König Artus
liebeskranker Hund.«
»Es ist ein Jammer, daß ein Mann so tief sinken kann«, sagte Gawain.
»Nun ja«, sagte sein Gastgeber, »er hat sich ausgedacht, wenn er damit nur lange genug durchhält, wird er sie mürbe machen, aber das einzige Resultat ist, daß ihre Abneigung gegen ihn sich in bitteren Haß verwandelt hat. Er hat ihr so viel Verdruß bereitet, daß sie den Mann, der ihn erschlüge, in den Himmel heben würde. Aber sie findet einfach keinen Ritter, der imstande ist, ihn im Kampf zu besiegen, und ihn zu töten, dazu ist keiner bereit.«
»Er tut mir leid«, sagte Gawain. »Ich werde ihn morgen aufsuchen und sehen, ob ich ihm helfen kann.«
»Ihr werdet kein Glück damit haben«, sagte Gawains Gastgeber. »Er ist für vernünftiges Zureden taub.«
»Immerhin, Ihr habt mich auf eine Idee gebracht«, sagte Gawain.
Am nächsten Morgen erfragte Gawain seinen Weg zu dem Kloster, wo Sir Pelleas sich einquartiert hatte, und er traf den Ritter zerschlagen und mit blauen Flecken am Körper an.
»Wie könnt Ihr das zulassen, ohne Euch zu wehren?« fragte ihn Gawain.
Sir Pelleas begann: »Ich liebe eine Dame, doch sie …«
»Ich kenne die Geschichte schon«, unterbrach ihn Gawain. »Aber ich verstehe nicht, warum Ihr der Dame erlaubt, auf Euch herumzutrampeln.«
»Weil ich hoffe, daß sie irgendwann doch Mitleid mit mir bekommen wird. Die Liebe bringt so manchem Ritter Leid, bis er erhört wird. Aber ich habe leider kein Glück.«
Gawain sagte: »Unter den Vorzügen des weiblichen Geschlechts ist das Mitgefühl eine Seltenheit.«
»Wenn ich beweisen kann, wie tief meine Liebe zu ihr ist, wird sie sich erweichen lassen.«
»Hört mit diesem Schmachten auf«, sagte Gawain. »So wie Ihr die Sache angeht, bringt es Euch nur Kummer und Kränkung ein, und wirkungslos ist es auch. Wenn Ihr erlaubt – ich habe einen Plan, Euch das Herz der Dame zuzuwenden.«
»Wer seid Ihr?«
»Ich bin Sir Gawain von König Artus’ Hof, sein Schwestersohn. König Lot von den Orkney-Inseln war mein Vater.«
»Ich bin Sir Pelleas, Herr der Inseln. Und ich habe bisher noch nie eine Dame oder ein Fräulein geliebt.«
»Das merkt man«, sagte Gawain. »Ihr braucht den Beistand irgendeines guten Freundes.«
»Ich sterbe, wenn ich sie nicht sehen kann. Sie beleidigt und verflucht mich, doch ich kann mir nichts Schöneres wünschen, als sie zu sehen, obwohl sie mich zum Teufel oder tot wünscht.«
»Wenn Ihr Euer Gejammer so lange unterbrechen könnt, bis Ihr mich angehört habt, dann hört Euch meinen Plan an. Sie wünscht also. Ihr wäret tot. Gebt mir Eure Rüstung. Ich werde zu ihr gehen und ihr sagen, ich hätte Euch getötet. Das wird ihr die Augen dafür öffnen, was sie verloren hat, und wenn sie um Euch trauert, führe ich sie zu Euch, und Ihr werdet feststellen, daß sie Euch liebt.«
»So wird es also gemacht?« sagte Pelleas.
»Ich glaube, am meisten lieben die Damen das, was sie nicht besitzen«, sagte Gawain.
»Ihr werdet mir beistehen, nicht gegen mich handeln?«
»Warum sollte ich?« sagte Gawain. »Ich werde nach einem Tag und einer Nacht wieder hierherkommen. Wenn nicht, dann wißt Ihr, daß etwas schiefgegangen ist.«
Nachdem sich die beiden geeinigt hatten, tauschten sie Harnische und Schilde, umarmten einander, und dann stieg Gawain in den Sattel und ritt davon, der Burg der Dame Ettarde entgegen.
Auf dem Gras vor dem Burgtor waren Damenzelte aufgeschlagen. Ettarde und ihre Fräulein spielten und tanzten und sangen im süßen Duft der Wiesenblumen.
Als Gawain mit Sir Pelleas’ Wappenzeichen auf dem Schild in Sicht kam, sprangen die Damen auf und flohen in Angst und Schrecken auf das Burgtor zu. Doch Gawain rief ihnen zu, daß er nicht Pelleas sei. »Ich bin ein anderer Ritter«, rief er. »Ich habe Pelleas getötet und ihm die Rüstung abgenommen.«
Ettarde blieb mißtrauisch stehen. »Nehmt den Helm ab, damit ich Euer Gesicht sehen kann«, sagte sie.
Und als sie sah, daß es nicht Pelleas war, bat sie ihn, vom Pferd zu steigen. »Habt Ihr Pelleas wirklich erschlagen?«
»Das habe ich«, sagte Gawain. »Er war der beste Ritter, dem ich jemals begegnet bin, aber schließlich habe ich ihn doch überwunden, und als er sich nicht ergeben wollte, habe ich ihn getötet. Wie sonst, glaubt Ihr, wäre ich zu seiner Rüstung gekommen?«
»Das ist richtig«, sagte Ettarde. »Er war ein großartiger Kämpe – aber ich haßte ihn, weil ich ihn nicht loswerden konnte. Er schrie und weinte und stöhnte wie
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