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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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einverstanden sind. Aus unserer Sicht haben wir Ihre Anfrage ausführlich und erschöpfend beantwortet.
    Jedes weitere Schreiben diesbezüglich könnte daher Wiederholungen unserer bisherigen Aussagen beinhalten.
    Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir vor diesem Hin tergrund von weiteren Antwortschreiben zu diesem Sachverhalt Abstand nehmen.
    Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
    Mit freundlichen Grüßen
    Martina Grüttner-Machill
    Es gibt viele Wege, einem Kunden zu sagen: »Halt’s Maul!« Dieser war so ziemlich der direkteste. Das klang, als würde ein Fabrikdirektor seinen Hilfsarbeiter abkanzeln. Und genau so fühlte ich mich auch: gedemütigt und getreten. Ich nahm einen letzten Anlauf (der natürlich ohne Echo blieb):
    Sehr geehrte Frau Grüttner-Machill,
    Sie schreiben mir: »Aus unserer Sicht haben wir Ihre Anfrage ausführlich und erschöpfend beantwortet.« Das ist schön für Sie. Aber was bedeutet Ihnen meine Sicht – die des Kunden?
    Leider haben Sie keine einzige meiner Fragen geklärt.
    Ich wollte wissen: An wen kann ich mich wenden, um die Bankeinzugs-Sperre aufzuheben – Sie haben nicht darauf geantwortet.
    Ich wollte wissen: Was werfen Sie mir vor, dass Sie mich vom Bankeinzug aussperren – Sie haben nicht konkret geantwortet.
    Ich habe Sie gebeten zu verifizieren, dass mir durch einen Fehler der Bahn zwei Bahncards zugestellt wurden, von denen ich eine natürlich nicht bezahlt, sondern zurückgeschickt habe – Sie haben diese Prüfung offenbar unterlassen.
    Und ich, der Kunde, darf jetzt für einen Fehler der Bahn büßen.
    Danke für Ihren Zaunpfahl-Hinweis, dass Sie auf meine Kundenmails nicht mehr antworten werden. Unter uns gesagt: Auf solche Antworten kann ich auch verzichten.
    Gute Nacht, Deutsche Bahn!
    Martin Wehrle
    Die Bananensoftware
    Was haben Bananen und Software gemeinsam? Man kann sie beim Kunden reifen lassen. Immer mehr Firmen schleudern ihre Software auf den Markt, obwohl sie noch an Kinderkrankheiten leidet. Früher wäre das ruinös gewesen. Die Kunden hätten den Unternehmen ihre Programme und Produkte, ihre DVD-Player, Laptops, Handys, Drucker und Spielkonsolen massenhaft um die Ohren gehauen. Nur Marktreifes gelangte auch auf den Markt.
    Doch heute, im Zeitalter des Web 2.0, ist Bananensoftware die Regel. Sicher, ich schlage Alarm, wenn mein LCD-Fernseher oder mein Handy eine Software-Macke hat. Aber wie reagieren die Firmen auf meinen Protest? Mit einer Doppeltaktik.
    Erstens nutzen sie solche Kundenrückmeldungen als Instrument der Qualitätskontrolle. Eine Aufgabe, für die früher lange Versuchsreihen mit bezahlten Testkunden nötig waren, wird an zahlende Endverbraucher ausgelagert. Wenn ein paar tausend andere Kunden dieselbe Beschwerde vorbringen, hat auch der dümmste Hersteller begriffen: Hier liegt ein Mangel vor, und der muss beseitigt werden!
    Aber im zweiten Schritt denkt die Firma nicht daran, das zu tun, was bei mangelhafter Ware ihre Pflicht wäre: sie zurückzunehmen. Vielmehr schmiert sie mir eine große Portion Honig um den Bart, bedankt sich für mein »wertvolles Feedback« und kündigt feierlich an, meinen Hinweis zu berücksichtigen – beim nächsten »Firm-ware-Update«.
    Das ist geradezu genial für die Firmen: Ein mangelhaftes Produkt verursacht keine Kosten mehr. Der Verkäufer muss keine Rückrufaktion in die Wege leiten, nicht für den Versand der Ware aufkommen, keine Fachkraft mit der Reparatur beauftragen und schon gar nicht das fehlerhafte Produkt ersetzen. Stattdessen werde ich, der schlecht bediente Käufer, als Administrator eingespannt.
    Ich muss mich durch den Dschungel des Online-Supports kämpfen. Ich muss Downloads durchführen, egal wie lange sie dauern. Ich muss Programme installieren. Und ich darf, wenn ich naiv genug bin, mich auch noch geschmeichelt fühlen, dass Weltfirmen wie Sony oder Siemens auf den Hinweis eines kleinen Verbrauchers gehört haben.
    Dieser Online-Support wird mir als Service verkauft, als Bonus – als hätte ich über den Einkauf des Produktes hinaus einen Mehrwert erworben. Wahr ist: Ich, der Kunde, bekomme ein Software-Auto mit mangelhaften Bremsen geliefert, riskiere bei der Fahrt Kopf und Kragen und darf als Dankeschön auch noch unters Auto krabbeln, zum Schraubenschlüssel greifen und die Bremsscheiben ersetzen. Und wenn ich dabei einen Fehler begehe und aus der nächsten Software-Kurve fliege: Pech gehabt!
    Der moderne Kunde wird, ohne es zu merken, immer mehr

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