König 02 - Königsmacher
wartet!«
Seufzend blieb Asher stehen. »Was?«
Darran sah sich mit einem schnellen, gehetzten Blick in der leeren Halle um und kam noch näher. Die runzelige Kehle des alten Narren zuckte, als hätte er eine Orange im Ganzen verschluckt und könne sie nicht herunterwürgen. »Ich möchte kurz mit Euch reden.«
»Worüber?«
»Ihr habt Seiner Hoheit das Leben gerettet.«
Asher hob die Hände. »Darran, wenn es um diese blödsinnige Parade geht, verschwendet Ihr Euren Atem. Ich habe geschlafen, als Gar und seine Eltern sich diese verrückte Idee zusammengeträumt haben, daher könnt Ihr mir nicht die Schuld daran geben.«
Darrans verkniffenes Gesicht war starr von Abneigung - und von etwas anderem. Etwas, das Asher nicht einordnen konnte. »Asher, seid still. Mir ist vollkommen klar, dass die Parade zu Euren Ehren auf den Wunsch Ihrer Majestäten zurückgeht. Das ist es nicht, worüber ich mit Euch sprechen wollte.« »Was ist es dann?«, fragte Asher ungeduldig. »Falls es Euch nicht aufgefallen ist, Darran, ich versuche, hinauszukommen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Für mich fühlt es sich so an, als hätte ich nicht sechs Tage, sondern sechs Monate lang nichts anderes gesehen als das Innere meiner Augenlider.«
Auf Darrans mageren Wangen erschienen rote Flecken. »Ihr seid wirklich der unmöglichste Mensch, den kennenzulernen ich je das Missgeschick hatte«, blaffte er. »Ich wollte eigentlich nur eins sagen: Indem Ihr Euer eigenes Leben aufs Spiel gesetzt habt, um das Leben Prinz Gars zu retten, habt Ihr einen Mut und ein Ehrgefühl bewiesen, das ich Euch zuvor niemals zugetraut hätte.«
Asher dachte einen Moment darüber nach. »Träume ich noch, oder war das ein Kompliment?«
Darran nickte. »Anscheinend. Obwohl ich mich langsam frage, warum ich das gesagt habe.«
»Da wären wir schon zu zweit«, sagte Asher grinsend. »Ihr braucht mir keine Komplimente zu machen, Darran. Ich habe ihn nicht für Euch gerettet.«
Darran krampfte die Hände ineinander, bis die Knöchel weiß hervortraten. »Trotzdem. Ihr habt ihn gerettet.«
Mit einem gelinden Schock wurde Asher bewusst, dass Darran nicht versuchte, ihm eins auszuwischen. Der alte Narr meinte jedes Wort ernst, das er sagte. Und das war die Regung in Darrans Zügen, die er zuvor nicht hatte einordnen können: der bittere Geschmack heruntergeschluckten Stolzes.
Bastard!
Er seufzte. »Ich musste es tun.«
Darran sah ihn lange schweigend an. »Ich verstehe«, sagte er schließlich. »Also schön.« Er wandte sich ab, hielt dann jedoch inne und drehte sich noch einmal um. »Das bedeutet auf keinen Fall, dass ich Euch plötzlich akzeptieren werde oder meine Meinung geändert habe, dass Ihr im Herzen ein gesetzloser, ungehobelter Taugenichts seid. Das ist Euch natürlich klar.«
»Natürlich. Genauso wenig will ich damit andeuten, dass ich Euch für etwas anderes halte als einen vertrockneten alten Hundeschiss.«
Darrans Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. »Genau.«
Nachdem sie solchermaßen beide ihr Gesicht gewahrt hatten, gingen sie auseinander.
Ohne sich bewusst dafür entschieden zu haben, schlenderte Asher zu den Ställen hinüber. Die Herbstluft war frisch, und die Blätter an den Bäumen überall um ihn herum erstarben in einem Tumult von Rot- und Goldtönen. Er sog tief die Luft ein und war überwältigend dankbar dafür, am Leben zu sein. Ob er natürlich dankbar dafür war,
hier
am Leben zu sein und nicht unten an der Küste, das war eine andere Frage. Frische Trauer zuckte in ihm auf.
Pa.
Und Jed. Würde es jemals eine Zeit geben, da er an seinen Vater und seinen Freund denken konnte, ohne Schmerz zu empfinden? Es war schwer vorstellbar. Pa war tot… Jeds Geist war verwirrt… und er trug die Schuld daran.
»Barl stehe uns bei!«, rief Matt, als Asher in den Stallhof kam, und ließ den Eimer mit Futter, den er trug, fallen. »Schaut nur, was die Katze angeschleppt hat.« Matts Stallburschen, die im Hof standen, riefen und pfiffen wild durcheinander. Matt kam ihm entgegen und drückte ihn zu seiner großen Überraschung so fest an sich, dass er ihm beinahe die Rippen zerquetschte. »Verdammt, Asher, ich bin vor lauter Angst um dich fünfzig Jahre gealtert!« Von einem warmen Gefühl der Freude erfüllt, erwiderte Asher die Umarmung. »Tut mir leid.«
Mit einem letzten donnernden Schlag zwischen die Schulterblätter trat Matt zurück. »Dathne hat erzählt, dass du wieder recht gut aussiehst«, bemerkte er, während
Weitere Kostenlose Bücher