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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Stefan Keller
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an der Theke, die fast den gesamten vorderen
Teil des Raumes einnahm. Der alte rothaarige Mann blickte Marius kurz an und trank
kommentarlos weiter an seinem Kölsch. Hinter der Theke ging eine Tür in eine kleine
Küche, aus der Marius das Klirren von Geschirr hörte. Doch statt an der Theke zu
warten oder in die Küche hineinzurufen, ging er um den Tresen herum und blickte
in den hinteren Saal. Hier waren die Spuren des Anschlags noch gut sichtbar. An
den Wänden waren dunkle Ruß- und Brandspuren zu erkennen, an manchen Stellen hatte
jemand die Wand zwar gründlich geschrubbt, jedoch nicht neu gestrichen. Auch der
Boden schien gründlich gereinigt worden zu sein. Die ursprünglich dunklen Holzdielen
wirkten an zahlreichen Stellen ausgebleicht wie die geschrubbten Stellen an der
Wand. Marius ging in die Hocke, um einen der Flecken am Boden genauer zu betrachten.
Vorsichtig rieb er mit der Hand über das Holz und roch an seinen Fingern.
    »Scheuermittel der übelsten Sorte«,
sagte eine matte Stimme hinter ihm. »Anders kriegst du das Blut nicht raus.«
    Marius erhob sich und drehte sich
um. Am Ende der Theke stand ein hagerer Mann mit ausgeprägten Gesichtszügen, einer
viel zu großen, kantigen Nase, tief liegenden, müde wirkenden Augen und langen,
immer wieder in die Stirn fallenden grauen Haaren, die ihn älter wirken ließen,
als er vermutlich war. Das weiße Hemd hing ihm nachlässig über die Jeans, eine nicht
ganz saubere blaue Schürze schützte Hemd und Hose vor Flecken.
    »Du bist der Detektiv?«
    Marius streckte dem Wirt die Hand
entgegen. »Marius Sandmann, Privatdetektiv. Sie sind Horst Blender?«
    Der Wirt schüttelte Marius kurz
und weich die Hand und nickte. »Der bin ich.« Dann drehte er sich zurück zur Theke
und begann mit einem Handtuch Gläser zu polieren. »Eigentlich will ich über die
ganze Geschichte gar nicht mehr reden, verstehst du?«
    Marius nickte und schwieg. Schließlich
begann Blender doch zu erzählen.
    »In der Nacht habe ich gar nicht
begriffen, was hier überhaupt passiert ist. Klar, du hörst die Explosion, du siehst
die Menschen und die …« Er hielt kurz inne. »… du weißt schon, dann ist dieses ganze
Chaos um dich herum, du versucht irgendetwas zu tun, irgendwem zu helfen und weißt
nicht, wo du anfangen sollst. Überall Schreie, überall Blut. Siehst du dieses Handtuch?«
Er streckte Marius das karierte Stück Stoff entgegen. »Mit so etwas haben wir versucht,
Blutungen zu stillen. Manchen habe ich einfach nur Schnaps eingefüllt, damit sie
die Schmerzen aushalten können.« Mit leicht zitternden Händen griff Blender zu einem
halbvollen Kölschglas, das neben der Spüle stand, und trank es in einem Zug leer.
Dann füllte er das Glas am Zapfhahn neu auf. »Vier Tage konnte ich danach nicht
in meine eigene Kneipe, weil die Polizei alles untersuchen musste. Als sie fertig
waren, haben sie mir die Schlüssel für das Chaos wortlos in den Briefkasten geworfen.
Seitdem versuche ich, da hinten irgendwie wieder Ordnung hinzukriegen, aber du siehst
ja, wie es läuft.« Nachdem der Wirt kurz Atem geholt hatte, trank er das nächste
Kölsch auf ex. »Und ob sich das alles lohnt? Wer will schon auf blutgetränkte Wände
starren.«
    »Du hast wieder aufgemacht?«
    »Ja, klar, glaubst du, ich kann
auf die Einnahmen verzichten? Wenn denn welche reinkämen …«
    »Läuft nicht?«
    »Läuft beschissen seitdem …« Ein
nächstes Kölsch. Diesmal hielt der Wirt kurz inne. »Willst du was trinken?«
    Marius wollte schon verneinen, besann
sich aber anders. »Ein Wasser.«
    Der Wirt nickte, griff in einen
Kühlschrank unter der Theke und reichte Marius eine kleine Flasche Mineralwasser.
Mechanisch füllte er Eis und Zitrone in ein Glas und schob es ebenfalls hinüber.
»Und warum bist du jetzt hier?«, fragte Blender.
    »Verwandte eines der Opfer haben
mich beauftragt. Sie möchten genauer wissen, was mit ihrem Sohn passiert ist.« Marius
hatte sich diesen kleinen Satz zurechtgelegt. Er vermutete, dass die Leute eher
mit ihm reden würden, wenn er im Namen der Opfer unterwegs war anstatt im Namen
des angeblichen Täters.
    »Kann ich verstehen. Das fasst man
einfach nicht. Ich verstehe es selbst nicht richtig, dabei stehe ich jeden Tag hier
mittendrin und starre auf die Wände.«
    »Hast du den Täter gesehen?«
    »Den Türken? Keine Ahnung, hier
war es brechend voll an dem Tag. Außerdem waren alle kostümiert.«
    »Hat die Polizei denn noch irgendetwas
gesagt?«
    »Nein, die Polizei
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