Koenig der Murgos
Arbeiten auf, ohne zu bedenken, daß sie unter seiner Würde sein könnten.
Mehr noch, ihm war bewußt, daß es ihn gar nicht wirklich störte. In den Trott zurückzuverfallen, ihre Befehle sofort auszuführen, enthob ihn der Notwendigkeit, schwierige Entscheidungen zu treffen, und führte ihn wieder in die Zeit, als er noch ein einfacher Bauernjunge gewesen war, ohne die Sorgen und Verantwortung, die ihm mit der Krone Rivas aufgebürdet worden waren.
Ce'Nedra und ihre Freundinnen saßen auf Steinen unweit des Seeufers. Ihr Gespräch war gedämpft und Ce'Nedras Gesicht wieder ernst.
»Alles in Ordnung?« erkundigte er sich, als er näher kam.
»Ja«, antwortete sie. »Wir unterhalten uns nur.«
Er blickte sie an, beschloß jedoch, nichts weiter zu sagen.
Statt dessen fragte er: »Hast du Botschaft gesehen?«
»Nein. Ist er denn nicht im Haus?«
Garion schüttelte den Kopf. »Ich glaube, er sieht sich ein wenig um. Tante Pol bat mich, ihn zu suchen.«
Eine der jungen Ulgonerinnen flüsterte Ce'Nedra etwas zu.
»Saba sagt, daß sie ihn auf der Hauptgalerie gesehen hat, als sie hierherkam«, erklärte Ce'Nedra. »Das war vor etwa einer Stunde.«
»In welcher Richtung?« erkundigte er sich.
»Dort drüben.« Sie deutete auf eine Öffnung, die zurück in den Felsen führte.
»Gut.« Garion nickte. »Ist es dir nicht zu kalt?«
»Nein, Garion.«
»Ich komme bald zurück.« Er ging auf die Galerie zu. Er fühlte sich nicht wohl dabei, daß er sich nicht näher mit ihr befassen sollte, aber die Möglichkeit bestand, daß sie irgendeine harmlose Bemerkung mißverstand und wieder in ihre stumpfe Gleichgültigkeit verfiel. Deshalb hatte er fast Angst, überhaupt etwas zu sagen. Eine rein physische Krankheit war eines, doch eine psychische erschreckte ihn.
Die Galerie war wie alle Höhlen und Gänge, in denen die Ulgoner lebten, durch das schwache Glühen des phospho-reszierenden Gesteins leicht erhellt. In den Kammern zu beiden Seiten der Galerie sah er Familien zum Frühstück um Steintische versammelt. Es störte sie offenbar nicht im geringsten, daß die Vorderseite ihrer Unterkunft nach vorne offen war und jeder, der vorüberkam, sehen konnte, was sie taten.
Da nur wenige Ulgoner seiner Sprache mächtig waren, konnte Garion niemanden fragen, ob Botschaft gesehen worden war. So wanderte er bald mehr oder weniger ziellos umher und hoffte, er würde durch Zufall auf seinen Freund stoßen. Am Ende der Galerie gelangte er zu der riesigen Höh-le, wo die Treppe in die düstere Tiefe führte.
Er dachte, daß Botschaft vielleicht hinuntergestiegen war, um nach seinem Pferd zu sehen. Doch etwas riet ihm, lieber dem breiten Sims zu folgen, der rund um den Rand des Abgrunds führte. Er war keine hundert Meter gekommen, als er Stimmen hörte, die aus einem dunklen Gang kamen. Das dumpfe Echo machte es unmöglich, einzelne Worte zu verstehen, aber Garion glaubte eine der Stirnen als die seines Freundes zu erkennen. So betrat er diesen Korridor und und ließ sich von den Stimmen führen.
Zunächst war keinerlei Licht in dem unbenutzten Gang, deshalb tastete er sich an der Wand entlang. Aber als er um eine Ecke bog, sah er irgendwo voraus Helligkeit – es war ein merkwürdiges weißes Leuchten, völlig gleichmäßig und so ganz anders als das schwache grünliche Glühen der Phospho-reszenz, die üblicherweise diese dunkle Höhlenwelt erhellte.
Dann machte der Korridor eine scharfe Linksbiegung, und er konnte nun Botschaft sehen, der sich mit einer hochgewachse-nen, weißgewandeten Gestalt unterhielt. Garions Augen weiteten sich. Das Licht ging von dieser Gestalt aus, und er spürte, daß es sich um eine übernatürliche Erscheinung handelte.
Die leuchtende Gestalt wandte sich nicht um, sagte jedoch mit ruhiger Stimme: »Tritt zu uns, Belgarion, und sei will-kommen.«
Garion bemerkte, daß er regelrecht zitterte, während er wortlos gehorchte. Dann wandte die weiße Gestalt sich um, und er blickte geradewegs in das zeitlose Gesicht ULs.
»Ich habe den jungen Eriond gerade mit der Aufgabe vertraut gemacht, die vor ihm liegt«, sagte der Göttervater.
»Eriond?«
»Das ist sein wahrer Name, Belgarion. Es wird Zeit, daß er den dummen Namen seiner Kindheit ablegt und seinen echten annimmt. Genau wie du hinter dem schlichten ›Garion‹ verborgen warst, war er es unter ›Botschaft‹ Darin liegt Weisheit, denn der wahre Name eines Mannes mit einer großen Aufgabe vor sich, könnte ihn in Gefahr bringen, wenn die
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