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Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Titel: Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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pass doch auf dich auf.«
    »Man kann nie wissen.«
    Sie küssten sich, dann eilte Kathrin über den kleinen Vorgarten ins Haus, die roten Pumps in der Hand, die Kamera über der Schulter. Sie winkte noch einmal von der Haustür. Siggi sollte sie nie wiedersehen.
    Als er am nächsten Tag seinen Mercedes in der Ritterstraße parkte, um sie abzuholen, kam sie nicht. Nach einer halben Stunde betrat er die leeren Flure des Schulgebäudes am Hansaring und brauchte eine Weile, bis er jemanden fand, der ihm weiterhelfen konnte. Niemand hatte Kathrin gesehen. »Sie hat schon im Unterricht gefehlt«, erklärte ihm eine Lehrerin. Mit einem flauen Gefühl verließ er das Gebäude.
    Im Wagen dachte er nach. Wen könnte er fragen? Wo konnte Kathrin sein? Sie hatten – abgesehen von den Freunden ihres Vaters – keine gemeinsamen Bekannten. Hatten die Griechen oder die Albaner ihre Drohung wahr gemacht und Münzenbergs Tochter entführt? War Helm ihnen auf die Schliche gekommen? Den ganzen Tag fuhr der Schläger kreuz und quer durch die Stadt, auf der Suche nach Kathrins toupierten blonden Haaren. Schließlich nahm er seinen ganzen Mut zusammen und fragte die Mädchen in den Wohnungen auf der Brinkgasse. Keine hatte Kathrin gesehen. Er versuchte herauszuhören, ob Münzenberg Wind von ihrer Affäre bekommen hatte, niemand deutete etwas Derartiges an.
    »Wenn sie weg ist, solltest du die Beine in die Hand nehmen«, riet ihm Margarethe, die er als letzte befragte.
    Noch keine fünf Minuten zu Hause, donnerte es an seine Tür. Durch den Spion sah er Münzenberg, den ahlen Pit und den jungen Hanno, der erst seit ein paar Tagen zu ihnen gehörte, vor seiner Tür stehen.
    »Mach verdammt noch mal auf, Siggi!«, brüllte Helm und trat gegen die Tür, die bedenklich wackelte. »Und sag mir, wo meine Tochter ist!« Ein neuerlicher Tritt, die Zarge splitterte. Eilig raffte Siggi Portemonnaie, Autoschlu ̈ ssel und eine Fotomappe zusammen und kletterte aus dem Badezimmerfenster hinaus in ein anderes Land.

46
     
    Als der Alte geendet hatte, schwiegen sie eine Weile. »Sie haben sie nie wiedergesehen?«
    »Sie war wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Margarethe Klösgen hat sie ein paar Monate später getroffen. Sie hatte ein Baby dabei, einen Jungen, den sie ihrer besten Freundin anvertraut hat.« Marius deutete auf Vinzenz. »Ihren Sohn.«
    Die beiden schauten sich irritiert an. Baumgart bewegte den Arm in einem Reflex auf Vinzenz zu, zog ihn wieder zurück. Weiter saßen sie schweigend auf dem Sofa. Vinzenz hielt seine Tüte fest. Marius griff nach der Mappe, schlug sie auf und nahm die großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien heraus. »Darf ich?«
    Baumgart nickte. »Es sind Kathrins Arbeiten. Ich habe sie aufbewahrt.«
    Marius blätterte sie unter den aufmerksamen Augen des Alten durch. Anders als die dokumentarischen Straßenaufnahmen aus der Ausstellung handelte es sich um reine Studioporträts vor neutralem, hellgrauem Hintergrund. Nichts lenkte von den Personen auf den Bildern ab. Der Detektiv brauchte einen Moment, ehe er auf zwei Fotos Margarethe Klösgen erkannte, die viel zu stark geschminkt in einem viel zu engen Top posierte. Offensichtlich ihr Arbeitsoutfit. Sie war dreißig Jahre jünger, doch ihr Blick war so hart wie heute. Selbst vor der Kamera ihrer besten Freundin schien sie sich nicht völlig öffnen zu wollen. Trotzdem war es der jungen Fotografin gelungen, etwas anderes in diesem Gesicht hervortreten zu lassen: Hinter dem marktschreierischen Äußeren sah Marius eine tiefe Sehnsucht nach Normalität. Er musste zugeben, dass Kathrin Münzenberg sowohl ein Gespür für die Menschen besaß, die sie fotografierte, als auch gestalterisches Geschick. Auf dem letzten Bild sah er in die Augen, die nun in doppelter Ausführung neben ihm auf der Couch saßen. Sie schauten staunend in die Kamera. Das selbstzufriedene Grinsen, mit dem sich Baumgart auf dem Bild eine fette Zigarre anzündete, konnte dieses kindliche Wundern nicht überdecken. Nichts war zu sehen von dem Trotz, dem Gefühl, zu kurz gekommen zu sein, wie es Chargesheimer eingefangen hatte. Marius beneidete ihn um diesen Augenblick. Nur ungern löste er seinen Blick von diesen Augen. Er betrachtete das Feuerzeug, mit dem Baumgart die Zigarre anzu ̈ ndete
    »Ist das Ihr Feuerzeug?«
    Der Alte lachte. »Um Gottes willen! Nein, das ist Kathrins, typisches Mädchenfeuerzeug. Das hätte ich damals nie öffentlich in die Hand genommen.«
    » Für sie hast du es getan.«

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