König 02 - Königsmacher
Fingernägel. Hob sein unfreundliches Gesicht und sagte mit all der Brutalität, die in ihm war: »Nun, er ist genau da, wo du ihn hingebracht hast, lieber Asher. Tief in der kalten, dunklen Erde.«
Ashers Herz hämmerte wild. »Wie meinst du das, in der Erde?«
»Was glaubst du denn, was ich meine!«, erwiderte Zeth mit plötzlichem Grimm. »Pa ist
tot,
Junge. Er ist vor acht Monaten gestorben. Ein Mast ist gebrochen und hat ihn erschlagen. Hat ihn entzweigeschlagen wie einen verfaulten Apfel.«
»Nein«, sagte Asher. Aber nicht weil er seinem Bruder nicht glaubte. Nicht weil es nicht wahr war. Die Wahrheit lag roh und blutig in der Luft zwischen ihnen, in Zeths Stimme, in seinem Gesicht. In den Gesichtern all seiner Brüder.
»Nein.«
Zeth stieß einen weiteren Seufzer aus. »Ich fürchte, doch. Aber das ist kein Grund, dich schlecht zu fühlen. Als er starb, hat er deinen Namen geschrien.« Er zuckte die Achseln. »Natürlich war sein Herz gebrochen, schon lange bevor der Mast ihn gefällt hat. Man könnte sagen, dass er schon zu Lebzeiten tot war. Habe ich nicht Recht, Jungs?«
Schulter an Schulter, nickten seine Brüder, und ihre leisen Stimmen waren wie Donner am Horizont.
»Immer wieder und wieder dieselben Fragen«, fuhr Zeth fort. »Was ist mit meinem Asher geschehen? Wo ist er hingegangen? Warum hat er mich verlassen? Ich kann dir sagen, Junge, nach einer Weile wurde es ein wenig ermüdend, das steht fest. Am Ende war Pa nicht mehr ganz richtig im Kopf. Mein Wort darauf, es war das Traurigste, was ich je gesehen habe. Dieser stolze alte Mann, wie er Nacht um Nacht in seinen Bierhumpen weinte und deinen Namen schluchzte.«
»Nein«, flüsterte Asher. »Das ist nicht wahr. Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen. Ich habe jemanden gebeten…«
»Eine Nachricht?«, wiederholte Zeth. »Ich weiß nichts von irgendeiner Nachricht, Junge. Und wie wär's, wenn du jetzt den Mund halten und mich weiterreden lassen würdest? Wie ich schon sagte. Tag um Tag, wochenlang hat Pa sich um dich gesorgt. Er hat uns alle in den Wahnsinn getrieben. Eines Nachts kam ein Sturm auf, hinter dem Riff. Er hat geheult und gepfiffen und uns mit Eis beschossen. Pa schwor, er könne deine Stimme im Wind rufen hören. Er ist zu den Booten runter, bevor wir ihn aufhalten konnten, und losgesegelt, um dich zu suchen. Wishus und ich, wir sind ihm nach, aber wir konnten nichts tun, weil er in einem Boot war und wir in einem anderen. Er war abgelenkt, weil er nach dir suchte, Asher, und Ablenkungen sind gefährlich auf einem Boot, wenn das Wetter schlecht ist. Daran erinnerst du dich vielleicht noch.« Zeth musterte ihn mit einem grausamen Blick. »Andererseits hast du's vielleicht vergessen, jetzt, da du so fein gekleidet bist wie ein Dorane.«
Asher schluckte. In seinem Kopf war ein Tosen, als sei der mörderische Sturm zurückgekehrt. »Ich verstehe das nicht. In der Nacht, als ich aufgebrochen bin, habe ich Jed eine Nachricht für ihn gegeben. Jed hat hoch und heilig geschworen, dass er sie Pa überbringen würde, damit er sich keine Sorgen machen musste.«
»In der Nacht, als du fort bist, Junge, ist Jed sturzbetrunken hingefallen und hat sich den Kopf aufgeschlagen wie ein hart gekochtes Ei.« Zeths Augen waren groß von geheucheltem Kummer. »Der gute Jed taugt seither für nichts anderes mehr, als sabbernd an Straßenecken zu sitzen.«
Nein!
Nein, nicht Jed. Sein Kindheitsfreund. Sein Komplize bei so mancher Untat. Sommersprossig, umgänglich und immer zu einem Streich bereit… »Du lügst. Du würdest alles sagen, um mich zu verletzen, Zeth.«
Alle gespielte Anteilnahme verschwand aus Zeths Zügen, und er richtete sich auf und kam einen Schritt näher. In seinen Augen war nichts mehr als blanker Hass. »Ich kenne bessere Methoden als Worte, um dich zu verletzen, kleiner Bruder. Du hättest uns selbst erzählen sollen, was du vorhattest.«
Asher behauptete seine Stellung, wenn auch nur mit knapper Not. »Ihr hättet mich aufgehalten. Oder es zumindest versucht.«
»Natürlich hätten wir das getan!«, knurrte Zeth. »Du hattest kein Recht, die Familie zu verlassen. Du verdankst der Familie dein Leben. Dein Atem und dein Körper gehören uns.
Wir
sagen, was damit zu geschehen hat.
Wir
sagen, wo du hingehst und was du tust. Das sind die Regeln.«
»Deine Regeln«, erwiderte Asher. Seine Stimme klang eigenartig, als gehörte sie einem anderen. »Nicht meine. Nicht mehr.«
»Pa ist deinetwegen gestorben, Junge«, sagte
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