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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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er sie jetzt verlor…
    Fane ließ sich von der Werkbank gleiten und schlang sich eine Haarsträhne um den Finger. »Der Trick bei den Holzblöcken«, sagte sie ernst, »liegt darin, das Spiel der Energien in der Balance zu halten. Durm hat dir gewiss erklärt, dass alle Steine einzeln verzaubert wurden, um einander abzustoßen.
Deine
Aufgabe besteht darin, die gegensätzlichen Elemente zurückzudrängen und ein flüssiges Miteinander der konkurrierenden Schwingungen herbeizuführen, sodass ihre Energien harmonisch und nicht gegenläufig oszillieren. Nur wenn du das erreicht hast, werden sie übereinander liegen bleiben.«
    Er verdrehte die Augen. »Ist das alles? Und da dachte ich, es sei schwierig!« Ihr Lächeln war auf freundliche Weise herablassend. »Gar, sei nicht dumm. Du bist Musiker, wieso begreifst du nicht, wie es funktioniert?«
    Er starrte die Holzblöcke mutlos an. »Was hat Musik damit zu tun? Ich zupfe hier nicht an den Saiten einer Laute, Fane, ich…«
    »Denk nach«,
beharrte sie und versetzte ihm eine Kopfnuss. Er zuckte zusammen. Wie der Herr, so's Gscherr. »Wie machst du Musik? Immer einen Ton nach dem anderen! Wie balancierst du die Blöcke und kontrollierst die Energien? Immer eine Vibration nach der anderen!«
    Und plötzlich ergab alles einen Sinn.
    Er schloss die Augen und tastete in der samtenen Dunkelheit nach den Klängen, den Farben und der Beschaffenheit eines jeden einzelnen Blocks. Die Augen noch immer geschlossen, bewegte er die Finger, und seine Magie entfaltete sich wie ein Samen aus der Schote. Erfüllt von prallem Leben, aber dennoch gezähmt. Nur noch das Echo eines feurigen Wasserfalls, das auf seinen Befehl wartete. Vor seinem inneren Auge sah er den Turm aus Holzsteinen als etwas Ganzes, Zusammenhängendes, Gefügiges. Hörte das Lied, das sie singen sollten, und lockte sie, bis sie sich zu einem Chor zusammentaten. Der erste Holzstein - der zweite - der dritte, vierte, fünfte, sechste…
    Er öffnete die Augen.
    »Siehst du?«, sagte Fane. »Ganz einfach.«
    So stabil wie ein Baum stand der Turm aus Holzsteinen vor ihm auf der Werkbank. Eine geradezu schmerzhafte Freude durchströmte ihn. »Danke«, flüsterte er. »Danke, danke, danke.«
    Ohne nachzudenken, umarmte er sie - und zum ersten Mal seit ihrer unschuldigen frühen Kindheit erwiderte sie seine Umarmung.
    Asher legte seine Feder beiseite, schlang die Finger im Nacken zusammen und spannte die Muskeln an. Für einen Moment verschwamm der Raum um ihn herum. Stöhnend drehte er den Kopf von einer Seite zur anderen und versuchte, den beharrlichen, nagenden Schmerz zu lindern, der ihm im Nacken und in den Schultern saß.
    Den ganzen Tag über hatte er im Haus festgesessen und gearbeitet, geradeso wie er es nun seit fast sechs Wochen tat. Und wenn er nicht im Turm saß und arbeitete, musste er an Zusammenkünften mit Gildemeistern, mit Pellen Orrick oder besorgten Bürgern teilnehmen. Und er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er in nächster Zeit einmal
nicht
im Haus festsitzen und arbeiten würde. Er las Briefe. Schrieb Briefe. Las beeidigte Erklärungen. Antwortete auf beeidigte Erklärungen. Bereitete sich auf Sitzungen vor. Nahm an Sitzungen teil. Las Notizen. Entwarf Notizen. Noch fünf Minuten mehr davon, und er würde schreien. Wie ein Mädchen.
    In seiner Zeit als Gars Berater war es nicht so schlimm gewesen. Er war viel herumgekommen und hatte mit Menschen geredet, und das hatte ihm Spaß gemacht. Es hatte ihm Spaß gemacht, seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten, in anderer Leute Leben zu stecken. Ihre Probleme zu lösen oder, wenn er es nicht konnte, dafür zu sorgen, dass jemand anderer es tat. Zu beobachten, wie die Brauer ihren Hopfen rösteten, die Käsemacher ihre Waren wachsten und die Wagenbauer dafür sorgten, dass ihre Räder so schön rund wurden. Insbesondere hatte er den Respekt und die Herzlichkeit der Menschen genossen, ihren Stolz, dass er, der beinahe genauso hoch stand wie die Königsfamilie, in ihren Salons saß und mit ihnen Tee trank.
    Aber jetzt, da Gar plötzlich von Magie befallen war und alles in der Schwebe hing, hatte er keine Zeit mehr für dergleichen angenehme Besuche. Statt mit Menschen zu reden, hörte er sich entweder in förmlichen Sitzungen ihre Klagen an oder schrieb ihnen, und er
hasste
das Schreiben. Davon schmerzten ihm die Finger, sein Gehirn summte, und obendrein bekleckerte er sich ständig mit Tinte. Die Waschfrauen beschwerten sich schon. Und

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