Kölner Kreuzigung
Bergkamp.
Paula Wagner ergriff das Wort. »Vielleicht war er es und ahnt, dass wir ihm auf der Schliche sind. Möglicherweise setzt ihm der Mord an seinem Chef aber auch wirklich zu. Mit dem Bild aus dem Arbeitszimmer hat er allerdings einen interessanten Aspekt hereingebracht.«
»Wenn es Hochkirchens Arbeitszimmer war«, murmelte Bergkamp.
»Mir erscheint er höchst verdächtig. Um es einmal deutlich zu sagen. Kommt hier rein mit dieser abenteuerlichen Geschichte. Wenn Sie mich fragen, der Mann hat Panik, und die hat er, weil er sich entdeckt glaubt. Da stimme ich hundertprozentig mit Ihnen überein, Frau Wagner. Haben wir andere Spuren?« Bergkamp zuckte mit den Achseln. »Was ist mit dieser Geschichte aus der Kneipe?« Paula Wagner schüttelte leicht den Kopf.
»Dieser Matteo Lucca scheidet als Täter aus. Die Kollegen von der Streife haben ihn aufgegriffen und ins Präsidium gebracht. So wie er hinkt, nagelt der niemanden an ein Kreuz.«
»Also ist Marius Sandmann die beste Spur, die wir haben. Was uns fehlt, ist ein Motiv.«
»Und Beweise«, ergänzte Wagner.
»Die müssen Sie uns beschaffen. Vielleicht gab es Streit in der Detektei, vielleicht wollte Brock ihn rausschmeißen? Dann hätte der junge Mann gar nichts mehr. Studium abgebrochen, Job verloren.«
»Was ist eigentlich mit der Tochter?«
»Sie meinen, er hatte etwas mit ihr, Bergkamp?«
»Wäre doch denkbar.«
»Und Big Daddy war dagegen.« Stein hielt sich den Zeigefinger ans Kinn, eine Geste, die Nachdenken ausdrücken sollte. Paula Wagner war sich allerdings nicht ganz sicher, ob Stein tatsächlich jemals nachdachte. Sie wiederholte einen Gedanken, den sie vor ein paar Tagen schon einmal hatte.
»Was ist, wenn er recht hat?«
»Hören Sie auf, die Geschichte ist abstrus und lächerlich!«
»Eben deswegen. Wenn er uns einen Bären aufbinden wollte, würde er eine einfachere Geschichte erzählen.«
»Wenn er klug wäre, ja«, wandte Bergkamp ein, »aber du sagst selbst immer, dass die meisten Verbrecher vor allem eins sind: dumm.«
Draußen vor der Tür des Polizeipräsidiums stand Marius Sandmann in der Kälte und zog sich die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf. Die Polizisten und der Staatsanwalt hatten ihm kein Wort geglaubt. Er würde selber weitersuchen müssen. Daran führte kein Weg vorbei.
»Hast du denn auch einen Ausweis?« Marius zeigte Verena Talbot seine Lizenz, obwohl er wusste, dass sie die Karte nur aus Neugier sehen wollte, nicht weil sie an seiner Tätigkeit zweifelte. Sie nahm sie ihm mit perfekt manikürten und lackierten Fingern aus der Hand und betrachtete sie ausgiebig. »Ich hab so etwas noch nie gesehen. Interessant.« Sie lächelte Marius an und reichte ihm die Karte über den Tisch. »Wir sind doch noch per du, oder?«
Marius nickte und steckte die Lizenz zurück in sein Portemonnaie.
»Gern.« Verena Talbot lächelte erneut und beugte sich leicht vor, während sie Marius anschaute. Unwillkürlich dachte der Privatdetektiv an eine Schlange, die ein Kaninchen fixiert.
»Und weswegen wolltest du mich noch einmal gleich sprechen?«
»Christian Alberti.«
»Ja, richtig! Aber du willst mir nicht sagen, worum es geht, oder?«
»Ein Fall, an dem ich arbeite.«
»Immer noch der alte Geheimniskrämer!«
»Immer noch viel zu neugierig!«
»Wenigstens eine Gemeinsamkeit zwischen uns beiden. Du hast mit diesem Gekreuzigten zusammengearbeitet, nicht wahr?« Das Lächeln wurde breiter. Unpassenderweise, wie Marius fand. »Und jetzt suchst du nach Informationen über Christian Alberti. Interessant.« Sie lehnte sich zurück und schwieg einen Augenblick.
»Ich kann im Moment noch nichts Genaueres sagen«, wich Marius aus.
Die Journalistin beugte sich wieder ein Stück nach vorne und legte die Ellbogen auf die Tischplatte, die gefalteten Hände der jungen Frau zeigten auf Marius. »Aber wenn du etwas Genaueres weißt, erzählst du es als Erstes mir. Wenn da etwas dran ist, ist das eine Riesengeschichte: Christian Alberti und der Gekreuzigte! Wow!«
»Bevor ich da irgendwem etwas Genaueres sagen kann, muss ich erst noch ein paar Informationen haben über Alberti. Über seinen Bekanntenkreis, seine letzte Nacht, die Umstände seines Todes.«
»Ich möchte auch nur, dass dir die Spielregeln klar sind. Quid pro quo. Eine Hand wäscht die andere.«
Marius nickte. »Also gut.«
»Sehr gut.« Verena Talbot schlug kurz mit beiden Händen auf den Tisch und stand auf. Sie ging zu einem schwarz lackierten
Weitere Kostenlose Bücher