König 02 - Königsmacher
für dich. Hier bist du der neue Stallbursche, und Matt hat keinen Sinn für Streitereien. Dergleichen macht die Pferde unruhig, und in seinen Augen gibt es keine größere Sünde. Bist du so zart besaitet, dass du eine kleine Neckerei nicht verkraften kannst?«
Asher spürte, dass sein Gesicht heiß wurde. Mit sechs Brüdern, die ihm keine Liebe entgegenbrachten, und Pa, der blind und gebeugt von Trauer war, hatte er früh gelernt, eine Schmähung mit einer noch größeren Schmähung zu vergelten oder einen hohen Preis zu zahlen. Er runzelte die Stirn. »Es wird keine Streitereien geben, die ich begonnen habe. Jedermann hat das Recht, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ohne im Schlaf ein Auge offen halten zu müssen, weil irgendein elender Scheißeschaufler ihn nicht in Ruhe lassen kann. Und wenn dein kostbarer Matt nicht Manns genug ist, dafür zu sorgen, dann werde ich gleich jetzt umkehren und mir eine andere Arbeit suchen.«
Sie blieb stehen und grub ihre knochigen Finger in sein Handgelenk. Er betrachtete ihre Augen, die stechend und von reizlosem Braun waren, während sie ihm forschend ins Gesicht sah, als suche sie nach Antworten auf eine Frage, die sie nicht laut aussprechen mochte - oder auszusprechen wagte. Sie zog die Brauen dicht zusammen und biss sich auf die Unterlippe, bis alles Blut daraus wich. In ihr war eine flammende Wildheit, die er nicht verstand. Aber die Hitze dieser Flamme trieb ihn einen Schritt zurück.
Und dann lächelte sie, und die Hitze erlosch wie eine vom Wind ausgeblasene Kerze. Sie trat wieder zurück und ließ sein Handgelenk los. »Ich nehme an, du hast Recht«, sagte sie leichthin. »Es kann nicht schaden, die Menschen wissen zu lassen, dass mit dir nicht zu spaßen ist. Und nun komm. Ich habe wirklich nicht den ganzen Tag Zeit.«
Schließlich führte der geschotterte Pfad sie zu einer anderen Mauer; diese hier war aus grob behauenem Blutstein und gesprenkelt mit einer Art von Kristall, der im Sonnenlicht blinkte und blitzte. Ein kunstvolles schmiedeeisernes Tor stand weit offen, und als Asher hindurchtrat, sah er den blauen Turm aus der Nähe, auch wenn die Eichen, die rund um seinen Sockel standen, ihn noch immer zum Teil verdeckten. Direkt von ihnen befand sich jedoch ein prächtiger, gewölbter Bogengang aus creme- und ockerfarbenem Sandstein, der zwei langgestreckte, niedrige Ziegelsteinbauten miteinander verband. Entlang der Wände waren in regelmäßigen Abständen Fenster eingelassen, und die geöffneten Fensterläden waren in einem vollen Dunkelgrün gestrichen. Durch mehrere dieser Öffnungen im Mauerwerk ragten die länglichen Gesichter brauner und grauer Pferde; ihre Nüstern zitterten, die Ohren waren gespitzt, und in den dunklen Augen stand ein neugieriger Ausdruck. In der Stille, die über dem Gelände lag, hallten die Schläge eines Hammers auf einem Amboss wider.
»Da wären wir«, sagte Dathne. »Dies ist Matts kleines Königreich.« Als Asher ihr einen schiefen Blick zuwarf, fügte sie hinzu: »Du denkst, ich scherze? Glaub mir, das tue ich nicht. Die Pferde sind sein Herz, und er beschützt sie mit gleichem Grimm, wie nur je ein König seine Untertanen beschützt hat. Hefte dir diese Wahrheit an deinen Mast, damit du sie immer vor Augen hast, Meister Fischer, und du wirst nicht allzu viel falsch machen.«
»Ha!«, sagte Asher.
Sie traten unter dem Sandsteinbogen hindurch in die von starken Gerüchen beherrschte Welt der Pferde. Die Ställe waren wie ein großes Viereck angeordnet, und die einzelnen Boxen öffneten sich zu dem teilweise mit Ziegeln im Fischgrätmuster gepflasterten, teilweise mit dunkelrotem Kies bedeckten Stallhof. Er war tadellos gepflegt und geharkt und so sauber wie die Küche eines Kochs. In der Mitte prangte ein üppiges, von Bienen umschwirrtes Blumenbeet. Das Hämmern war jetzt lauter geworden. Auf der linken Seite stand in einer offenen Nische ein gewaltiges, graues Pferd, das seinem Missvergnügen mit einem lauten Schnauben Ausdruck verlieh. Ein junger Olke hielt seine geflochtenen Zügel fest mit beiden Händen gepackt. Ein Riese von einem Mann, ein Olk mit gewaltigen Muskeln, hatte sich Fessel und Huf eines Hinterbeines des Pferdes zwischen die gebeugten Knie gelegt. Sein schwarzes Haar war so säuberlich gestutzt wie eine Hecke. In einer Hand hielt er einen Hammer und schlug damit Nägel in den Pferdehuf, was er mit solcher Genauigkeit und Kraft tat, dass Asher sich mit großen Augen fragte, was für ein Gefühl es
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