König 01 - Königsmörder
weinerlich klangen, sondern seine Gefühle widerspiegelten. »Ich schulde dir so viel. Ich bezweifle, dass es einen anderen Mann in ganz Lur gibt, der getan hätte, was du getan hast. Der riskiert hätte, was du riskiert hast, nur weil ich dich darum gebeten habe. Du sollst wissen, dass ich dir dankbar bin. Und eines Tages – ich weiß nicht, wann oder wie – werde ich meinen Worten Taten folgen lassen.«
Der König streckte die Hand aus. Asher betrachtete sie, und seine Miene war eine Mischung aus Ärger und Freude. Ein so rauer Mann, dieser Fischer, der sein Freund war. Schroff und tyrannisch, ungeduldig in so vieler Hinsicht und mit so vielen Menschen. Aber mit einem Herzen, das so stark und so groß war wie sein geliebter Ozean, und beseelt von einem Mut, der so unzerstörbar war wie Barls gesegnete Mauer selbst.
»Fort mich Euch«, sagte Asher und stieß zu Gars Überraschung seine Hand beiseite, um ihn kurz an sich zu ziehen, so heftig, dass es ihm beinahe die Rippen durchbog. »Hört auf, meine Zeit zu verschwenden, hm? Soll in den Chroniken stehen, dass ich zu meiner ersten großen Vorstellung in der verdammten Halle der Gerechtigkeit zu spät gekommen bin?«
Gar trat zurück. »Natürlich nicht. Geh. Und viel Glück. Du kannst mir bei einem kalten Bier vor dem Abendessen einen ausführlichen Bericht geben.« Asher drehte sich auf dem Weg zur Tür noch einmal um und grinste. »Vorausgesetzt, dass Ihr bezahlt.«
»Dazu wird's noch reichen. Ach ja, und noch was…« Asher fuhr herum.
»Was?«
»Wir müssen heute Nacht Wetter machen. Denkst du daran?« All die warme Erheiterung wich aus Ashers Zügen. Mit versteinerter Miene nickte er. »Ihr denkt, ich könnte das vergessen?« Und dann war er fort.
Jäh ernüchtert und auf unfreundliche Weise an all die Dinge erinnert, die er am sehnlichsten aus seinem Gedächtnis verbannen wollte, kehrte Gar in seine Räume zurück, um sich auf sein Treffen mit Durm vorzubereiten. Asher sah in seinen Roben für die Halle der Gerechtigkeit so prachtvoll aus, dass Dathne sich nur mit Mühe daran hindern konnte, vor aller Augen die Arme um ihn zu schlingen und laut zu rufen: »Er gehört mir, er gehört mir, allein mir!« »Lasst mich sehen, lasst mich sehen«, verlangte Darran, der mit gewichtiger Miene herbeikam und ihn am Fuß der Wendeltreppe des Turms erwartete. »Tribun für Olkische Angelegenheiten oder nicht, Rechtgeber oder nicht, ich werde Euch nicht gestatten, auch nur einen Fuß nach draußen zu setzen, solltet Ihr Seiner Majestät Schande machen.«
Zu Dathnes Überraschung ertrug Asher den Wirbel, den der alte Mann veranstaltete, mit Anstand. Er erlaubte ihm, an seinem Wams zu zupfen, seine Ärmel glatt zu streichen und den Diamanten in der Mitte eines teuren Revers zu lösen und an anderer Stelle wieder einzustecken. Mit einem schwachen Lächeln und übertriebener Geduld blickte er auf Darran hinab und fragte ihn dann mit gedehnter Stimme: »Nun?«
Darran rümpfte die Nase und trat zurück, die dünnen Hände vor seinem in schwarze Seide gehüllten Bauch gefaltet. »Ihr seid so bunt wie ein Papagei, aber ich schätze, es wird so gehen.«
Die Dienstmägde, die Boten und die zusätzlichen Schreiber, die Darran im Palast angefordert hatte, brachen in begeisterten Beifall aus. Willer lächelte lediglich ein eigenartiges, starres kleines Lächeln und wedelte mit den Händen, was so ziemlich alles bedeuten konnte. Elende kleine Meeresschnecke. Dathne dagegen klatschte, bis ihre Hände brannten.
»Also schön, schön«, sagte Asher. »Habt Ihr keine Arbeit, die auf Euch wartet?« Er tat so, als sei er ungehalten, obwohl er sich innerlich unendlich geschmeichelt fühlte. Wenn ihn das auffällige Fehlen der Stallburschen kränkte, so ließ er es sich nicht anmerken. Matts wegen sprachen sie nicht mit ihm.
Ein kurzer, scharfer Stich durchzuckte Dathne. Wenn sie doch nur nicht die Fassung verloren hätte. Wenn Matt doch nur Ruhe bewahrt hätte. Wenn Asher noch ein Weilchen fort geblieben wäre, statt unerwartet zurückzukehren und sie mitten in einem Streit vorzufinden.
Sie hatte Veira noch nichts davon erzählt, denn sie konnte sich nicht dazu überwinden, ihren Mangel an Urteilsvermögen zu enthüllen.
Ich bin die Erbin. Ich hätte es besser wissen sollen.
Aber es war geschehen und zu spät, um es ungeschehen zu machen. Matt war noch nicht in die Waldigen Täler aufgebrochen, so viel wusste sie. Seine Empfehlungsschreiben lagen noch immer auf Darrans
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