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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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meine Freunde.«
    Aus dem hinteren Teil des Raums erklang die Stimme seines Stallmeisters. »Ein dreifaches Hurra auf den Prinzen, meine Damen und Herren!«
    Während sie mit den Füßen stampften und ihm zujubelten, schnürte Gars Kehle sich unter ungeweinten Tränen zusammen.
    Sein treues, liebendes Volk… seine Schwester, mit der er sich soeben versöhnt hatte… sein magisches Geburtsrecht, das ihm so plötzlich zugefallen war… wahrhaftig, war jemals ein Prinz von Lur so reich beschenkt worden? Er war noch nie im Leben so glücklich gewesen.
    »Nein, nein,
nein!«,
rief Durm, als der wackelige Stapel farbiger Holzklötze umfiel. »Sie müssen
genau
ausgerichtet werden, das ist der ganze
Sinn
dieser Übung!«
    Gar, der an Zorn und Demütigung schier erstickte, funkelte ihn an. »Ich gebe mir Mühe.«
    Durm bleckte die Zähne. »Nicht genug Mühe. Also, sammelt die Steine auf, dann fangen wir noch einmal von vorne an.«
    Er griff nach dem ihm am nächsten liegenden Holzblock; Durm schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. »Nicht mit den
Fingern,
Ihr Narr! Mit
Magie!«
    Gar sprang zitternd von der Werkbank auf. »Wenn Ihr mich noch einmal schlagt, Durm, wird das Konsequenzen haben, Meistermagier hin, Meistermagier her!« Lange Sekunden starrten sie einander mit schweigendem Groll an. Dann seufzte Durm, sackte in sich zusammen und schüttelte den Kopf. »Verzeiht mir, mein Junge. Ich weiß, Ihr tut Euer Bestes. Magie ist harte Arbeit. Und es muss schwierig sein, in nur einem Monat all das zu lernen, wofür andere zwei Jahrzehnte Zeit haben.«
    Gar, der stocksteif dagesessen hatte, entspannte sich. »Durm«, sagte er kläglich, »Ihr habt ja keine Ahnung…«
    Ein Monat war vergangen, und er hatte sein neues Ich noch immer nicht ganz akzeptiert. Es hatte eine geschlagene Woche gedauert, bis er in der Lage gewesen war, morgens die Augen aufzuschlagen und kein Glimmfeuer heraufzubeschwören, noch bevor er dem Drängen seiner Blase nachgegeben hatte. Und obwohl dieses von panischer Angst getriebene Bedürfnis, sich seiner Magie zu versichern, inzwischen der Vergangenheit angehörte, war die Freude über seine neu gefundene Macht noch immer so ungeheuerlich, dass es ihm manchmal schwerfiel, sich nicht in Verlegenheit zu stürzen, indem er in Tränen ausbrach.
    Seht mich an, ich habe eine Blume geschaffen. Seht mich an, ich habe die Tür verschlossen. Seht mich an. Seht mich an. Seht mich an.
    Die sprudelnde Quelle der Magie in ihm war süßer als Wein. Sie speiste seinen Geist, sein Herz und seine Seele. Wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, kopfüber hineinzuspringen und für immer dortzubleiben, hätte er es getan. Wenn er sich abends ins Bett schleppte, von Dürrns Lektionen so müde, dass er kaum die Arme heben konnte, unterhielt er sich manchmal damit, winzige Bälle aus Glimmfeuer heraufzubeschwören und sie in der Dunkelheit tanzen zu lassen wie Leuchtkäfer.
    Harmlose Tricks wie dieser fielen ihm inzwischen so leicht wie das Atmen. Aber
dies
hier… die Übungen, die Durm ihn Tag um Tag machen ließ… der Kampf, seine Macht zu umfassen, sie zu formen, sie zu verfeinern… jeden jämmerlichen Tropfen davon unter Kontrolle zu halten, wenn sie wie eine flüssige Kaskade durch seine Adern stürzte…
    »Du musst es tun«, hatte sein Vater gesagt, als sie einmal einen Moment lang ungestört gewesen waren. »Denn die Wettermagie ist wie Hunderte und Aberhunderte von Wasserfällen, und sie wird dich zerquetschen, wenn du sie nicht zu beherrschen lernst.«
    Bei der Erinnerung an diese Worte stieß Gar scharf den Atem aus. Drückte die Schultern durch, hob den Kopf und sah Durm, ohne mit der Wimper zu zucken, in die Augen.
    »Also schön«, sagte er. »Lasst uns noch einmal anfangen.«
    Diesmal hatte er Erfolg. Für einen kurzen Moment. Der Turm aus Holzblöcken hielt geschlagene drei Sekunden stand, bevor er auf der Werkbank in sich zusammenfiel.
    »Besser«, sagte Durm und klopfte ihm auf die Schulter. »Viel besser. Ich werde Euch jetzt allein lassen, damit Ihr noch ein wenig üben könnt. In den nächsten Stunden muss ich mich um andere Dinge kümmern. Ich werde nach dem Mittagessen wieder zu Euch stoßen, und sobald Ihr zu meiner Zufriedenheit bewiesen habt, dass Ihr diese Übung beherrscht, werden wir zur nächsten Stufe weitergehen.«
    Entsetzt sah Gar zuerst ihn an, dann die Holzblöcke auf der Werkbank. Der Schweiß der Anstrengung stand ihm noch immer feucht auf der Haut.

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