König Artus
eine enge und vertrauensvolle Freundschaft, daß bald darauf, als sie in der großen Halle saßen – um sie herum die abgenagten Knochen von ihrem Abendessen, in ihren Händen mit Wein gefüllte Pokale –, Sir Gawain sagte: »Eine Sache will mir nicht aus dem Kopf, Sir. Ihr seid ein tapferer Mann, wie ich weiß, und von edler, ritterlicher Art, wie Ihr mir bewiesen habt. Wie kann es sein, daß Ihr die Damen haßt?«
»Ich? Die Damen hassen?« sagte Marhalt.
»Diese Damen, die Euren Schild mit Schmutz bewarfen, haben es behauptet.«
Da lachte Marhalt auf. »Habt Ihr nicht auch schon erlebt«, sagte er, »daß irgendein Fräulein, nur weil sie Euch nicht gefällt, herumerzählt, Euch seien alle Damen zuwider? Auf diese Weise will sie ihre eitle Selbstachtung retten und beweisen, daß Ihr kein Mann seid.«
»Aber was war mit denen, die Euren weißen Schild entehrt haben?«
»Sie hatten recht, als sie sagten, ich haßte sie«, antwortete Marhalt. »Aber sie hätten das nicht auf alle Damen ausdehnen sollen. Es gibt eine Sorte von Frauen, die die Männer zutiefst hassen und voller Neid auf wahre Männer sind. Sie sind diejenigen, die Schwächen ausnützen und mit List und Tücke die Stärke der Männer zugrunde richten wollen. Solche Damen sind mir zuwider, und ihresgleichen waren die dort bei dem Turm. Doch allen guten Damen und Edelfrauen diene ich, wie es einem rechten Ritter ansteht. Solche Damen würden niemals den Schild eines Mannes beschmutzen, wenn er abwesend ist, oder ihn hinter seinem Rücken verwünschen und dann wie furchtsame Hühner davonrennen, wenn er zurückkommt. Nein – es gibt andere Damen unter Gottes Sonne, die Euch anderes von mir erzählen können.«
Dann sprachen sie vom Ritterleben und von Abenteuern, und Sir Ewain sagte: »Ich muß weiterziehen, sobald ich kann. Ich stehe, ohne eigene Schuld, beim König in Ungnade, und muß vor aller Welt meine Ritterehre beweisen, so daß der König davon erfährt.«
Gawain sagte: »Ich stehe nicht in Ungnade, finde aber, daß mein Vetter ungerecht behandelt wurde, und werde bei seiner Suche nach Ehre nicht von seiner Seite weichen.«
Marhalts Miene verdüsterte sich. »Der Gedanke gefällt mir nicht, daß ihr weiterzieht«, sagte er. »Wir verstehen uns gut. Wollt ihr nicht hier bei mir bleiben?«
»Ich darf nicht, Sir«, sagte Ewain, »ich bin vom Hof gewiesen worden, und solche Schmach muß mit tapferen und ehrenvollen Taten getilgt werden.«
»Nun«, sagte Sir Marhalt, »dann will ich euch sagen, daß in der Nähe ein großer Wald voller Geheimnisse beginnt, der Wald von Arroy geheißen. Noch nie hat ihn jemand durchquert, ohne wundersamen Dingen, Gefahren und mehr Abenteuern zu begegnen, als er bestehen kann. Eure Rede hat mein Blut entflammt. Wenn ihr erlaubt, reite ich mit durch den Wald und nehme teil an eurer Abenteuersuche. Ich hatte ganz vergessen, wie schön und spannend eine Ausfahrt sein kann.«
»Wir freuen uns über Eure Begleitung, Sir«, sagte Gawain. »Und mehr noch über Euren starken Arm.« Und so setzten sie ihr Gespräch bis tief in die Nacht fort, über Abenteuer und Errettungen schöner Damen, und sie träumten von wohlerworbenem Ruhm und Ehre in der Welt.
Ewain sagte: »Sir, erzählt uns doch von Eurer Dame, die Euch den so abscheulich besudelten weißen Schild schenkte.«
Sir Marhalt aber schwieg, und Sir Gawain sagte: »Eure Frage ist ungehörig, Vetter. Worüber ein ehrenhafter Ritter nicht aus freien Stücken spricht, darüber will er nicht sprechen. Vielleicht war ein Eid im Spiel.«
»Ja, es war ein Eid«, sagte Marhalt rasch.
»Verzeiht mir, Sir«, sagte Ewain. »Und danke, lieber Vetter.«
Am nächsten Morgen bereiteten sich die drei Gefährten auf ihre Suche nach Abenteuern vor – sie rieben ihre Rüstungen blank, sorgten dafür, daß ihre Schwerter scharf waren, und wählten mit Sorgfalt Lanzen aus, wobei sie darauf achteten, daß die Maserung des Eschenholzes glatt und gleichmäßig war, denn von solchen Dingen hingen Sieg und Leben ab. Und als sie aufgesessen waren und in Richtung auf den Wald von Arroy davonritten, der in der Ferne dunkel dräute, fragte Sir Gawain: »Sir, kennt Ihr diesen Wald schon? Welcherart Abenteuer dürfen wir dort erhoffen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Marhalt. »Wüßte ich es, wären es keine Abenteuer. Doch vorüberziehende Ritter erzählten, daß er Wunderdinge berge.«
Es war ein Wald aus Eichen und Birken, durchsetzt mit Hage- und Weißdornsträuchern,
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