Magentee getrunken, den mir Patricia hingestellt hat. Ich bin immer ein wenig nervös vor diesen Fernsehauftritten, und das schlägt mir auf den Magen.«
»Patricia Hennig etwa?«
Jansen schien erstaunt.
»Patricia, die Praktikantin. Ich weiß gar nicht ihren Nachnamen. Die stellt mir immer eine Thermoskanne mit meinem Tee hin. Ein Päckchen davon ist im Schrank in der Gesindeküche im Kavaliershaus.«
»Als man Sie gefunden hat, stand da keine Thermoskanne mehr, auch keine Tasse. Wusste sonst noch jemand von diesem Tee?«
»Nicht dass ich wüsste. Früher hat sich immer Patricias Vorgängerin darum gekümmert und seit ein paar Monaten Patricia.«
»Das heißt, als Sie in die Garderobe kamen, stand die Kanne mit dem Tee schon bereit?«, wollte Angermüller wissen.
»Ja, so wie immer.«
»Es könnte also auch jemand noch etwas in Ihren Tee getan haben, nachdem die Praktikantin ihn zubereitet hatte?«
»Was soll ich dazu sagen? Wahrscheinlich. Die Garderobe ist nicht abgeschlossen, und jeder kann da rein. Die Maskenbildnerin schwirrte auch irgendwo anders herum und kam erst, als ich schon da war. Und ich habe sie gleich wieder weggeschickt, weil ich mich lieber selbst schminke. Hat allerdings etwas gedauert, bis das neue Mädel das kapiert hat.«
»Ist Ihnen denn sonst nichts aufgefallen?«
»Vielleicht hat der Tee gestern ein wenig bitterer als sonst geschmeckt – ich kann mich leider nicht mehr so genau erinnern.«
»Tja, und wer …?«
Angermüller ließ die Frage unvollendet.
»Wer es gewesen sein könnte? Keine Ahnung. Mit den Kollegen und dem Team beim Drehen auf Güldenbrook ist es immer ausgesprochen nett. Dass jemand von denen auf die Idee kommen könnte, mir Gift in den Tee zu schütten, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.«
Maja Graflinger schüttelte den Kopf.
»Ich bin ja auch ein ausgesprochen harmloser Mensch. Ich kann eigentlich mit jedem, das Publikum mag mich. Ich wüsste wirklich nicht …«
Hilflos hob sie die Schultern und zeigte den Beamten ihr breites Lächeln.
»Verstehe«, sagte Angermüller und wunderte sich ein wenig. Die beiden Kommissare verabschiedeten sich kurz darauf von Maja Graflinger, die am Nachmittag unbedingt bei der Aufzeichnung von ›Voilà Lebouton!‹ wieder dabei sein wollte, gegen den Ratschlag der sie behandelnden Ärzte. Aber die Graflinger würde sich durchsetzen, davon war Angermüller überzeugt. Bevor die Kommissare die Klinik verließen, sprach die Ärztin vom Vortag sie an und bekräftigte ihre Annahme, dass Blauer Eisenhut die Vergiftung hervorgerufen habe, zumal der Tee, von dem die Patientin erzählt habe, ja geradezu ideal gewesen sei, um das Gift unbemerkt beizumischen.
»Kommt man denn so einfach ran an dieses Zeug?«, erkundigte sich Jansen.
»Wenn Sie sich mit Kräutern auskennen und Urlaub in den Bergen machen, können Sie den Eisenhut auf der Alm selbst ernten. In der Apotheke bekommen Sie es nur auf ärztliche Verordnung. Ist eigentlich ein tolles Mittel gegen Neuralgien, Entzündungen, Fieber, sogar gegen Rheuma soll es wirksam sein. Nur eben in falscher Dosierung …«
Draußen auf dem Klinikparkplatz murmelte Angermüller kopfschüttelnd:
»Findest du das nicht auch erstaunlich, wie sehr man mit seiner Selbsteinschätzung manchmal danebenliegen kann?«
»Wieso?«
Angermüller zeigte nur mit dem Daumen hinter sich, wo die
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