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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Gerbereien, Tavernen, Schlachthäuser und Pferche davor … verschwunden. Es gab nur noch qualmenden Schutt. Und dahinter das Heer des Fürsten, zerrissen und zerfranst, mit breiten Schneisen des Todes, geschaffen von Mauerbrocken so groß wie Wagen und Karren, die über den Hang gerollt waren.
    Den Schaden schienen vor allem die explodierenden Mauern
angerichtet zu haben. Der größte Teil der Druckwelle hatte sich nach außen hin ausgewirkt, aber Hitze und Feuer waren im Bereich des Hofes gefangen gewesen. Reihen von verbrannten Leichen gingen von der Stelle aus, wo der Rubin zerbrochen war und die über Jahre in seinem Innern angesammelte Flammenmagie freigesetzt hatte. Die weiter entfernt liegenden Toten brannten noch. Die Leichen dort, wo Lord Jost und seine Männer gekämpft hatten, sahen rot und halb geschmolzen aus. Noch weiter hinten bemerkte ich Männer, die sich in schrecklichen Qualen wanden. Hinter ihnen lagen Sterbende, die nicht mehr schreien konnten, weil ihre Lungen verbrannt waren. Und in noch etwas größerer Entfernung, am Hang unterhalb der Burg, krochen Überlebende unter den Toten hervor, die sie abgeschirmt hatten.
    Die Stützbalken des Laufstegs für die Bogenschützen brannten. Die Fensterläden der dem Hof zugewandten Fenster brannten. Die Reste meiner Skorpione brannten. Etwas im Knochen meiner Wange brannte mit eigener Hitze, und in jeder Flamme tanzten Möglichkeiten. Ich konnte sie sehen. Als wäre das Feuer ein Fenster, durch das mein Blick in heiße neue Welten reichte.
    Ich schätzte, dass ich etwa dreihundert der mir verbliebenen achthundert Mann verloren hatte. In zwei Herzschlägen hatte ein zwölfjähriges Mädchen die besten Kämpfer von Renar ausgelöscht.
    Ich sah über die Hänge. Der Fürst von Pfeil hatte fünftausend, vielleicht sogar siebentausend Soldaten verloren. In zwei Herzschlägen hatte die Königin des Hochlands ihren Feind halbiert.
    Ich rief in den Hof hinab. In meinen Ohren rauschte es so laut, dass ich die eigene Stimme kaum hörte. Ich versuchte es noch einmal. »In die Burg! In die Burg!«
    Mein Gesicht schmerzte, meine Lungen schmerzten, alles tat weh. Die Luft war voller Rauch und den Schreien der Sterbenden, und plötzlich wollte ich wieder siegen. Sehr sogar.
    Ich eilte zum Kamin und zog Miana aus dem Schutt. Staub rieselte ihr aus dem Haar, als ich sie mir über die Schulter legte, aber sie hustete, und das war ein gutes Zeichen.

47
Hochzeitstag
    Ich legte Miana aufs Bett und ließ sie dort. Sie hatte sich als überraschend stark erwiesen, und alles deutete daraufhin, dass sie nur vorübergehend außer Gefecht gesetzt war. Aus reiner Angewohnheit schob ich das deckellose Kupferkästchen in den Hüftbeutel zurück.
    Zwar sah ich die Feuer auf dem Hof nicht, aber ich fühlte sie. Als die Erbauer-Sonne unter dem Honasberg erwacht war, hatte sie Gogs Talent entzündet. Die schlagartige Freisetzung der im Rubin gefangenen Feuermagie schien in mir ein Echo dessen geweckt zu haben, was sich von Gogs Fähigkeiten bei seinem Tod unter Halradra in meinem Fleisch verankert hatte. Ich stemmte mich jenem Empfinden entgegen und dachte an Ferrakind – wie er wollte ich nicht werden.
    Die Spukburg hat vier Türme, und mein Schlafzimmer befindet sich ganz oben im östlichen Turm. Ich kletterte zum Dach empor. Ein junger Wächter saß zusammengekrümmt auf der obersten Stufe, direkt unter der Falltür. Ein neuer Rekrut, wie es schien, das Kettenhemd zu groß für den dürren Leib.
    »Wartest du hier für den Fall, dass Riesenvögel auf meinem Dach landen und versuchen, in die Burg zu gelangen?«, fragte ich.
    »Euer Majestät!« Er sprang auf und konnte von Glück sagen, so klein zu sein. Andernfalls wäre er mit dem Kopf gegen die Falltür gestoßen und bewusstlos vor mir zu Boden gesunken. Erschrocken starrte er mich an.
    »Du kannst mich nach oben begleiten«, sagte ich und sah keinen Sinn darin, ihn gleich die Treppe hinunterzuschicken; später würde er noch Gelegenheit genug haben, für mich zu sterben. »Rodrick, nicht wahr?« Ich hatte keine Ahnung, wie der Feigling hieß, aber »Rodrick« war ein weit verbreiteter Name im Hochland.
    »Ja, Euer Majestät.« Ein erleichtertes Lächeln erschien in seinem Gesicht.
    Er schob den Riegel der Falltür beiseite und drückte sie auf. Ich ließ ihn vor mir aufs Dach steigen. Niemand schoss auf ihn, und so folgte ich.
    Von den Turmzinnen aus beobachtete ich die Truppen des Fürsten an den Hängen – sie waren in

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