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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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dem vernarbten Gesicht. Ein Speichelfaden, der aus seinem Mundwinkel quoll. Unter den durchscheinenden Lidern zuckten die Augäpfel hin und her.
    »Durm«, flüsterte er wieder, beharrlicher diesmal. »Bitte.«
    Jetzt wurde aus dem stöhnenden Seufzen ein Ächzen, und Durms Brust hob und senkte sich heftiger. In seinem formlosen Gesicht stieg das Echo der Persönlichkeit an die Oberfläche, die in seinem sterbenden Körper beherbergt war. Ein Keuchen. Ein ersticktes Schnauben. Blauer, blasiger Schleim sickerte aus seinem Nasenloch und über seine leicht geöffneten Lippen.
    »Durm!«
    Durms Lider hoben sich kaum merklich.
»Gar…«
    Er zog den Sessel näher heran und beugte sich vor, bis seine Lippen beinahe Durms Ohr berührten. Die Frage, die zu stellen er hergekommen war, lag ihm auf der Zunge.
    Stattdessen fragte er etwas anderes, denn es war unmöglich, nicht danach zu fragen. Er würde niemals eine zweite Chance bekommen. Wenn Durm starb, würde seine letzte Hoffnung auf Genesung mit ihm sterben, die letzte Hoffnung, sein Königreich zu behalten.
    »Meine Magie hat mich verlassen, Durm. Gibt es eine Heilung? Eine Antwort in Eurer Bibliothek oder in der Barls? Kennt Ihr einen Weg, mich zu retten?« Mit einem schnarrenden Flüstern antwortete Durm: »Nein.«
    Das Wort war wie ein Schwert, das man ihm in die Seite rammte. Gar stockte der Atem, ihm brannten die Augen. »Seid Ihr Euch sicher?«
    »Keine Heilung.«
    »Wen kann ich dann statt Conroyds krönen? Ich brauche einen anderen Erben!« Durm hustete abermals, und seine Züge verzogen sich zu einer geisterhaften Fratze. Sein Bett begann schwach zu zittern, ein Echo des größeren Bebens, das jetzt seine Glieder schüttelte. Er öffnete den Mund und schrie.
    »Nein!«, rief Gar und sprang auf, um Durms Schultern auf die Matratze zu drücken. »Noch nicht! Haltet durch, Durm! Ich brauche Euch!«
    Ein weiterer gurgelnder Schrei.
    Er hielt Durms wild hin und her schlagenden Kopf fest und zwang die von Wahnsinn getrübten Augen, in die seinen zu blicken, während der verwüstete Leib des besten Freundes seines Vaters sich zuckend zur Wehr setzte. »Helft mir, Durm!
Helft mir!«
    »Das Tagebuch!«, rief Durm, der sich unter seinen Decken aufbäumte. »Barls Tagebuch! Eure einzige Hoffnung!«
    Mit rasendem Herzen beugte er sich noch weiter vor, als wolle er den Sterbenden mit Gewalt dazu zwingen, ihn zu hören. »Barl hat ein
Tagebuch
hinterlassen? Wann? Wo? Habt Ihr es?
Durm!«
    Ein schrecklicher Krampf schüttelte den Meistermagier. Blauer Schaum quoll zwischen seinen Lippen hindurch, und seine Augen verdrehten sich. Keuchend und verzweifelt zog Gar den bebenden Mann an sich.
    »Habt Ihr meinem Vater davon erzählt? Habt Ihr es ihm gegeben?« Ein Grauen erregendes Geräusch war seine Antwort. Durm lachte. Vergeudete den letzten Rest seines Lebens. »Er weiß es nicht… Ich habe es versteckt…« »Oh, Durm…
Durm!«
Ob er nun im Sterben lag oder nicht, Gar hätte ihn erwürgen mögen. »Wo ist es jetzt? Wo werde ich es finden? Warum ist es unsere einzige Hoffnung? Hoffnung worauf? Für mich? Kann es mir meine Magie zurückgeben?«
    Ein schwacher Atemzug kitzelte seine Haut. In seinem Ohr erklang ein kaum wahrnehmbares Flüstern. »Conroyd… hütet Euch vor Conroyd…« Die Krämpfe verebbten. Er ließ Durm sachte auf die Matratze und die Kissen sinken und blickte in das wächserne Gesicht. »Ich weiß«, sagte er bekümmert. »Ich bin auf der Hut. Durm, wo ist das Tagebuch?«
    Ausgezehrt und leer öffnete Durm die blau befleckten Lippen. »Borne… verzeiht mir. Ich konnte ihn nicht aufhalten…«
    Er umfasste mit einer Hand Durms fleischloses Gesicht. »Euch ist verziehen. Durm, wo habt Ihr das Tagebuch versteckt?«
    Aber es war sinnlos, und er wusste es. Er weinte verzweifelt, während Durms Brust rasselte wie ein Kinderspielzeug. Das Licht hinter den halb geschlossenen Augen schwand. Tränen stiegen darin auf. Nur wenige Augenblicke später wichen die letzten Reste von Farbe aus Durms Wangen, sodass sie wie lebendes Pergament aussahen, und seine Lider schlossen sich zur Gänze. Was immer Nix' Stärkungsmittel ihm an Kraft verliehen hatte, schwand schnell dahin. »Macht Euch keine Sorgen, Durm«, sagte Gar sanft. »Es ist alles gut. Geht in Frieden, und möge Barls große Gnade mit Euch sein.«
    Ein dunkler Schatten huschte über Durms wächserne Züge. »Barl«, murmelte er. »Das Miststück, die Schlampe, die verräterische Hure.« Seine Lider flatterten.

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