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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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die vermutlich die letzte Neuinvestition in diesem Geschäft gewesen war, so um 1978 herum. Misstrauisch beäugte er den Neuankömmling, der ihn vom Lesen abhielt. Nur ganz langsam dämmerte ihm offenbar, dass das Gesicht in der Tür ein vertrautes war.
    »Auch mal wieder da?«, begrüßte er Marius. »Ewiger Student, was? Geht das heute überhaupt noch mit den ganzen Studiengebühren? Kostet doch alles heutzutage.«
    »Deswegen habe ich es auch aufgegeben«, entgegnete Marius.
    »Und jetzt fährst du Taxi?«
    »Jetzt bin ich Privatdetektiv.«
    »Privatdetektiv? Ha! So wie Sam Spade? Und wo ist dein Trenchcoat?« Der Antiquar war von seinem Stuhl aufgesprungen und fuchtelte wild mit den Armen. Dann griff er hinter sich in ein Regal. »Hier habe ich genau das richtige Buch für dich!« Er legte ein abgegriffenes Taschenbuch vor Marius auf die Theke neben die Kasse. Marius nahm es höflich auf und gab dem Mann hinter der Theke den abgegriffenen Krimi mit dem schwarzgelben Cover zurück.
    »Kenne ich schon. Aber danke. Eigentlich brauche ich auch etwas anderes. Gibt es irgendein Buch, das sich mit den Beständen Kölner Museen im Zweiten Weltkrieg beschäftigt? Wo waren zum Beispiel die Bilder aus dem Wallraf-Richartz-Museum während des Krieges? Gibt es Auskünfte darüber, ob und wenn ja wann Bilder verloren gegangen sind, hat jemand nach ihnen geforscht?« Der Antiquar rieb sich das spitze Kinn, den Ellenbogen auf den Tresen gestützt. Er sah aus wie ein grauer Vogel, der bewegungslos auf Beute lauerte. Dann schnippte er mit den Fingern und sprang auf.
    »Ein Buch, das ich habe, könnte dir weiterhelfen, komm mal mit!« Mit storchenartigen Schritten überstieg er Bücherstapel auf dem abgewetzten grünen Nadelteppichboden und eilte vor Marius her, der ihm, die Bücherstapeln unsicher umgehend, folgte. In der hinteren Hälfte des schmalen Ladens bog der Storch zwischen zwei Regalen ab, schnappte sich noch im Vorbeigehen einen braunen Tritthocker aus Plastik, um in einem oberen Regalfach ein schweres, in einen Leinenumschlag gefasstes Buch herauszuziehen. Er hielt es Marius hin, der danach griff.
    Der Buchdeckel war unbedruckt, Marius schlug das Buch auf und schaute auf die erste Seite. ›Kunst im Bombenhagel‹, offenbar eine Dissertation an der Universität in Bonn aus dem Jahre 1982. Marius schlug das Inhaltsverzeichnis auf, suchte es mit dem Finger ab und fand rasch das richtige Kapitel mit dem trockenen Titel ›Auslagerung und Sicherung der Bestände des Wallraf-Richartz-Museum 1940-1945‹. Er schlug das Kapitel auf und vertiefte sich an Ort und Stelle in den Text.
    Der Antiquar stand immer noch oben auf seinem Tritthocker und schaute zu Marius hinab. Er hüstelte, doch Marius hörte ihn nicht. Der graue Mann hüstelte erneut, dieses Mal deutlich lauter. Marius blätterte ungerührt weiter. Das war es, was er suchte.
    »Ich bin keine Leihbibliothek, junger Mann. Du kannst das Buch auch kaufen.« Marius nickte und folgte dem Mann auf seinem Weg zurück zum Tresen. Dieses Mal gingen beide zu Marius’ Erleichterung deutlich langsamer. Der graue Vogel hatte seine Beute gemacht und wirkte satt und zufrieden. Marius ebenfalls, weil er auf eine Quelle gestoßen war, die ihm einen neuen Hinweis bringen würde. Endlich! Für zwölf Euro nahm Marius das Buch mit. Auch wenn er streng genommen ohne Auftraggeber arbeitete, ließ er sich eine Quittung ausstellen. Sehr zum Unwillen des Antiquars, der sich für das Heraussuchen des Quittungsblocks und das Schreiben der Quittung ausgiebig Zeit nahm. Zeit, die manche Kunden wohl zum Anlass nahmen, auf eine Quittung zu verzichten. Nicht so Marius. Eine Tüte allerdings konnte der Mann dann nicht mehr entbehren.
    Mit dem Buch unter dem Arm und der Quittung als Lesezeichen verließ Marius den Laden. Zum Abschied klingelten die Glöckchen. Der graue Vogel hatte seinen Platz hinter der Kasse wieder eingenommen.
    Schräg gegenüber dem Antiquariat entdeckte Marius ein Café. Hier setzte er sich in einen roten Kunstledersessel und blätterte das Kapitel zügig durch. Einiges wusste er bereits. Manches hatte ihnen auch Malven so ungefähr schon gesagt. Auf den eigentlichen Schatz stieß Marius im Anhang auf den letzten Seiten des Buches.
    Eine Kellnerin schreckte ihn aus seinen Gedanken. Da Marius aber bereits erledigt hatte, weswegen er in das Café gekommen war, lächelte er nur freundlich und ging. In seiner Hand das Buch, darin eine Kopie des Übergabeprotokolls, das erstellt

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