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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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Kopf.

ACHTZEHN
    Paula fühlt sich schmutzig. Zwar hat sie am Morgen bei Anselm geduscht, aber sie trägt noch immer die Kleider vom Vortag. Von Anselms Wohnung ist sie direkt zum Polizeipräsidium gefahren. Jetzt würde sie sich gern umziehen. Aber sie fährt nicht nach Hause.
    Stattdessen setzt sie sich ins erste Internetcafé, an dem sie vorbeikommt. Es ist an der Zeit, die Zügel in die Hand zu nehmen. Höchste Zeit.
    Die Bezeichnung »Internetcafé« ist maßlos übertrieben. Zwar kann man hier auch etwas trinken, aber davon abgesehen gleicht der Laden eher einer Spielhalle als einem Café. An einer Theke aus fleckigen Spanplatten schaltet ein kaum zwanzigjähriger Türke die Rechner frei, kassiert die Benutzungsgebühr und verkauft hin und wieder eine Dose Cola. In der Mitte des Ladens stehen sich in zwei Reihen zwölf Rechner gegenüber, sechs auf jeder Seite. Die Sitzplätze davor sind durch weiß furnierte Sichtschutzwände voneinander getrennt.
    Paula setzt sich an einen der beiden Fensterplätze. Außer ihr sitzen noch fünf junge Männer vor den Bildschirmen. Wie der Angestellte an der Theke sind auch sie fast noch Teenager. Sie hämmern auf den Tastaturen herum, als wären es Flipperautomaten.
    Paula vermutet, dass sie Onlinegames spielen. Solche Spiele bedeuten dieser Generation viel mehr als irgendwelche Kinofilme, hat sie gelesen. Die Jungs haben sicher keinen einzigen ihrer Filme gesehen. Aber jetzt ist sie zum ersten Mal froh über ihre schwindende Bekanntheit. So vertieft, wie sie in ihre Spiele sind, wird keiner von ihnen einen neugierigen Blick über Paulas Schulter werfen.
    Sie öffnet ihr E-Mail-Postfach. Außer Spammails hat sie keine neue Nachricht erhalten. Sie liest noch einmal Ulmers letzte E-Mail:
    Ich bin enttäuscht. Wie lange willst du mich noch auf eine Antwort warten lassen? Wenn ich ungeduldig werde, mache ich manchmal dumme Sachen. Lass das nicht zu.
    Nein, sie wird das nicht zulassen. Allerdings hat sie auch nicht vor, seine Forderung zu erfüllen. Schließlich hat Anselm recht: Wer sagt, dass Ulmer sie in Ruhe lässt, selbst wenn sie ihm zwanzigtausend Euro gezahlt hat? Vielleicht wartet er eine Weile, um ihr Zeit zu geben, erneut an Geld zu kommen. Und dann verlangt er wieder etwas, und möglicherweise mehr. Nicht zuletzt der von ihm geforderte Betrag spricht dafür. Sind zwanzigtausend Euro nicht eine recht bescheidene Forderung? Zumindest, wenn die Alternative eine Mordanklage ist? Der Erpresser muss eine gute Vorstellung davon haben, wie viel Geld Paula beschaffen kann. Zwanzigtausend Euro werden einem nicht hinterhergeworfen. Aber sie sind auch kein unerreichbares Ziel. Wahrscheinlich schwebt Ulmer vor, Paula immer wieder zur Kasse zu bitten. Erst jetzt begreift sie, wie gerissen er ist.
    Doch darauf wird sie sich nicht einlassen. Wenigstens darüber ist sie sich im Klaren, als sie die E-Mail wieder schließt. Sie wird sich von diesem Arschloch nicht ausnehmen lassen.
    Gestern Abend bei Anselm hat sie noch keine Alternative zum Bezahlen des Schweigegelds gesehen. Sie hat sogar bei Richard angerufen und ihn um das Geld gebeten. Dazu hat sie sich mit ihrem Handy in Anselms Badezimmer eingeschlossen. Denn bestimmt hätte Anselm versucht, sie daran zu hindern, sich diese Blöße zu geben. Hätte er es doch getan, denkt sie heute. Denn Richard ist ziemlich in Fahrt gewesen. Nichts Ungewöhnliches bei seinem üblichen Pegel nach zehn Uhr abends. Er hat gar nicht gefragt, wofür sie das Geld braucht. Stattdessen hat er gelallt:
    »Und was bekomme ich dafür?«
    Gibt es eigentlich noch Menschen, die anderen helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten, hat Paula sich gefragt. Sie werde sich bemühen, hat sie Richard geantwortet, ihm das Geld so bald wie möglich zurückzuzahlen. Sogar mit Zinsen, wenn er darauf bestehe.
    Das hat Richard abgelehnt. Und unverhohlen angeboten, ihr das Geld zu geben, wenn sie noch einmal mit ihm ins Bett ginge.
    Paula hat gespürt, dass es ihm dabei gar nicht um Sex ging. Er hat sie lediglich demütigen wollen. Wenn sie sich darauf eingelassen hätte, wäre sie in Richards Augen zur Hure geworden. Und das hätte ihn befriedigt, hätte ihm die Möglichkeit gegeben, auf sie herabzusehen, so wie sie seiner Meinung nach wegen seiner Trinkerei auf ihn herabsieht.
    »Mit solchen Vereinbarungen hast du doch bestimmt kein Problem«, hat er gesagt. »Oder wie war das mit Vico?«
    »Was willst du denn damit andeuten?«
    »Du hast mir doch erzählt, dass du

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