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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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wir mussten einmal in diese Richtung ausweichen und dann in die andere. Ich gewann den Eindruck, als wollte uns jemand oder etwas über bestimmte Wege nach Süden bringen, und damit verband sich ein Gefühl, das ich ganz und gar nicht mochte. Aber es war, wie Makin betonte, nur ein Gefühl.
     
    »Dung darauf!« Ich sprang aus dem Sattel und näherte mich der zerbrochenen Brücke. Auf unserer Seite beschrieben die Steine noch einen Teil des Bogens und wölbten sich einige Meter weit übers Wildwasser, bevor sie wie ein gesplitterter Zahn
endeten. Ich bemerkte große Teile der Brücke dicht unter der Wasseroberfläche, wo sie Wellenkämme undtäler entstehen ließen. Der Schaden schien erst vor kurzer Zeit angerichtet worden zu sein.
    »Weichen wir eben ein bisschen nach Osten aus«, sagte Makin. »Es ist nicht das Ende der Welt.«
    Von uns allen gelang es Makin am besten, einen Weg zu finden. Die Karten blieben bei mir. Ich konnte alle ihre Einzelheiten sehen, wenn ich die Augen schloss, aber Makin verstand es, Tinte auf Fellen oder Pergament in kluge Entscheidungen zu verwandeln, wenn es um dieses Tal oder jenen Bergkamm ging.
    Ich brummte, ging neben der Brücke in die Hocke und roch etwas, ganz schwach, unter dem metallischen Geruch des schnell fließenden Wassers. Etwas Faules. »Also nach Osten«, sagte ich. Und wir wandten uns dem nach Osten führenden Weg zu, einer dünnen Linie dunkleren Grüns im grünen Wald, halb verborgen unter Weiden und gesäumt von wild wucherndem Brombeergestrüpp. Die Dornen kratzten über meine Stiefel, als wir ritten.
     
    Das Problem mit wenig benutzten Wegen besteht darin, dass es oft einen Grund gibt, warum sie so wenig benutzt sind. Wenn dieser Grund keine Gefahren betrifft, die entlang des Weges drohen, so ist es der Weg selbst. Oder beides. In Cantanlona wird der weiche Rand der Zivilisation sehr weich, so weich, dass er einen aufsaugt, wenn man ihm auch nur die kleinste Chance dazu bietet.
    »Geht’s mitten hindurch?« Der Rote Kent richtete sich in den Steigbügeln auf und beobachtete mit krauser Stirn das Sumpfland, das sich grünbraun und endlos vor uns erstreckte.
»Es stinkt.« Makin schnupperte, als bekäme er nicht genug von dem Gestank, über den er klagte.
    Rike spuckte nur und schlug nach den Mücken. Er schien sie anzuziehen, als wüssten sie nicht, wie schlecht er unter all dem Dreck schmeckte.
    Das Herzogtum von Cantanlona liegt an der einstigen Grenze zweier großer Königreiche, deren Vereinigung der erste Schritt war, den Philip damals bei der Schaffung des Reiches unternahm. Es heißt, dass Philips Mutter ihren Sohn an jener Grenze gebar, in Avinron, und da er somit ein Mann zweier Länder war, glaubte er, Anspruch auf beide erheben zu können. Es erschien angemessen, dass von Avinron nichts weiter übrig war als ein stinkender Sumpf, gespeist von einem Fluss mit dem passenden Namen »Schlamm«.
    Unser Weg führte durch den Sumpf. Gute Gründe dafür lagen zu beiden Seiten. Ich machte den Anfang und ging zu Fuß, mit Braths Zügeln in der Hand. In den Ken-Sümpfen hatten wir genug Zeit verbracht, um ein Gefühl für unsicheren Boden zu bekommen. Die Vegetation bietet deutliche Hinweise. Man achte auf Wollgras, das erste Flüstern von tiefem Morast, schwarze Kopfbinse dort, wo der Boden einen Mann trägt, ein Pferd hingegen versinken kann, Riedgras für sauberes Wasser und Rohrkolben an jenen Stellen, wo das Wasser tief und der Schlamm darunter fest ist. Scharfe Augen braucht man, und aufmerksame Füße, außerdem die Hoffnung, dass die warmen Sümpfe von Cantanlona sich nicht zu sehr von den kalten an Ankraths Grenzen unterscheiden.
    Makin hatte recht mit dem Gestank. Es herrschte eine hochsommerliche Hitze, und ein allgegenwärtiger Geruch von Fäulnis umgab uns – es stank nach faulendem Fleisch und Schlimmerem.
    An jenem Tag kamen wir langsam voran, legten aber genug Meilen zurück, um den Bereich hinter uns genauso aussehen zu lassen wie den vor uns: unwegsam und leer, ohne Hoffnung auf ein Ende.
    Ich fand einen Lagerplatz an einer Stelle, die versprach, dass wir am nächsten Morgen noch vollzählig sein würden. Einige grasbewachsene Hügel, untereinander durch Streifen fester Erde verbunden, boten genug Platz für Männer und Pferde, obwohl wir uns vielleicht näher waren, als es uns gefiel.
    Grumlow machte sich daran, eine Mahlzeit zuzubereiten, benutzte dabei Stöcke und Holzkohle, die er in weiser Voraussicht mitgebracht hatte. Er holte sein

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