König 02 - Königsmacher
verabscheute, überhaupt nicht ähnlich. Während sich die lärmende Kavalkade, geführt von ihm und Asher, in Bewegung setzte, die Menschen jubelten und die Pferde ihre glänzenden Köpfe zurückwarfen und ihr Zaumzeug klirren ließen, drehte er sich zu seinem Berater um und sagte: »Jetzt sind wir also unterwegs. Aufgeregt?«
Asher schenkte ihm kaum Aufmerksamkeit, sondern ließ stirnrunzelnd den Blick über die Reihen der Zuschauer links und rechts wandern. »Eigentlich nicht.« Er zog ernst die Augenbrauen hoch. »Eigentlich nicht. Deine erste Chance seit mehr als einem Jahr, dein geliebtes Meer wiederzusehen, und du bist nicht aufgeregt. Asher, wahrhaftig, für dich besteht keine Hoffnung mehr.«
»Nein«, antwortete Asher geistesabwesend und hielt weiter Ausschau in der Menge. »Ihr habt wahrscheinlich Recht.« Einige Damen warfen Blumen, und er fing zerstreut und aus reiner Gewohnheit eine entdornte Rose auf und schob sie sich hinters Ohr. Das schwarzhaarige Mädchen, das die Blume geworfen hatte, zog sich kichernd hinter seine Freundinnen zurück.
Gar trat Asher gegen den Knöchel. »Suchst du nach jemand Bestimmtem?«, fragte er in einem Tonfall, von dem er genau wusste, dass er Asher ärgern würde.
Asher fuhr herum. »Nein«, antwortete er knapp und ließ den Blick nicht mehr von der geraden Straße, die aus der Stadt führte, abirren.
Gar grinste.
Ja.
Hochzufrieden, dass er seinem Freund wenigstens einen kleinen Teil dieser frischen Schuld - das lautstarke Gequengel Willers und Darrans im Wagen hinter ihm war unüberhörbar - heimgezahlt hatte, tätschelte er Ballodaires warmen, braunen Hals und begann, sich auf die vor ihm liegende Reise zu freuen.
In ihren winzigen Räumen über ihrer Buchhandlung sammelte Dathne die Werkzeuge ihres geheimen Geschäfts ein und legte sie auf einen Tisch am Fenster. Ein Luftzug fuhr in die Vorhänge und trug den Duft von frisch gepflücktem Jasmin in das enge, mit Büchern vollgestopfte Wohnzimmer.
Eine große, flache Silberschale, die bis zum Rand mit reinem Regenwasser gefüllt war.
Drei unbeschriftete gläserne Phiolen, die mit Stöpseln verschlossen waren, damit nichts von ihrem Inhalt verloren ging.
Ein Zweig getrockneter Tanalblätter, auch bekannt unter einem anderen Namen, der jedoch nie laut ausgesprochen werden durfte.
Das Blatt war bitter und ließ in ihrem Mund scharfen Speichel zusammenfließen. Sie kaute und kaute und kaute abermals, schluckte jedoch nicht, denn das würde zu Wahnsinn führen. Als das leuchtend goldfarbene Blatt nur noch eine breiige Masse auf ihrer Zunge und all seine Inhaltsstoffe ausgetreten waren, spie sie die Überreste auf einen Lumpen, der später verbrannt werden würde. Dann legte sie den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und ließ den scharfen Speichel wieder und wieder in ihrem Mund kreisen, ließ ihn durch die Zähne quellen und über die Schleimhäute ihres Gaumens. Als ihr schwindelig wurde, spuckte sie, was übrig geblieben war, auf den Lumpen mit dem Blätterbrei und wartete.
Nach einer Weile trübte sich ihr Blick, und es wurde dunkel im Raum, obwohl das helle Licht der Sonne durch das offene Fenster fiel. Als es für sie so aussah, als hätte sich mitternächtliche Dunkelheit über die Welt gesenkt, griff sie nach der ersten Phiole, zog den Stöpsel heraus und gab daraus spärliche drei Tropfen Blutkraut in die silberne Schale.
Das Wasser wurde blasig, kreiste in der Schale und nahm die Farbe von Blut an. Behutsam legte sie die erste Phiole beiseite und griff nach der zweiten. Myrtes Tränen. Vier Tropfen davon, und diesmal wogte das Wasser zornig auf und spie verbrannten, ockerfarbenen Dampf. Es roch durchdringend nach Tod und Grab. Jetzt die letzte Phiole, deren Inhalt der giftigste war. Mondfäule. Nur ein einziger Tropfen. Das trübe Wasser brodelte, verdickte sich wie Haferbrei und verströmte einen säuerlichen, Übelkeit erregenden Geruch. Wie ein Pferd, das den heimischen Stall witterte, blähte Dathne die Nasenflügel, um den Geruch in sich aufzunehmen, und lächelte. Der Dampf wurde immer dünner, bis er schließlich verschwand, und jetzt war das Wasser in der Schale schwarz wie Glas. Ihre eigenen Augen, die sich in seiner Oberfläche spiegelten, sahen sie an, goldfarben am Rand, unergründlich und weise. Sie hielt die Hand über die Schale und sprach den Namen des Bildes, das sie heraufbeschwor, laut aus.
»Asher.«
Das glänzende, schwarze Wasser wartete reglos in seiner Schale wie eine Katze
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