König Artus
Brombeerbüschen und dichtem Gestrüpp. Sein dunkler Rand verschloß ihn so dicht, daß sie sich mit den Schwertern einen Zugang freihauen mußten, doch schon nach kurzer Zeit stießen sie auf einen Pfad durchs Unterholz, den Rotwild gebahnt hatte, und sie folgten diesem Weg in der Gewißheit, daß er zu Wasser und Weidegründen führen müsse, denn Wild muß trinken und äsen. Nach einiger Zeit gelangten sie in ein Tal mit rechteckig zubehauenen Steinen, die durcheinandergeworfen dalagen, als wäre hier vor Zeiten eine Stadt geplündert und zerstört worden. Zwischen den Steinblöcken sahen sie ein paar primitive, wie Schafställe wirkende Schuppen, gebaut aus aufeinandergelegten Steinen und mit Ästen als Dächern. Von einem Hügel weiter weg strömte ein Bach mit reißendem Wasser, und nachdem sie dort ihre Pferde erquickt hatten, folgten sie dem Bachlauf hügelan bis zu der Stelle, wo seine Quelle aus dem moosbedeckten Hang sprudelte. Oberhalb der Quelle, unter einer Birkengruppe, saßen auf einer mit Farn bewachsenen Felsplatte drei Damen. Als die Ritter so nahe waren, daß sie sie sehen konnten, hielten sie an und betrachteten das merkwürdige Trio. Eine der Damen war schon vorgerückten Alters, zeigte nur noch Spuren ehemaliger Schönheit, und auf dem weißen Haar trug sie einen schweren goldenen Kranz. Neben ihr saß eine von dreißig Jahren, voll erblüht und stattlich, auf dem kastanienbraunen Haar ein dünner goldener Reif. Die dritte war ein liebliches Kind von fünfzehn Jahren, erst jüngst zur Frau herangereift, und sie hatte sich Blumen in das goldene Haar geflochten. Alle drei trugen die Kleidung von Edelfrauen, bestickt mit goldenem und silbernem Faden, und hinter ihnen lagen ihre pelzbesetzten Umhänge.
Die Ritter ritten langsam hin, nahmen höflich die Helme ab und entboten den sitzenden Damen ihren Gruß.
Sir Marhalt richtete das Wort an sie. »Meine Damen«, sagte er, »wir sind fahrende Ritter, für jedes Abenteuer bereit, das Gott uns schicken mag. Ihr habt von uns nichts zu befürchten, weil uns unsere Ritterehre am Herzen liegt, worunter ihr verstehen sollt, daß wir Damen ehrenhaft behandeln.«
»Seid uns willkommen«, sagte die älteste der drei.
Sir Gawain sagte: »Falls ihr nicht Schweigen gelobt habt, sagt uns, warum ihr hier sitzt, als würdet ihr auf etwas warten.«
Und die zweite Dame erwiderte: »Nein, es ist kein Geheimnis. Wir warten hier auf fahrende Ritter, wie ihr es seid. Das ist unser Brauch, so wie die Ausfahrt, die Suche nach Abenteuern euer Brauch ist. Wenn es euch recht ist, können wir euch zu Abenteuern führen, vorausgesetzt, ihr folgt unserer Sitte: Jeder von euch muß eine von uns als Führerin wählen. Sobald ihr dies getan habt, werden wir euch an einen Ort geleiten, von dem drei Wege wegführen. So bleiben jedem von euch zwei unerkundete Wege zu seinem Schicksal, und nur Gott kann bestimmen, welchen der drei ihr einschlagt. Dann wird jede von uns mit einem von euch den Dingen entgegenreiten, die euch beschieden sein werden, mag es sein, was es will. Aber ihr müßt schwören, daß ihr euch in Jahresfrist wieder hier einfinden werdet, wenn ihr noch am Leben seid. Möge Gott euer Leben beschirmen und euch Glück schicken.«
»Das ist wohl gesprochen«, sagte Sir Marhalt. »So soll es bei einer Ausfahrt sein. Aber wie soll jeder von uns seine Dame wählen?«
»Wie es euch euer Herz und Sinn eingeben«, sagte das Fräulein, warf einen raschen Blick auf den jungen Sir Ewain, schlug die Augen nieder und errötete.
Doch Sir Ewain sagte: »Ich bin der jüngste von uns dreien und nicht so stark und erfahren, deshalb laßt mir bitte die älteste Dame. Sie hat viel erlebt und kann mir am besten beistehen, wenn ich es nötig habe, denn ich werde mehr Beistand brauchen als die anderen.«
Das Gesicht des jüngsten Fräuleins wurde vor Ärger hochrot.
Sir Marhalt sagte: »Nun gut, wenn dem kein anderer Wunsch entgegensteht, wähle ich die Dame mit der reifen Anmut. Wir haben auch viel gemeinsam, da wir weder sehr alt noch sehr jung, von der Last der Eitelkeiten befreit sind und voneinander nicht zuviel verlangen werden.«
Sir Gawain frohlockte. »Habt Dank, edle Gefährten. Die übriggebliebene Dame hätte ich auch auf die Gefahr hin gewählt, die anderen zu kränken, denn sie ist die jüngste und schönste und gefällt mir am besten.«
Sir Marhalt sagte: »Entweder war es ein glücklicher Zufall, oder Gott hat unsere Wahl so gelenkt, daß kein Streit oder Ärger
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