Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
Allerdings sind diese – leider – auch nicht ganz frei von Kalorien. (…)
Wir (…) wünschen Ihnen weiterhin viel Spaß beim Backen und Kindergeburtstagfeiern.
Mit freundlichen Grüßen
Anja-Alexandra Horn
Natürlich habe ich mir die empfohlenen Rezepte sofort angeschaut: Die Mäuse bringen es pro Stück auf 374 Kalorien. Ein Stachelschwein wiegt 294 Kalorien. Und das Schokodil schlägt alle Rekorde: Pro Stück fallen 1 600 Kalorien an – nicht zuletzt durch Schokotröpfchen, Sweet-Family-Zucker, helle und dunkle Kuvertüre sowie bunte Zuckerperlen und -linsen. Wer solche Süßigkeiten für ein übergewichtiges Kind empfiehlt, könnte einem Ertrinkenden auch einen Betonklotz als Rettungsring zuwerfen.
Schrieb Nordzucker nicht, man gehe selbstkritisch mit dem Thema Zucker um? Leider trifft das Gegenteil zu, wie auch die Anlage des Briefes beweist: acht (kritische) Fragen zum Thema Zucker, vom Hersteller ebenso zuckersüß wie zweifelhaft beantwortet. Hier ein paar gekürzte Kostproben – mit Kommentaren von mir:
»Macht Zucker dick?«
Nordzucker antwortet: »Zucker selbst (macht) nicht dicker (…) als andere Lebensmittel. Tatsächlich enthält Zucker pro Gramm nur halb so viele Kalorien wie Fett. (…) Übergewicht ist das Ergebnis eines Zusammenspiels vieler Faktoren, wie genetische Veranlagung, Ernährung, Bewegungsmangel, psychosoziale und sozialdemographische Faktoren.«
Kommentar: Da freut sich der Übergewichtige! Zucker – so scheint es – ist im Vergleich zu Fett ein einziger Schlankmacher. Und wer weiß, ob der Hüftspeck nicht nur von Mutti geerbt ist (»genetische Veranlagung«), mit dem Arbeitsstress zu tun hat (»psychosozial«) oder gar am Straßenlärm des Wohnorts liegt (»sozialdemographische Faktoren«). Die Bedeutung der Ernährung wird heruntergespielt. Kein Wort davon, dass starker Zuckerkonsum das Übergewicht-Risiko nachweislich erhöht.
»Liefert Zucker leere Kalorien?«
Nordzucker antwortet: »Zucker wird häufig dazu verwendet, den Geschmack von Produkten zu verbessern, die reich an Ballaststoffen, Vitaminen oder Mineralstoffen sind. (…) Ob Zucker ›leere Kalorien‹ liefert, ist davon abhängig, womit er kombiniert wird.«
Kommentar: Das ist doppelter Quatsch. Erstens, weil Zucker seine Lieblingsallianz nicht mit Vitaminen und Mineralstoffen eingeht, sondern mit Fett – ob bei Torten, Pralinen, Schokolade oder Eis. Solche Kalorienbomben schlagen doppelt ein. Und zweitens, weil Zucker auch dann leere Kalorien liefert, wenn man ihn auf frische Erdbeeren streut. Die positiven Eigenschaften des Obstes springen nicht auf ihn über (auch wenn die Zuckerindustrie das gern hätte!).
»Diabetes durch Zucker«
Nordzucker antwortet: »Der Zuckerkonsum spielt bei Diabetes Typ 1 keine Rolle. (…) Bei Diabetes Typ 2 (ausgelöst durch Übergewicht und fortgeschrittenes Lebensalter) hat der Verzehr von Zucker keinen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit.«
Kommentar: Die Aussage, Zucker habe keinen Einfluss auf Diabetes Typ 2, ist eine dreiste Verharmlosung. Denn das Übergewicht, von dem die Krankheit ausgelöst wird, fällt nicht vom Himmel; nachweislich sind Menschen, die viel Fett und Zucker essen, für diese Krankheit prädestiniert. 60
»Macht Zucker süchtig?«
Nordzucker antwortet: »Für diese Behauptung gibt es keinerlei wissenschaftlichen Beleg. Zuckerkonsum ruft keine physiologischen Suchtsymptome hervor, wie zum Beispiel Entzugserscheinungen bei Alkoholikern.«
Kommentar: Doch, es gibt einen solchen Hinweis! Der Neurowissenschaftler Bart Hoebel von der Princeton University hat Ratten regelmäßig mit Zuckerwasser gefüttert. Die Tiere wurden immer gieriger, schlürften bald die doppelte Menge. Dann verweigerte Hoebel ihnen den Zucker-Nachschub. Die Ratten klapperten mit den Zähnen – ein typisches Entzugs-Symptom. Hoebels Erklärung: Zucker regt das Gehirn an, verstärkt eigene Opiate zu produzieren. Und die machen »genauso abhängig wie (…) Morphium oder Heroin « 61 . Es gibt Hinweise, dass Zucker bei Menschen ähnlich wirkt.
Ausgekotzt und aufgemotzt
Wenn Sie ein Kennzeichen-Imitat an Ihr Auto schrauben und damit durch die Straßen gondeln, ist das keine schrullige Aktion – es ist eine Straftat. Dieses Delikt bringt Sie in Deutschland vor Gericht, vielleicht sogar ins Gefängnis. Und kommen Sie dem Staatsanwalt bloß nicht mit der Ausrede, das Material Ihres Autokennzeichens sei zu 60 Prozent mit dem Originalmaterial identisch. Er wird Sie
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