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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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100-Gramm-Tafel Schokolade bleiben nur 50 übrig, wenn man ein Zehntel als Portion rechnet.
    Dieser perfide Trick, den der Gesetzgeber leider duldet, beruhigt das Gewissen der Käufer (scheinbar ist das Produkt gar nicht so kalorienhaltig). Und er füllt die Kassen der Hersteller, die in jeder Hinsicht auf kleine Portionen setzen – vor allem in Sachen Ehrlichkeit!
    Gib den Affen Zucker!
    Was würden Sie von einer Mutter halten, die ihr Kind dazu bringt, auf einen Schlag 18,5 Stück Würfelzucker zu schlucken? Das wäre eine Rabenmutter, sagen Sie? Weil doch jeder weiß: Zucker ist ein leeres Nahrungsmittel, ohne Vitamine und Mineralstoffe. Seine Kalorien lädt es schon an Kinderhüften ab. Wer viel Zucker isst, ist anfällig für Fressattacken, für Übergewicht, für Diabetes …
    Und wie denken Sie über eine Mutter, die Ihrem Kind liebevoll einen 400-Milliliter-»Schüttelshake Joghurt Erdbeere« von Bärenmarke ins Schulgepäck steckt? Ist das eine ernährungsbewusste Frau, die gut daran tut, ihr Kind nicht ohne ein Milchprodukt-Frühstück in die Schule zu lassen?
    Traurige Wahrheit: Die Würfelzucker- und die Joghurt-Mutter sind identisch. Der Schüttelshake ist eines von Tausenden Nahrungsmitteln, die uns Kunden mit dem Anstrich des Gesunden untergejubelt werden, deren Lack aber sofort blättert, wenn man ihren Zuckeranteil erforscht. 18,5 Würfelzucker auf 400 Gramm – süßes Gift!
    Wir Kunden sind die Affen, und die Nahrungsmittelindustrie gibt uns Zucker. Sie schaufelt das weiße Gift in alle möglichen Lebensmittel. Diese Kalorienbomben explodieren an den Küchentischen, auf den Schulhöfen, in den Kantinen der Republik. Nur ist die Explosion unhörbar: Zucker fördert ein suchtähnliches Essverhalten und führt damit zu Fettleibigkeit, wie Tierversuche beweisen (siehe Seite 147 f.). 54 Die Menschen fühlen sich nicht mehr satt, wenn sie satt sind, sondern (fr)essen wie die Raupe Nimmersatt weiter. Nicht nur der Umsatz, auch das Körpergewicht steigt.
    Die Industrie züchtet sich Zucker-Junkies heran, allerdings heimlich. Der Stoff wird so verdealt, dass ihn der Konsument nicht sehen kann, und auch dort, wo man ihn niemals vermuten würde – zum Beispiel in würzigen Produkten wie Wurst oder in vermeintlichen »Light«-Lebensmitteln.
    Zuckersucht – wie fängt eine solche Karriere an? Schon als Kind zog mich die Eiskarte am Dorfkiosk magisch an. Ich hatte keine Ahnung, dass ein Eis am Stiel weniger gesund sein könnte als ein Apfel. Die Namen klangen exotisch und lecker. Das billigste Eis nannte sich »Mini-Milk«, als wäre es aus purer Milch hergestellt. Ein anderes schlüpfte ins Fruchtkleid: »Cornetto Erdbeere«. Und was sollte sich hinter abenteuerlichen Namen wie »Split«, »Dolomiti« oder »Brauner Bär« auch Ungesundes verbergen?
    Ehe ich das kleine Einmaleins in der Schule beherrschte, hatte ich wie Millionen andere Kinder auch eine andere Lektion gelernt: dass nichts so begehrenswert ist wie süße Lebensmittel, wie Naschkram voller Zucker.
    Die Folgen sind nicht zu übersehen, am wenigsten in der Bauchgegend: Zwei Millionen Kinder gelten in Deutschland als zu dick. Das Übergewicht bei jungen Menschen bis 17 Jahre hat sich nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts seit den 1990er Jahren um 50 Prozent erhöht. 55 Damit sind ausgerechnet die Jüngsten Spitzen reiter in einer wenig ruhmreichen Disziplin: Ihre Fettleibigkeit nimmt schneller zu als die aller anderen Altersstufen. Wobei die deutschen Erwachsenen als Vorbilder keine gute Figur abgeben: 37 Millionen schleppen überflüssige Pfunde mit sich herum. 56
    Aber liegt das wirklich am Zuckerkonsum? Oder spielen nicht andere Faktoren, zum Beispiel der Bewegungsmangel, eine viel bedeutendere Rolle? Tatsache ist: Jeder Deutsche schaufelt pro Jahr 40 Kilo Zucker in sich hinein, das ist rund ein Drittel mehr als bei der Generation davor. 57
    Aber was kann die Nahrungsmittelindustrie dafür, dass Kinder gerne Eis oder Schokolade essen? Jede Menge! Was für den Rattenfänger die Flöte, ist für die Lebensmittelindustrie die Werbung. Jedes Jahr lassen sich die Firmen ihre Werbung in Deutschland rund drei Milliarden Euro kosten. Der größte Posten fließt in Zuckerprodukte. So werden 600 Millionen in die Schokoladen- und Zuckerware gepumpt, davon allein 30 Millionen in die Eiswerbung. 58
    Die Zuckerprodukte verfügen, passend zum Kaloriengehalt, über einen fetten Etat. Dagegen kommt die Werbung für gesunde Produkte wie Früchte und

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