Koenig der Murgos
sich um und verließ den Thronsaal.
»Ein interessanter Mann«, stellte Salmissra fest. Sie beugte den Kopf und liebkoste ihren zusammengeringelten Leib.
»Mein Leben hat sich sehr verändert, seit Ihr das letzte Mal hier wart, Polgara«, wisperte sie. »Ich werde nicht mehr von Verlangen getrieben, sondern verbringe meine Tage nun in unruhigem Schlummer. Ich lulle mich selbst in den Schlaf durch das süße Rascheln meiner Schuppen, die einander lieb-kosen. Und wenn ich schlafe, träume ich. Ich träume von moosigen Höhlen in tiefen, kühlen Wäldern, und ich träume von der Zeit, als ich noch eine Frau war. Doch manchmal bin ich in meinen Träumen auch ein körperloser Geist und suche die Wahrheit, die andere sich zu verbergen bemühen. Ich weiß von der Furcht, die sich in Eurem Herzen eingenistet hat, Polgara, und von dem verzweifelten Bedürfnis, das Zandramas hetzt. Ich weiß sogar von der schrecklichen Aufgabe, die Cyradis auferlegt ist.«
»Und Ihr behauptet trotzdem, daß Ihr nicht in diese Sache verwickelt seid?«
»Sie interessiert mich nicht. Ihr und Zandramas könnt einander durch alle Reiche der Welt verfolgen, ohne daß ich neugierig wäre, wer als Sieger hervorgehen wird.«
Polgara betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen.
»Ich habe keinen Grund, Euch zu belügen, Polgara«, versicherte ihr Salmissra, die ihrem Blick Mißtrauen entnahm.
Was könnte Zandramas mir schon bieten, um sich meine Unterstützung zu sichern? Ich habe alles, was ich brauche, und Verlangen kenne ich keines mehr.« Ihr flacher Kopf schoß hoch, und ihre Zunge schnellte kurz heraus. »Ich freue mich jedoch, daß Eure Suche Euch zu mir geführt hat; denn dadurch kann ich mich wieder der Vollkommenheit Eures Antlitzes erfreuen.«
Polgara schob das Kinn vor. »Dann tut es rasch, Salmissra.
Ich habe wenig Geduld für die verwickelten Belustigungen einer Schlange.«
»Die Jahrhunderte haben Euch reizbar gemacht, Polgara.
Wir wollen doch höflich zueinander sein. Möchtet ihr, daß ich Euch erzähle, was ich über Zandramas weiß? Sie ist nicht mehr, was sie einst war.«
»Sie?« rief Garion.
»Ihr wußtet nicht einmal das?« zischelte die Schlange boshaft. »Dann taugt Eure Zauberei nichts, Polgara. Konntet Ihr denn nicht spüren, daß Euer Gegner eine Frau ist? Und ist Euch nicht einmal bewußt, daß Ihr dieser Frau bereits einmal begegnet seid?«
»Wovon redet Ihr, Salmissra?«
»Arme, teure Polgara. Die vielen Jahrhunderte haben Euren Verstand in Spinnweben gehüllt. Dachtet Ihr wahrhaftig, daß Ihr und Belgarath die einzigen auf der Welt sind, die andere Gestalt annehmen können? Die Drachin, die euch in den Bergen über Arendien besuchte, sieht ganz anders aus, wenn sie ihre natürliche Form annimmt.«
Die Tür schwang auf. Issus trat ein und schwenkte ein Pergament mit rotem Wachssiegel in der Hand.
»Bringt es mir«, befahl Salmissra.
Issus blickte sie an. Er kniff sein Auge zusammen, während er die Entfernung zwischen dem Schlangenthron und seiner ungeschützten Haut abschätzte. Dann ging er zu dem knienden Eunuchen, der Polgaras Abschrift der Königin ausgehändigt hatte. Ohne die Miene zu verziehen, trat er den Mann in die Rippen. »Da!« Er drückte ihm das Pergament in die Hand.
»Bring das Ihrer Majestät.«
»Habt Ihr Angst vor mir, Issus?« Ihre Stimme klang leicht amüsiert.
»Ich bin Eurer so unmittelbaren Nähe unwürdig, meine Kö-
nigin.«
Salmissra beugte den Kopf, um das Pergament zu studieren, das der zitternde Eunuch so ausstreckte, daß sie es lesen konnte. »Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu!« zischte sie.
»Dieses Dokument ist das gleiche wie das, das Ihr mir gezeigt habt, Polgara. Aber es ist nicht das Schreiben, das mit meinem Siegel versehen werden sollte! Wie ist das möglich?«
»Darf ich sprechen, meine Königin?« krächzte der Eunuch, der das Pergament hielt.
»Natürlich, Adiss«, antwortete sie fast freundlich. »Aber es ist Euch doch klar, daß Euch mein Todeskuß erwartet, wenn Eure Worte mir mißfallen?« Ihre gespaltene Zunge schnellte ein Stück auf ihn zu.
Des Eunuchen Gesicht wurde fahl, und er zitterte nun so stark, daß er sich kaum noch auf den Knien zu halten vermochte.
»Sprecht, Adiss!« forderte Salmissra ihn auf. »Ich befehle Euch, mir Euer Wissen kundzutun. Dann entscheide ich, ob Ihr sterben werdet oder nicht. Sprecht! Jetzt!«
»Meine Kö-Kö-nigin«, stammelte er. »Der Obereunuch ist der einzige im Palast, der das Siegel Eurer
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