Koenig der Murgos
mich, Mutter«, versicherte er ihr, und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem schwachen Lächeln.
Sie erwiderte es voll Zuneigung. Als das Lächeln ihr Gesicht erhellte, sah Garion, daß sie eine erstaunlich gutaussehende Frau war. Trotz des Silberhaars und der leichten Krähenfüße wies ihr Gesicht noch die Zeichen einer ungewöhnlichen Schönheit auf. Aus den Augenwinkeln fiel ihm eine kaum merkliche Bewegung auf, und er sah, daß Silk sich hinter Toths breitem Rücken versteckt und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte.
»Wer sind deine Freunde, Urgit?« fragte die silberhaarige Lady ihren Sohn.
»Oh, verzeih mir, Mutter. Ich habe offenbar meine Manieren vergessen. Gestatte, daß ich dir Sadi vorstelle, den Obereunuchen von Königin Salmissra im Lande des Schlangenvolkes.«
»Ehemaliger Obereunuch, fürchte ich«, berichtigte Sadi. Er verbeugte sich tief. »Es ist mir eine große Ehre, die Königinmutter des Reiches der Murgos kennenzulernen.«
»Oh«, murmelte Urgit. Er stieg auf das Podest, ließ sich auf den Thron fallen und legte ein Bein über die juwelenverzierte Armlehne. »Ich vergesse meine Manieren tatsächlich. Sadi, das ist meine königliche Mutter, Lady Tamazin, Juwel des Hauses von Hagga und trauernde Witwe meines königlichen Vaters, Taur Urgas, des Geistesgestörten – möge die Hand gesegnet sein, die ihn an Toraks Busen schickte.«
»Kannst du denn überhaupt nicht ernst sein, Urgit«, rügte ihn seine Mutter.
»Aber du trauerst doch wirklich, Mutter, nicht wahr? Ich weiß, wie sehr du insgeheim all diese wundervollen Augenblicke vermißt, die du mit meinem Vater zubrachtest – wenn du ihm zugesehen hast, wie er an den Möbeln knabberte; wenn du dir sein irres Gebrabbel angehört hast; wenn er dir diese verspielten Fausthiebe in den Bauch versetzte und die Schläge auf den Kopf, mit denen er seine Zuneigung für seine Frauen bewies.«
»Jetzt ist es genug, Urgit!« sagte sie streng.
»Ja, Mutter.«
»Willkommen im Drojim, Sadi«, begrüßte Lady Tamazin den Eunuchen förmlich. Fragend blickte sie die anderen an.
»Meine Diener, Lady Tamazin«, erklärte Sadi rasch. »Alorner zum größten Teil.«
»Wie ungewöhnlich«, murmelte sie. »Der ewige Krieg zwischen Murgo und Alorien hat mich um die Gelegenheit gebracht, mehr als einige wenige dieser Rasse kennenzulernen.«
Sie blickte Polgara direkt an. »Gewiß ist diese Dame keine Dienerin!«
»Nur eine zeitweilige Vereinbarung, Lady Tamazin«, erwiderte Polgara mit anmutigem Hofknicks. »Ich brauchte einen Ortswechsel, um einigen Unannehmlichkeiten zu Hause zu entgehen.«
Die Königinmutter lächelte. »Ich verstehe. Männer versuchen ihr Glück mit Politik, und Frauen müssen den Preis für die Torheit ihrer Männer bezahlen.« Sie wandte sich wieder an ihren Sohn. »Und wie verlief dein Gespräch mit dem Hierarchen?«
»Nicht schlecht.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe ihm die Freude gemacht, so untertänig wie nur möglich zu tun.«
»Jetzt reicht es aber wirklich, Urgit«, tadelte sie scharf.
»Agachak kann dir einen großen Dienst erweisen, also erweise du ihm die nötige Hochachtung!«
Urgit zuckte bei ihrem Ton zusammen. »Ja, Mutter. Oh, das hätte ich fast vergessen. Die Priesterin Chabat brachte sich etwas in Schwierigkeiten.«
Die Miene der Königinmutter verriet Abscheu. »Ihr Benehmen ist skandalös!« sagte sie. »Ich verstehe nicht, wie Agachak sie duldet.«
»Ich glaube, er findet sie amüsant, Mutter. Grolims haben einen merkwürdigen Humor. Jedenfalls hatte sie einen Freund
– einen sehr engen Freund – , der einen Unfall erlitt. Sie muß erst einen neuen Spielgefährten finden, ehe sie wieder etwas tun kann, das den ehrenwerten Bürgern von Rak Urga Grund gibt, sich weiterhin zu entrüsten.«
»Warum beharrst du darauf, so frivol zu sein, Urgit?«
»Wie wäre es, wenn wir es als Symptom meines begin-nenden Wahnsinns sähen?«
»Du wirst nicht wahnsinnig!« sagte sie fest.
»Natürlich werde ich es, Mutter. Ich kann es eigentlich schon kaum erwarten.«
»Es ist unmöglich, sich mit dir in diesem Zustand zu unterhalten. Wirst du noch lange aufbleiben?«
»Ich denke nicht. Sadi und ich haben noch allerlei zu besprechen, doch das kann bis morgen warten.«
Die Königinmutter wandte sich wieder an Polgara. »Meine Suite ist sehr geräumig, Lady«, sagte sie. »Darf ich Euch und Eure Damen dort unterbringen?«
»Es wäre uns eine Ehre, meine Lady.«
»Also gut.« Urgits Mutter drehte sich um.
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