Koenig der Murgos
Hoffnung.
»Weshalb sind sie traurig?« fragte Eriond leise Ce'Nedra.
»Weil es Winter ist«, antwortete sie. »Sie trauern um ihr gefallenes Laub und bedauern, daß die Vögel sie verlassen haben und südwärts geflogen sind.«
»Aber es wird doch wieder Frühling!« sagte er.
»Das wissen sie, trotzdem macht der Winter sie immer traurig.«
Sammet blickte die zierliche Königin erstaunt an.
»Ce'Nedras Abstammung macht sie sehr empfänglich für die Gefühle der Bäume«, erklärte ihr Polgara.
»Ich wußte gar nicht, daß Tolnedrer so an der Natur interessiert sind.«
»Sie ist nur zur Hälfte Tolnedrerin, Liselle. Ihre Liebe zu den Bäumen kommt von der anderen Hälfte her.«
»Ich bin eine Dryade«, sagte Ce'Nedra leise, mit immer noch verträumten Augen.
»Ich hatte keine Ahnung!«
»Wir haben es auch nicht an die große Glocke gehängt«, sagte Belgarath. »Wir hatten genügend Schwierigkeiten, die Alorner dazu zu bringen, daß sie eine Tolnedrerin als Königin von Riva anerkannten, da wollten wir die Sache nicht noch kom-plizieren und bekanntgeben, daß sie obendrein von einer nichtmenschlichen Rasse abstammt.«
Sie schlugen ihr Lager ungefähr an derselben Stelle auf, wo sie vor Jahren von den gräßlichen Schlammenschen überfallen worden waren, die Königin Salmissra auf sie angesetzt hatte.
Da sie in diesem heiligen Wald keine Äste von lebenden Bäumen schlagen durften, mußten sie mit den wenigen, die sie auf dem laubbedeckten Boden finden konnten, einen Unterschlupf bauen, und ihr Feuer war entsprechend klein. Als die Abend-dämmerung sich herabsenkte, blickte Silk zweifelnd auf die winzige, flackernde Flamme, dann auf die Dunkelheit, die sich fast merklich zwischen den Bäumen herbeistahl. »Ich glaube, das wird eine kalte Nacht für uns werden«, prophezeite er.
Garion schlief schlecht. Obwohl er eine dichte Laubschicht für Ce'Nedras und sein Bett zusammengetragen hatte, schien ihre klamme Kälte ihm bis ins Mark zu kriechen. Nach unruhigem Dösen erwachte er, als das erste, dunstige Grau durch die Kronen filterte. Er setzte sich steif auf und wollte gerade seine Decken zu Seite werfen, da hielt er abrupt inne. Eriond saß auf einem gefällten Stamm an der anderen Seite ihres längst niedergebrannten Lagerfeuers und neben ihm eine Dryade mit rehbraunem Haar.
»Die Bäume sagen, daß du ein Freund bist«, wisperte sie, während sie abwesend mit einem spitzen Pfeil spielte.
»Ich mag Bäume«, antwortete Eriond.
»Das ist nicht genau, wie sie es meinen.«
»Ich weiß.«
Nun schob Garion seine Decken behutsam zur Seite und stand auf.
Die Dryade griff rasch nach dem Bogen neben sich, dann hielt sie in der Bewegung inne. »Oh«, sagte sie. »Du bist es.«
Sie musterte ihn. Ihre Augen waren grau wie Glas. »Du bist älter geworden.«
»Es ist ja auch schon einige Jahre her.« Er versuchte sich zu erinnern, wo er sie schon einmal gesehen hatte.
Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. »Du erinnerst dich nicht an mich, habe ich recht?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
Lachend hob sie ihren Bogen hoch, legte den Pfeil an die Sehne und richtete ihn auf Garion. »Frischt das dein Gedächtnis auf?«
Er blinzelte. »Du warst es, die mich töten wollte, nicht wahr?«
»Das wäre nur gerecht gewesen. Ich habe dich gefangen, al-so hätte ich es auch sein müssen, die dich töten durfte.«
»Tötet ihr jeden Menschen, den ihr erwischt?« fragte Eriond sie.
Sie senkte den Bogen. »Nun, nicht alle. Manchmal finden wir andere Verwendung für sie.«
Garion betrachtete sie eingehender. »Du hast dich kein biß-
chen verändert. Du siehst noch genauso aus wie damals.«
»Ich weiß.« Ihr Blick wurde herausfordernd. »Findest du mich auch hübsch?«
»Sehr hübsch.«
»Wie nett, daß du das sagst. Vielleicht bin ich froh, daß ich dich doch nicht getötet habe. Wie wär's, wenn wir zwei irgendwo hingehen und du mir noch mehr so nette Dinge sagst?«
»Das reicht, Xbel!« rief Ce'Nedra scharf aus ihrem Laubbett.
»Er gehört mir, also komm auf keine dummen Gedanken!«
»Hallo, Ce'Nedra«, sagte die braunhaarige Dryade so gleichmütig, als wären sie erst vor kurzem beisammen gewesen. »Würdest du ihn denn nicht einmal mit einer Schwester teilen?«
»Du würdest mir doch auch nicht deinen Kamm leihen, oder?«
»Natürlich nicht – aber das ist etwas ganz anderes.«
»Es ist einfach unmöglich, daß ich es dir je verständlich machen könnte.« Ce'Nedra warf ihre Decken zurück und stand
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