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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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brachte, erhob sich Lancelot, legte leise seinen Harnisch ab und den seines Freundes an. Er nahm Sir Kays Schild, stieg hinab in den Burghof, holte Sir Kays Pferd und sattelte es. Dann öffnete er leise das Tor, ritt hindurch und hinaus in die Nacht.
    Als der Seneschall am Morgen erwachte und seine Rüstung vermißte, war er im ersten Augenblick bestürzt, doch dann lachte er. »Heute«, dachte er, »wird einigen Rittern das Lachen vergehen. Sie werden angerannt kommen wie die Mäuse, um gegen den vermeintlichen Sir Kay zu kämpfen. Ich aber mit Sir Lancelots Rüstung werde unbehelligt durchs Land reiten können, und die angstschlotternden Männer werden mich mit Respekt behandeln!«
    Sir Lancelot kam in ein schönes Land voller Wiesen, übersät mit gelben Blumen und durchzogen von freundlichen Bächen, in denen braune Forellen nach Fliegen schnappten, während andere ruhig ihre Bahn zogen und nach ihresgleichen als Beute Ausschau hielten.
    An einem klaren Teich waren Mädchen zu sehen, die Wäschestücke wuschen und sie dann auf der Wiese ausbreiteten, um sie von der Sonne bleichen zu lassen. Sie beobachteten den vorüberreitenden Ritter, winkten ihm mit den sauberen, nassen Kleidungsstücken in den Händen zu, und eine von ihnen, zwölf Jahre alt, getraute sich, ihm einen Pokal zu bringen, gefüllt mit Wein aus Korinthen. Sie streichelte die Schulter des Pferdes, während Sir Lancelot trank.
    »Es heißt, Ihr seid Sir Kay«, plapperte sie.
    »So ist es, kleines Fräulein.«
    »Es heißt, Sir Lancelot sei hier in der Gegend.«
    »Das mag sein.«
    »Oh! Kennt Ihr ihn, Sir?«
    »Ja.«
    »Ist es wahr, Sir, daß er groß wie eine Fichte ist und daß aus seinen Augen Feuer sprüht?«
    »Nein, das ist nicht wahr. Er ist nur ein Mann und in manchen Dingen ein sehr durchschnittlicher Mann.«
    »Ist er Euer Freund?«
    »Ja, so könnte man es nennen.«
    »Dann, finde ich, habt Ihr kein Recht zu sagen, was Ihr gesagt habt.«
    »Was habe ich denn gesagt?«
    »Ihr habt gesagt, er sei nicht so groß wie eine Fichte und aus seinen Augen sprühe kein Feuer. Ihr habt gesagt, er sei ein durchschnittlicher Mann.«
    »In manchen Dingen.«
    »Wärt Ihr sein Freund, würdet Ihr ihn nicht herabsetzen, wenn er nicht da ist und sich nicht verteidigen kann. Aber Ihr seid ja nur Sir Kay. Vielleicht wißt Ihr es nicht besser. Gebt mir den Pokal wieder!«
    »Danke, kleines Fräulein.«
    »Wenn ich ihn sehe, werde ich zu ihm hinaufrufen, was Ihr gesagt habt. Und er wird Euch seine Lanze in den Hals rammen. Alle Welt weiß, daß er so groß wie eine Fichte ist.«
    »Sind das Zelte, was ich dort drüben sehe, kleines Fräulein?«
    »Ja, Zelte. Und wenn Ihr klug seid, macht Ihr einen Bogen darum herum. Dort sind ein paar Ritter, die Euch vom Pferd kippen würden. Schleicht Euch lieber davon, bevor sie Euch sehen.«
    »Ihr findet, das wäre klug gehandelt? Sind sie denn so wackere Ritter?«
    »Nun ja, sie sind keine Lancelots, aber sie brächten es vielleicht schon fertig, Sir Kay wie Wäsche aufs Gras zu breiten.«
    »Wie heißen sie?«
    »Sir Gawter, Sir Gilmere und Sir Raynold. Sie sind hier wohlbekannt.«
    »Vielleicht lassen sie mich passieren, wenn ich sie nicht reize.«
    »Aber darum geht es nicht, Sir. Sie warten dort auf Gelegenheiten, mit einem vorbeireitenden Ritter einen Gang zu tun.«
    »Und wenn Sir Lancelot vorbeikäme?«
    »Dann hätten sie vielleicht anderswo Geschäfte zu besorgen.«
    »Nun ja, ich werde es wohl darauf ankommen lassen müssen. Sollten sie mich besiegen, würdet Ihr mir dann beistehen, kleines Fräulein?«
    »Ich muß allen wahren Rittern zu Diensten sein, ebenso wie sie mir gegenüber dazu verpflichtet sind, Sir. Und Ihr habt höflich und aufrichtig zu mir gesprochen. Ich hatte gehört, Sir Kay sei eitel, aufgeblasen und ein Prahlhans. Ihr aber seid ein bescheidener Ritter, und diese Geschichten sind Lügen. Wenn Ihr gestürzt seid, werde ich Euch helfen, die Rüstung abzulegen und Eure Schmerzen lindern, wie es die Pflicht eines richtigen Fräuleins ist.«
    »Vergelt’s Gott«, sagte er. »Ihr seid eine artige junge Dame.«
    »Mag es Euch im Kampf noch so schlimm ergehen, wenn ich schlecht über Euch sprechen höre, werde ich es richtigstellen, denn Ihr macht den Eindruck eines Edelmannes von höflich gesetzter Rede.« Die kleine Dame sah ihm nach, als er davonritt.
    Lancelot schaute zurück, um ihr zu winken, und sah etwas Merkwürdiges. Die kleinen Finger beider Hände waren in die Winkel des Mundes geklemmt

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