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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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offensichtlich mit den Augen zu rollen.
    »Das heißt?« Ihre Frage klang genervter, als sie das beabsichtigt hatte. Aber nachdem sie im Verlauf des Tages ungefähr 83 Anrufe angenommen hatte, von denen sie die Frau, die Marius Sandmann in ihrem Schlafzimmerschrank versteckt hielt, letztlich noch am unterhaltsamsten fand, war sie nun einmal genervt. Noch genervter als sonst. Stein entging ihre Gereiztheit nicht und sie wusste, dass er sie für unangemessen hielt.
    »Das heißt, wir geben eine Pressekonferenz und sie werden den Journalisten mitteilen, dass wir zahlreiche Hinweise auf den Aufenthaltsort des Verdächtigen erhalten haben, die wir aktuell auswerten.«
    »Wobei immer noch die Frage wäre, ob Sandmann verdächtig ist oder nicht. Ich würde gerne noch ein paar Hinweisen nachgehen. Wenn er uns die Wahrheit gesagt hat, und das hat er offensichtlich, dann schwebt er möglicherweise selber in Lebensgefahr.« Stein verlor die Fassung.
    »Sie werden verdammt noch mal in dieser Pressekonferenz auftreten und sich danach einzig und allein um den Aufenthaltsort unseres Hauptverdächtigen kümmern. Glauben Sie, wir haben die Zeit, uns in Nebensächlichkeiten zu verirren? Wenn uns dieser Mensch tatsächlich die Wahrheit gesagt haben sollte, kann er das ja wiederholen, wenn wir ihn haben. Dann werden wir schon sehen, ob seine Geschichte etwas taugt oder nicht. Haben wir uns verstanden, Frau Kommissarin?«
    Für einen kurzen Moment dachte Paula Wagner daran, den Briefbeschwerer vom Schreibtisch zu nehmen und ihn Staatsanwalt Stein über den Kopf zu ziehen. Stattdessen nickte sie nur.
    »Ich habe Sie nicht gehört, Frau Kommissarin! Haben wir uns verstanden, habe ich Sie gefragt, Herrgottnochmal, wer hat Sie eigentlich in den Polizeidienst gelassen?«
    Vielleicht doch den Briefbeschwerer? Aber Paula Wagner flüsterte ein leises »Ja, wir haben uns verstanden.« Ihr Blick bestätigte diesen Satz aufs Zornigste.
     
    Nach der Pressekonferenz saß sie zusammen mit Hannes Bergkamp in einem unauffälligen Ford Mondeo vor der Wohnung des Detektivs. Auch wenn sie fror, innerlich kochte sie immer noch. Bergkamp schien die Situation entschärfen zu wollen.
    »Sieh es doch einmal so. Wenn er unschuldig ist, können wir das mit ihm klären, und wenn er in Gefahr ist, ist er bei uns am sichersten.«
    »Halt die Klappe!« Paula Wagner zog die Jacke enger und verkroch sich mit ihrer Wut tief im Fahrersitz des Vectra.
     
    Marius Sandmann spürte die kalte Spitze des Nagels auf seinem Handrücken und verkrampfte. Er wusste, dass die Schmerzen furchtbar würden. Aber wenn er sich einfach fallen ließ, dann würde es vielleicht schon nicht so schlimm werden. Einfach aufgeben und warten, bis die unvermeidlich kommende Ohnmacht ihn von den Schmerzen erlösen würde. Warum sollte er diesen Prozess aufhalten? Und wie? Je weniger er sich gegen das Unvermeidliche sträubte, umso schneller war es vorbei.
    Er versuchte, tief und langsam zu atmen, doch die Ruhe, die er sich dadurch erhoffte, stellte sich nicht ein. Die Schmerzen, die die Dornenkrone rund um seinen Kopf verursachte, und die blutende Hand machten ihn wahnsinnig. Natürlich wollte er, dass das alles bald zu Ende war. Marius erinnerte sich an das Bild, den Schmerzensmann Carlo Crivellis, Jesus mit den Wundmalen an den Händen und dem Lanzeneinstich auf der rechten Brust. Aus den Augenwinkeln sah er die Lanze auf dem Podest der verrosteten Maschine liegen. Doch Crivellis Gemälde beherrschte seine Gedanken. Den Trog, den Kasten, in dem Christus auf diesem Gemälde stand, hatte er beim ersten Ansehen gar nicht verstanden. Es brauchte ein paar Augenblicke des Zuschauens, ehe er den Trog als steinernen Sarkophag erkannte. Christus, der den Tod besiegt hatte, stehend im Grab. Aber er hatte sich schon einmal als Christus im Grab gesehen. War er ähnlich verrückt wie Boris Lenau? Oder wurde man einfach so, wenn man zuviel mittelalterliche Gewaltfantasien gesehen hatte, gegen die die meisten heutigen Videospiele lammfromm aussahen?
    »Bereit, Schmerzensmann?« Lenau hob den Hammer. Marius’ Augen folgten der Bewegung. Doch sein Körper spannte sich an. Seine Oberarme sammelten ihre Kraft, und als der Hammer den höchsten Punkt erreicht hatte, riss er die Arme mit einem Schrei in die Höhe, Lenaus Knie verlor den Halt, dann geriet der ganze Mann ins Wanken, das alles in Zeitlupe, so kam es Marius vor, und der Schlag mit dem Hammer ging fehl. Marius packte den schweren Nagel mit beiden

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